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Zurich: Internes Geheimpapier ist gegen Versicherungsmakler-Tätigkeit gerichtet

Berichte zum Thema ‚Maklervollmachten-Verfallsdatum‘ lesen Sie in ‚vt‘ seit ca. 18 Monaten. Warum einige wenige Versicherer seit einiger Zeit unbefristeten Vollmachten ein Verfallsdatum anzudichten versuchen, konnten wir bisher nicht ermitteln. Wir wollen diesen Versicherern nicht pauschal hinterlistige Absicht unterstellen, um die Tätigkeit des für den Kunden und im Lager des Kunden stehenden Versicherungsmaklers zu sabotieren.

Liegt es womöglich an Sachbearbeitern, die mit mangelhafter Rechtskenntnis Informationen fehlerhaft interpretieren oder an schlecht ausgebildeten Juristen bei verschiedenen Konzernen? Oder handelt es sich bei dem einen oder anderen Versicherer doch um fiese Tritte in die Knie der Versicherungsmakler?

Fakten sind: ++ Eine unbefristete Vollmacht bleibt gültig, bis sie vom Vollmachtgeber widerrufen oder vom Vollmachtnehmer zurückgegeben wurde. Die Rechtsgrundlage ergibt sich aus §§ 167 ff. BGB  ++ Egal, ob üble Absicht oder grobe Unkenntnis der Rechtslage – der Versicherer legt dem Versicherungsmakler Steine in den Weg und riskiert darüber hinaus Nachteile für den Kunden, was nicht in Einklang mit § 1a VVG zu bringen ist.

Nicht nur an der Redlichkeit zweifeln wir, wenn in einem internen ‚Geheimpapier‘ der Zurich Gruppe Deutschland, das der ‚vt‘-Redaktion auf den Tisch gelegt wurde, als Antwortvorgabe auf Maklerbegehren für Sachbearbeiter vorgegeben ist: „Aus allgemeinem Zivilrecht und Auslegungsgrundsätzen kann man in der Auslegung einer Willenserklärung, die älter als 24 Monate ist, davon ausgehen, dass diese nicht mehr zwingend wirksam ist, da ein Verbraucher bzw. Versicherungsnehmer in diesem Zeitraum durchaus eine neuere Verfügung abgegeben haben könnte.

Vor diesem Hintergrund bitten wir Sie, uns ein Maklermandat mit aktuellem Unterschriftsdatum des VN einzureichen.“ Das ist Punkt 6 einer insgesamt 10 Punkte umfassenden Zurich-Antwortsammlung. Nicht alle sind so prekär wie der zitierte.

Textbaustein Nr. 1 formuliert geistreich: „Der gewünschte Versicherungsvertrag wurde bereits in Ihren Bestand übertragen.“ Aus Ziffer 2 könnte interpretiert werden, dass Zurich, vermutlich je nach Sparte, eine courtagepflichtige Bestandsübertragung ablehnt: „Wir haben Sie bei dem Versicherungsvertrag als Korrespondenzmakler erfasst.“ Insbesondere zu dem groben Unfug, unbefristeten Vollmachten ein Verfallsdatum anzudichten, haben wir zunächst Zurich-Vertriebsvorstand Jawed Barna und dann auch Zurich-Boss Dr. Carsten Schildknecht um Stellungnahme gebeten:

++ Welche konkreten Gesetze und Paragraphen stellen das von der Zurich genannte „allgemeine Zivilrecht“ dar?  ++ Um welche konkreten „Auslegungsgrundsätze“ handelt es sich?  Wie vereinbaren sich das von Zurich herangezogene „allgemeine Zivilrecht und Auslegungsgrundsätze“ mit §§ 167 ff. BGB?  ++ Gilt die Rechtsauslegung der Zurich auch für Testamente? 

++ Wenn Sie bei Ihrer Prüfung feststellen sollten, dass eine unbefristete Vollmacht gültig bleibt, bis sie vom Vollmachtgeber widerrufen (oder vom Vollmachtnehmer zurückgegeben) wird und ein Fehler der Ersteller der Antwort-Textbausteine vorliegt: Worauf beruht die rechtliche Fehleinschätzung? Welche Maßnahmen ergreift Zurich (wie Schulung und Weiterbildung) wann, damit sich solche Fehler nicht wiederholen?

Glauben die Statthalter der Zurich in Deutschland, die Existenz des Geheimpapieres vertuschen zu können, indem sie keine Antwort geben? Das wäre eine sinnlose Strategie, denn uns liegt das Papier ja schwarz auf weiß vor. Gleichwohl: Schweigen im Walde bei Schildknecht und Barna!

Wir geben den Vorständen der Zurich, die dem GDV-Verhaltenskodex beigetreten ist, zu bedenken: Kunden/VN geben mit der Maklervollmacht eine eindeutige Willenserklärung ab. Die unberechtigte Zurückweisung einer gültigen Vollmacht kann für den VN zu Nachteilen führen.

Der GDV-Verhaltenskodex setzt für die Versicherungsunternehmen einen Rahmen von Normen und Werten, um den Interessen der Kunden gerecht zu werden. Wie vereinbaren sich nach Auffassung der Zurich die Nichtbeachtung der vom Kunden erteilten Vollmacht mit den Vorgaben des GDV-Verhaltenskodex, dass sich die Versicherungsunternehmen an den Bedürfnissen des Kunden zu orientieren und diese in den Mittelpunkt ihres Handelns zu stellen haben?

