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„Wir müssen die Komplexität unserer Regulierung reduzieren"

Eine starke Ankündigung von Mark Branson, Präsident der BaFin, bei seiner Rede anlässlich der Jahrespressekonferenz der Aufsicht am 14.05.2024. Eine Aussage, die in der Versicherungsbranche Hoffnungen weckt. Doch wie oft haben Sie von Politikern schon gehört, dass es zu viele Vorschriften gibt, dass es keiner neuen Gesetze, sondern der Abschaffung alter bedarf, dass der Überregulierung Einhalt geboten werden muss? Verständlich, wenn nun auch Ihnen solche Beteuerungen und unerfüllte Versprechungen durch den Kopf schießen.

Wenn auch Sie sich jetzt fragen, ob der BaFin-Präsident mit seiner Ansage lediglich eine weitere ‚Entbürokratisierungs-Phrase‘ beisteuert, dann ist das nachvollziehbar. Doch wir wollen Goethes Faust „Die Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube“, nicht weiter bemühen. Denn wir trauen Branson zu, dass es zumindest in ‚seinem Laden‘ nicht bei einer bloßen Ankündigung bleibt. Aber schauen wir zuerst auf weitere Inhalte seiner Rede.

„Wir brauchen einen einheitlicheren und effizienteren Kapitalmarkt“, weist Branson auf aktuelle Defizite in der EU hin. Dabei würden Regulierung und Aufsicht eine Schlüsselrolle spielen. Für die richtige Weichenstellung seien „drei Punkte entscheidend: 1. Die Kalibrierung der europäischen Finanzregulierung darf nicht abgeschwächt werden. 2. Wir brauchen stattdessen weniger Komplexität in der Regulierung und mehr Proportionalität. 3. Und wir brauchen europaweite Aufsichtskonvergenz mit gleich hohen Qualitätsstandards.“ Forderungen, Solvenzanforderungen aufzuweichen, erteilt der BaFin-Präsident eine Absage.

Das korrespondiert durchaus mit der Überregulierungs- und Überbürokratisierungs-Kritik der Versicherungsbranche. Denn es geht nicht darum, sinnvolle Regulatorik abzuschaffen. Vielmehr geht es darum, wie diese konkret ausgestaltet wird, es geht um das Wie und den Umfang. Bleiben wir beim Beispiel Solvency II. Wenn kleine und mittelständische Unternehmen einen SFCR-Bericht erstellen und veröffentlichen müssen, der Richtung 100 Seiten läuft, den aber unter Millionen Kunden noch nicht einmal eine Handvoll davon auf der Internetseite des Versicherers abruft, dann dienen die hohen Kosten – die letztlich auch vom Kunden gezahlt werden müssen – nicht dem Verbraucherschutz und eine Proportionalität ist an der Stelle auch nicht gewahrt. Nehmen wir das Thema Nachhaltigkeit als zweites Beispiel:

Das Streben danach wird ja nicht grundsätzlich abgelehnt. Hier gibt es nicht pauschal die Aussage, dass alle Regulatorik schlecht ist. Im Gegenteil, mehr Nachhaltigkeit wird auch in der Versicherungsbranche gefördert. Aber so, wie es umgesetzt wurde und welche Berichts- und Dokumentationsfluten es mit sich gebracht hat, schreckt eher viele ab, als dass es dazu führt, das Thema wirklich voranzutreiben.

Wir haben es also einerseits insbesondere mit dem EU-Regulierungswahn zu tun und zugleich liegt es auch an der BaFin selbst, mit welchen Abfragen, Erhebungen und Erwartungen durch zu enge Auslegung der Vorgaben hohe und für Verbraucher nicht hilfreiche Kosten bei den Unternehmen verursacht werden. Was sagte der BaFin-Präsident dazu? Konkret als weiteres Beispiel für eine neue Regulierung, die extrem komplex ist, nannte er die verschiedenen Regelwerke rund um das Thema Nachhaltigkeit. Sie sollten eigentlich für mehr Transparenz, Klarheit und einer steigenden Nachfrage nach nachhaltigen Produkten sorgen.

„Die Umsetzung dieser Regelwerke ist enorm aufwändig. Die Wirkung auf die Nachfrage? Begrenzt. Der Verkauf von nachhaltigen Produkten stagniert“, erkennt auch Branson das Dilemma. Branson plädiert daher dafür, die europäischen Regelwerke systematisch zu vereinfachen, zu entschlacken und von Überlappungen zu befreien. Dabei richtet er seinen Blick nicht nur auf Europa, sondern auch auf Deutschland und die BaFin. Zwar reguliere die BaFin eher wenig, aber BaFin-Standards machten das Ganze „häufig nicht gerade verdaulicher“. Für Branson steht fest: „Wir können unsere Aufsichtspraxis prägnanter zu Papier bringen. Wir können unsere Prozesse weiter verschlanken. Und das alles, ohne das Sicherheitsniveau zu senken.“

‚vt‘-Fazit: Die Bundesarbeitsgemeinschaft zur Förderung der Versicherungsmakler (BFV) themati­sierte bereits im November 2023 in einer Stellungnahme an das BMF (https://www.bfv-versicherungsmakler.de/aktivitaeten/#stellungnahmen oder https://tinyurl.com/2vj24pax) den Wert der zusätzlichen Regulatorik, den ‚Value for money‘ aus Verbrauchersicht. Was bei Versicherern hohen Aufwand verursacht, letztlich den Verbraucher Geld kostet, ihm aber keinen Nutzen bringt, liefert eben keinen ‚Value for money‘.

Daher ist es für Unternehmen und Verbraucher gut, wenn der BaFin-Präsident sich dafür ausspricht, dass die Komplexität der Regulierung reduziert werden muss und er auch gleich im eigenen Hause durchstartet. Das muss sich dann auch auf die europäische Aufsicht, den nationalen und europäischen Gesetzgeber ausweiten. Denn es geht auch darum, nicht permanent an der Regulierungsschraube zu drehen, die Regulierungsdichte nicht permanent zu erhöhen, indem eine neue Regulierung aufs Gleis gesetzt wird, bevor die vorherige richtig wirken konnte.

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