Der Lobbyverein Bürgerbewegung Finanzwende e. V., der sich selbst als „Gegengewicht zur Finanzlobby“ bezeichnet, will verhindern, „dass Markus Ferber in der nun beginnenden Legislaturperiode des EU-Parlaments wieder Schlüsselposten für den Finanzbereich in den Parlamentsausschüssen einnimmt“.
Dazu hat Finanzwende ein Dossier erstellt und veröffentlicht, das das langjährige Mitglied im Europäischen Parlament in ein negatives Licht stellt: „Der bayerische Abgeordnete Markus Ferber: Der lange Arm der Finanzlobby ins Europaparlament“, so der Brisanz andeutende Titel. Bei Durchsicht des Dossiers sind uns allerdings keine brisanten und neuen Enthüllungen aufgefallen. Vielmehr werden bekannte und oftmals transparent dargestellte Sachverhalte aufgelistet und einer Bewertung von Finanzwende unterzogen.
So werden aus den Gesprächen, die Ferber bspw. mit Unternehmen und Berufsverbänden führte, reißerisch „Ferbers Hinterzimmergespräche“, die für Finanzwende „einseitige Lobbykontakte“ sind. „In der Legislaturperiode von 2019 bis 2024 lassen sich 107 Treffen von Markus Ferber mit Lobbyistinnen und Lobbyisten nachweisen“, deutet Finanzwende auf der Homepage reißerisch eine investigative Recherche an, um dann im Dossier aber einräumen zu müssen, dass der Europaparlamentarier diese selbst transparent veröffentlicht hat: „Auf seiner Homepage macht Markus Ferber Angaben zu 107 Treffen mit Lobbyistinnen und Lobbyisten in der Legislaturperiode 2019-24.“ Was die Dossier-Erstellerin Pia Eberhardt völlig übersieht oder aber bewusst ausblendet:
Wenn eine Politikerin oder ein Politiker Sachkompetenz hat und sich mit Sinn und Verstand statt mit ideologischen Scheuklappen bei Gesetzgebungsverfahren einbringt, dann ist das im Sinne der Verbraucher. Und wenn ein Politiker sich Argumente bspw. von Berufsverbänden anhört und mit diesen kritisch auseinandersetzt, dann nimmt er als Volksvertreter seine Tätigkeit wahr und ernst.
Bei Finanzwende führt dieses Engagement Ferbers aber zu einer Unterstellung: „Immer wieder agiert er zugunsten der Finanzbranche und zulasten von Verbraucher- und Klimaschutz sowie der Stabilität des Finanzsystems.“ Nur weil die Argumente der Finanz- und Versicherungsbranche gegen die Einführung eines Provisionsverbotes sprechen, sind diese Argumente noch lange nicht falsch. Und dafür einzutreten, dass Verbrauchern weiterhin die Wahl zwischen einer Beratung und Vermittlung gegen Provision und einer Honorarberatung bleibt, ist alles andere als nachteilig für den Verbraucher.
Doch Ferber wird ‚schuldig gesprochen‘, für die „Vereitelung des EU-Verbots für Provisionen beim Verkauf von Finanzprodukten“ verantwortlich zu sein. Wer mit Weitblick und Sachkenntnis ein verbraucherschädliches Provisionsverbot verhindert, dem gebührt u. E. allerdings eher der Ritterschlag.
Markus Ferber, der seit 1994 Mitglied des EU-Parlaments ist und im Juni erneut gewählt wurde, erläutert im Gespräch mit der ‚vt‘-Redaktion: „Die Vorwürfe von Finanzwende – übrigens selbst eine Lobbyorganisation – weise ich aufs Schärfste zurück. Dass ich in meiner Abgeordnetentätigkeit im Austausch mit den Betroffenen der Gesetzgebung stehe, sehe ich als Teil meiner Aufgabe. Schließlich geht es darum, passgenaue Gesetzgebung zu erarbeiten, die nicht an der Wirklichkeit vorbeigeht. Bei den meisten der Punkte, die Finanzwende als kritikwürdig ansieht, habe ich Positionen vertreten, die auch die Bundesregierung im Finanzministerrat eingenommen hat. Die Behauptung, meine legislative Arbeit ginge zulasten von Verbraucherschutz oder Finanzstabilität, ist regelrecht absurd.“
‚vt‘-Fazit: Wer den Wert einer Beratung und Vermittlung gegen Provision negiert, wer ein Provisionsverbot fordert, trotz der für viele Verbraucher nachteiligen Entwicklung in UK seit dortiger Einführung des Provisionsverbotes, dem muss ein Politiker, der sich u. a. erfolgreich gegen die Einführung eines EU-weiten Provisionsverbotes engagiert, ein Dorn im Auge sein. Soll mit einer Schmutzkampagne ein fachlich kompetenter Politiker so desavouiert werden, dass er seine Sachkompetenz in den Parlamentsausschüssen nicht mehr einbringen darf?
Das Vorgehen des Lobbyisten Finanzwende ist rechtlich heikel. Von einem Demokratieverständnis zeugt es ohnehin nicht, dass nur die eigene Meinung die richtige ist.
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