Auch hier bleiben die Zurich-Vorstände auf Tauchstation. Dabei spielen nicht nur – in der täglichen Praxis offensichtlich nicht kontrollierte und damit völlig wirkungs- und sinnlose – Selbstverpflichtungen eine Rolle, sondern handfeste gesetzliche Vorgaben, die sich in § 1a VVG finden:

„Der Versicherer muss bei seiner Vertriebstätigkeit gegenüber Versicherungsnehmern stets ehrlich, redlich und professionell in deren bestmöglichem Interesse handeln.“ Dazu listet der Gesetzgeber mehrere Tätigkeiten auf, die „zur Vertriebstätigkeit gehören“, und dazu zählt auch das „Mitwirken bei Verwaltung und Erfüllung von Versicherungsverträgen“. Dies zu torpedieren, indem die Zurich Versicherungsmaklern Steine in den Weg legt, die zumindest dazu führen, dass eine Vertrags-Verwaltung im Sinne des Kunden zumindest erst mit zeitlicher Verzögerung möglich ist, werten wir als Verstoß gegen das VVG.

Kommen wir zu einem weiteren Textbaustein: „Leider kann das eingereichte Maklermandat nicht anerkannt werden, da kein Firmenstempel des Kunden/Versicherungsnehmers vorhanden ist.“ Auf Basis welcher rechtlichen Regelung besteht Zurich auf einem Firmenstempel, auch wenn der Unterzeichnende Alleinvertretungsbefugter ist und als solcher unterschreibt? Das wollten wir von Schildknecht und Barna wissen.

Falls es die Zurich-Vorstände tatsächlich nicht wissen sollten, helfen wir gerne aus. Denn die unsinnige Allianz-Gläubigkeit an Firmenstempel“ haben wir dem blauen Konzern bereits vor fünf Jahren (vgl. ‚vt‘ 44/15) vor Augen geführt. So erläuterte die Rechtsanwältin und Fachanwältin für Versicherungsrecht Kathrin Pagel, Partnerin der Kanzlei Michaelis Rechtsanwälte/Hamburg:

„Der Firmenstempel hat im Geschäftsverkehr eine Legitimationswirkung. Falls der Firmenstempel nicht verwendet wird, kommt es lediglich darauf an, ob der Unterzeichnende Alleinvertretungsbefugter ist und als solcher unterschreibt (bei der GmbH ist dies grundsätzlich der ausgewiesene Geschäftsführer, der ja auch aus dem Handelsregister ersichtlich ist). Beispielsweise bei einer GbR kann unklar sein, ob der einzelne Gesellschafter alleinvertretungsbefugt ist, aber auch dann genügt es, wenn bei der Unterschrift zum Ausdruck kommt, dass der Unterschriftenleistende zur Vertretung für alle Gesellschafter berechtigt ist. Fazit: Der Firmenstempel zur Unterschrift kann auch die Berechtigung zum Ausdruck bringen, soweit diese nicht anderweitig schon zum Ausdruck gekommen ist.“

Eine Reaktion der Zurich erfolgte dann doch noch: Da wir auf unsere Anfrage vom 21.07. keine Antwort erhielten, erinnerten wir am 03.08. an unsere Anfrage und fügten die aktuelle ‚vt‘-Ausgabe mit dem (ohne Nennung des betreffenden VU veröffentlichten) Bericht „Geheimpapier: Versicherer arbeitet systematisch gegen Versicherungsmakler“ (vgl. ‚vt‘ 31/20) bei.

Am 06.08. teilte Zurich dann mit: „Ihre Spekulationen über Arbeitsempfehlungen beruhen offensichtlich auf einem veralteten Informationsstand; die Prozesse sind mittlerweile umgestellt.“ Aber keine unserer Fragen wird beantwortet! Offenbar spekuliert die Zurich darauf, dass wir nichts Aktuelles in der Hand haben und behauptet, unser Informationsstand sei veraltet. Wann die Prozesse umgestellt wurden, schreibt Zurich aber nicht. Daher haben wir umgehend – binnen weniger als einer Stunde – nachgehakt, seit wann die Prozesse umgestellt seien.

Das Datum der Einführung neuer Prozesse kann man problemlos kurzfristig nennen. Machte die Zurich aber nicht. Lügen haben bekanntlich kurze Beine: Es wäre ja schön, wenn die Zurich ihre unseligen Antwortvorgaben endlich eingestampft hätte. Wir sehen aber das Gegenteil: Im Juli 2020 wurde weiterhin mit den Antwortvorgaben operiert. Funktionierende umgestellte Prozesse sehen anders aus.

‚vt‘-Fazit: ++ Mit welchen Maßnahmen stellt Zurich sicher, dass fehlerhafte Antwort-Textbausteine zukünftig nicht mehr zur Verwendung kommen? Diese unbeantwortete Frage vom 21.07. an den Zurich-Vorstand gewinnt durch den Widerspruch zwischen Behauptung und Praxis der Zurich enorme Brisanz 

++ Die Zahl der unqualifizierten Antwortvorgaben scheint größer zu sein als die Zahl der kompetenten Mitarbeiter – da sehen wir schwarz für die Zukunft des Schweizer Versicherers in Deutschland 

++ Wir raten Versicherungsmaklern aus Haftungsgründen zur Vorsicht bei der Zurich. Denn Nachteile für den VN aufgrund überlanger Bearbeitungszeiten, inkompetenter Sachbearbeiter oder womöglich vorsätzlicher Behinderung von Versicherungsmaklern können dem Sachwalter des Kunden auf die Füße fallen. Beugen Sie Haftungsgefahren durch entsprechende Maßnahmen vor 

++ Lassen Sie sich von solchen Versicherern nicht die Zeit für wichtige Beratungen klauen: Legen Sie uns die Probleme auf den Tisch – wir haken bei den Versicherern nach.

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