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Was ist das größere Problem? ...

... die BGH-Rechtsprechung oder die BaFin? Dieser BGH-Paukenschlag – auch wenn er vorauszusehen war – saß. Im Revisionsverfahren gegen die OLG Dresden-Entscheidung (Az. 5 MK 1/19) hat der BGH (Az. XI ZR 234/20) die im vorliegenden Musterverfahren von der Sparkasse Leipzig verwendete Vertragsformulierung "die Spareinlage wird variabel, z. Z. mit …% p.a. verzinst" in Übereinstimmung mit der Vorinstanz  für unwirksam erachtet. Die Vertragsformulierung sei deshalb unwirksam, so der BGH, "da sie nicht das erforderliche Mindestmaß an Kalkulierbarkeit möglicher Zinsänderungen" aufweise. Die daraus sich ergebende Regelungslücke in den Verträgen muss jetzt im Wege einer Vertragsauslegung geschlossen werden. Dazu hat der BGH konsequenterweise den Musterfall der Verbraucherzentrale Sachsen wieder an das OLG zurückverwiesen. Ferner stellt der BGH fest, dass "die Zinsanpassungen monatlich und unter Beibehaltung des anfänglichen relativen Abstands des Vertragszinssatzes zum Referenzzinssatz" vorzunehmen seien. Im Unterschied zur Vorinstanz sagt der BGH, es sei interessengerecht, "einen Zinssatz für langfristige Spareinlagen als Referenz für die Verzinsung der Spareinlagen heranzuziehen". Diesen Referenzzinssatz  müsse das OLG – daher die Zurückverweisung – jetzt festlegen.

Streitpunkt war ferner die Frage, ob die Sparkasse bei der Zinsberechnung einen relativen oder (wie bisher ständig gehandhabt) absoluten Zinssatz ansetzen kann. Dazu stellt der BGH jetzt klar, dass "bei den Zinsanpassungen der anfängliche relative Abstand des Vertragszinssatzes zum Referenzzinssatz beizubehalten" sei. Wegweisend für die Institute ist auch diese Feststellung des BGH zur Verjährung von Zinsansprüchen: Da ein juristisch nicht vorgebildeter Sparer – auf einen solchen, so der BGH, müsse man abstellen – erwarte, aufgelaufene Zinsen würden erst am Ende der Laufzeit gutgeschrieben, könnten auch unterjährig anfallende Zinsansprüche während der Laufzeit noch nicht verjähren. – Soweit zunächst einmal die 'Bank intern'-Analyse zur BGH-Entscheidung.

Keine 24 Stunden nach dem Richterspruch des BGH zu den Prämiensparverträgen, meldet sich auch die BaFin wieder zu Wort. Sie hatte bereits am 21. Juni 2021 in vorauseilendem Gehorsam eine Allgemeinverfügung veröffentlicht, wonach die Institute verpflichtet seien, Prämiensparkunden über "unwirksame Zinsanpassungsklauseln" zu informieren – was 'Bank intern' zu diesem Zeitpunkt, also bevor der BGH jetzt seine Entscheidung getroffen hat, zumindest als anmaßend wertete. Mal abgesehen davon, dass die BaFin das Urteil als "wichtigen Schritt eines starken Verbraucherschutzes" bezeichnet, stellt sie weiterhin klar, wie sie mit den Widersprüchen der Kreditinstitute gegen ihre Juni-Allgemeinverfügung umzugehen gedenkt. Sie kündigt an, "über einzelne" der insgesamt 1.156 Widersprüche "vorrangig zu entscheiden, um anschließend verwaltungsgerichtliche Musterverfahren" zu provozieren. Sobald dann dazu rechtskräftige Gerichtsentscheide vorlägen, würden die Widerspruchsverfahren nach diesem Muster entschieden. Klar ist damit für uns, dass die Juni-Allgemeinverfügung der BaFin bis zu diesem Zeitpunkt von den Instituten noch nicht umgesetzt werden muss.

'Bi'-Zwischenfazit: Dass der BGH Entscheidungen mit massiver finanzieller Rückwirkung treffen kann, ist für sich genommen bereits unsäglich. Dass die Bankenaufsicht BaFin keine 24 Stunden später erneut ihren Verbraucherschützer-Hut aufsetzt und den Instituten derart die Beine wegzieht, ist allerdings schon fast unverantwortlich. Die Institute, vor allem die Sparkassen, sehen sich einem Duo gegenüber, das einmal mehr ihrem Geschäftsmodell den Kampf ansagt. – Gespannt warten wir ab, wie sich die DSGV-Spitze einbringt. 

 

 

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