Pressemitteilungen 'k-mi'-Verlag

Provisionsverbot: vzbv befürwortet Zwei-Klassen-Gesellschaft bei der Beratung

Der vzbv Verbraucherzentrale Bundesverband dichtet einem aktuellen britischen Regierungsbericht Inhalte zu einem Erfolg des in UK 2013 eingeführten Provisionsverbotes an (vgl. ‚vt’ 18/17), weigert sich aber auf ‚versicherungstip’-Anfrage, die Stellen mit den behaupteten Inhalten zu nennen. Für die geschaffenen Beratungslücken begrüßt der vzbv, dass Reiche sich professionelle Beratung leisten, Normal- und Geringverdiener aber mit unverbindlichen Empfehlungen abgespeist werden: Erstmals 2015 haben das britische Finanzministerium HM Treasury sowie die Aufsichtsbehörde Financial Conduct Authority (FCA) mit dem Bericht ‚Financial Advice Market Review’ (FAMR) die Folgen der Finanzmarktreform Retail Distribution Review (RDR) vorgestellt. Einerseits konnten damals Erfolge der Finanzmarktreform bei der Beratungsqualität aufgeführt werden. Andererseits wurden als negative Folgen konstatiert, dass sich Verbraucher mit mittlerem und geringem Einkommen keine Honorarberatung leisten können und in eine Beratungslücke fallen. Die absolute Zahl der Berater ist dank Provisionsverbot zurückgegangen, gleichzeitig ist der Anteil der Berater, die als Voraussetzung für eine Beratung ein Mindestportfolio von £ 100.000 verlangen, von 13 % in 2013 auf 32 % in 2014 explodiert. Zudem würden 45 % der Berater kaum noch Altersvorsorgeberatungen vornehmen, wenn das Vermögen der Kunden unter
£ 30.000 liegt, konstatierte der FAMR-Abschlussreport im März 2016 (vgl. ‚vt’ 12/16). Die Briten doktern an den Symptomen des Provisionsverbotes herum, denn es sollte dringend wieder erschwingliche Beratung für Verbraucher geben und der Zugang zu Beratung verbessert werden. Die naheliegende Lösung, die Krankheitsursache zu behandeln und das Provisionsverbot wieder abzuschaffen, war offenbar (bisher) in UK nicht opportun. Mit dem FAMR-Fortschrittsbericht vom 11.04.2017 wird dargelegt, wie den problematischen Folgen des Provisionsverbotes für Verbraucher mit mittlerem und geringem Einkommen begegnet werden kann und wie weit man mit der Umsetzung der Maßnahmen ist. Doch am 20.04.2017 behauptet der vzbv in einer Pressemitteilung: „Der Bericht aus Großbritannien zeigt, dass ein Provisionsverbot wirkt. Sowohl die Beratungsqualität als auch das Vertrauen der Verbraucher in die Finanzberatung nehmen zu.“ Da das aber im Fortschrittsbericht nicht drin steht, hat die ‚vt’-Redaktion die vzbv gebeten, uns die Passage, der diese Aussage zu entnehmen ist, zu nennen. Wer den Bericht gelesen hat und solche Inhalte veröffentlicht, der kann in Sekundenschnelle die Antwort liefern. Bei dem vzbv sieht das aber so aus:

„Aus Kapazitätsgründen können die Kollegen aus der Fachabteilung Ihre Anfrage derzeit leider nicht beantworten.“ Erstaunt über die Verweigerung einer minimalen Auskunft haken wir nach. Denn es ist „schade, dass die Kapazitäten der Fachabteilung erschöpft sind und die Möglichkeit zur Aufklärung der Leser und Verbraucher nicht genutzt wird. Ein kurzer Hinweis, an welcher Stelle der FAMR-Fortschrittsreport die“ behauptete Aussage trifft, „kann ja keine Kapazität binden“. Doch der vzbv bleibt bei der Verweigerungshaltung: „Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir Ihre Anfrage nicht weiter bearbeiten können.“ Nachdem wir die sogenannten Verbraucherschützer auf einen gravierenden Fehler aufmerksam gemacht haben, offenbar aber keinerlei Interesse an einer umgehenden Korrektur und Aufklärung besteht, drängt sich der Verdacht auf, dass eine absichtliche Irreführung der Verbraucher, Medien und Politiker vorliegt.

Wir hatten dem vzbv weitere Fragen gestellt. Denn das Provisionsverbot hat laut FAMR-Report vom 14.03.2016 dazu geführt, dass ein hoher Beratungsstandard in erster Linie nur für Wohlhabende der Gesellschaft erschwinglich ist. Eine der Maßnahmen, um die Beratungslücke für Normal- und Geringverdiener zu verringern, ist die Schaffung kostengünstigerer Beratungsangebote, die mit niedrigeren regulatorischen Anforderungen keine Beratung anbieten, sondern lediglich als Tippgeber auf Anlage-/Versicherungsmöglichkeiten hinweisen, ohne dass eine konkrete Kaufempfehlung ausgesprochen werden darf. In diesem Kontext wollten wir die Sichtweise des vzbv erfahren, dass Reiche professionelle Beratung erhalten, weniger Vermögende sich aber zumeist lediglich unverbindliche Empfehlungen leisten können. Und „woran sollten sich Verbraucher, die sich lediglich einen unverbindlichen Ratschlag leisten können, aber keine konkrete Kaufempfehlung erhalten, nach Auffassung der vzbv bei der Kaufentscheidung orientieren“? Sie ahnen es: Die Kapazitäten des vzbv sind erschöpft. Allerdings dürfen wir „natürlich jederzeit mit Inhalten unserer Website und Newsletter arbeiten sowie Grafiken, Umfragen und Studien für Ihre Recherche verwenden“, so der vzbv. In einem „Hintergrundpapier Wirkung des Provisionsverbots in Großbritannien“ werden wir fündig. Dort heißt es u. a.: „Um sich rechtlich abzusichern, konnten Berater auch für einfache Probleme nur teure Beratung anbieten (…) Dies hat dazu beigetragen, dass Verbraucher bei vergleichsweise einfachen Finanzproblemen keinen professionellen Rat in Anspruch genommen haben. Unterdessen ist es zugelassenen Beratern gestattet, ihre Kunden auch ohne vollständige Beratung auf einfache Möglichkeiten hinzuweisen, solange keine konkrete Kaufempfehlung an diese Kunden ausgesprochen wird.“ Demnach hat der vzbv keinerlei Probleme damit, wenn professionelle Beratung den Reichen vorbehalten ist, während es bei Normal- und Geringverdienern nur für unverbindliche Empfehlungen reicht.

‚vt’-Fazit: Das Provisionsverbot hat in UK zu Beratungslücken der ‚Otto Normalverbraucher’ geführt. Statt professioneller Beratung soll diesen Bevölkerungsgruppen eine kostengünstigere Variante angeboten werden, die allgemeine und unverbindliche Tipps umfasst, aber keine bedarfsgerechte individuelle Beratung mit konkreter Kaufempfehlung. Der vzbv distanziert sich nicht von dieser Entwicklung zu einer Zwei-Klassen-Gesellschaft. Wenn ein staatlich hoch subventionierter Verband zur Spaltung der Gesellschaft beiträgt, bloß um die Provisionsverbots-Ideologie durchzusetzen, ist das kein Verbraucherschutz und hat eine politische Dimension, die alle Parteien angeht.

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