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Regierungsentwurf IDD-Umsetzungsgesetz vertieft Honorar-Ideologie, vernachlässigt Verbraucherschutz, beschädigt Versicherungsmakler-Status

Am 18.01.2017 hat das Bundekabinett den Gesetzentwurf der Bundesregierung Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/97 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Januar 2016 über Versicherungsvertrieb und zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes verabschiedet. Aus Verbraucher- und Versicherungsmaklersicht wurden gegenüber dem Referentenentwurf des BMWi vom 21.11.2016 überwiegend Verschlimmbesserungen betrieben.

Eine erfreuliche Klarstellung erfolgt zum § 6 VVG-E. Hier hatten u. a. die BFV – Bundesarbeitsgemeinschaft zur Förderung der Versicherungsmakler und ‚versicherungstip‘ in der Verbändeanhörung (vgl. ‚vt‘ 51/16) den Doppelberatungs-Konflikt kritisiert. Nachfolgend einige Punkte im Abgleich Regierungsentwurf zum Referentenentwurf:  ++ Versicherer haben nach § 6 VVG eine vor- und nachvertragliche Beratungspflicht, die aber bisher nach § 6 Abs. 6 VVG nicht greift, wenn der Vertrag von einem Versicherungsmakler (oder im Fernabsatz) vermittelt wurde. Diese Ausnahme wurde im Referentenentwurf gestrichen, leider bleibt es auch im Gesetzentwurf der Bundesregierung dabei. Aber im Begründungsteil wird dies mit folgendem neuen Absatz erläutert und klargestellt: „Da allerdings ein Versicherer nach § 6 Absatz 1 VVG nur insoweit beraten muss, als dafür ein Anlass besteht, führt die Streichung in Absatz 6 nicht zu einer Doppelberatung; hat ein Versicherungsmakler beraten, besteht regelmäßig kein Anlass für eine zweite Beratung durch einen Versicherer.“ Das ist ein Teilerfolg für Verbraucher und Versicherungsmakler, bei genauerer Durchleuchtung aber Flickschusterei an einer verkorksten Formulierung in § 6 VVG:  ++ Positiv ist, dass Versicherer aus der vorvertraglichen Beratungspflicht nach § 6 Abs. 1 VVG wieder herauskommen. Leider fehlt der Hinweis auf § 6 Abs. 4 VVG. So droht, dass die nachvertragliche Beratungspflicht des Versicherers bestehen bleibt, trotz Vermittlung und Betreuung durch Versicherungsmakler. ++ Im Begründungsteil wird darauf hingewiesen, „hat ein Versicherungsmakler beraten, besteht regelmäßig kein Anlass für eine zweite Beratung durch einen Versicherer.“ Was ein Anlass ist, wäre interpretationsfähig. Da können schnell Gründe eintreten oder Argumente verwendet werden (‚Kunde hat beim Versicherer angerufen …‘), wonach ein Versicherer sich veranlasst sieht, seine AO zum Kunden zu schicken, obwohl eine Maklervollmacht vorliegt. ++ Die Anregung, (auch) für die vermittelnden Versicherungsberater eine Ausnahme festzulegen, hat der Gesetzgeber nicht aufgegriffen. Daraus könnte geschlossen werden, dass der Gesetzgeber die Versicherer zur Beratung verpflichten will, wenn der Vertrag von einem Versicherungsberater vermittelt wurde. Bei der vorvertraglichen Beratung macht das keinen Sinn (Doppelberatung), bei der nachvertraglichen Beratung hat der Versicherer Pflicht und Kosten.

++ Der angedachte ‚Honorar-Versicherungsberater‘ wird nun wieder als ‚Versicherungsberater‘ bezeichnet.  ++ Das Provisionsabgabeverbot bleibt bestehen.  ++ Die Weiterbildung bleibt bei 15 Zeitstunden jährlich.  ++ Der Regierungsentwurf ist noch stärker davon durchdrungen, dass Versicherungsvermittler/Versicherungsmakler in den Status des Versicherungsberaters wechseln sollen. Dazu wurden sehr günstige Übergangsregelungen in § 156 VVG-E geschaffen. Wer Versicherungsberater wird, darf zuvor als Versicherungsvermittler erlangte Ansprüche auf BP behalten, sprich ein zukünftiger Versicherungsberater darf die aus früheren Verträgen zukünftig resultierenden Betreuungs-/Bestandsvergütungen vom Versicherer annehmen.

++ Bei Vergütungsvereinbarungen/Serviceverträgen dagegen greift der Gesetzgeber zu der fiesen Methode der Rückwirkung. Bereits für ab 19.01.2017 (!) geschlossene Verträge, die einem Vermittler (jährliche) Vergütungen durch den Verbraucher sichern, sind ab dem 23.02.2018 unwirksam. Das muss als ‚echte Rückwirkung‘ bezeichnet werden, die grundsätzlich unzulässig ist, aber Ausnahmen bestehen. Der Gesetzgeber wird sich darauf stützen, dass mit dem Kabinettsbeschluss/der Veröffentlichung des Regierungsentwurfs allen Versicherungsvermittlern die geplante Regelung bekannt ist. Konkret regelt § 156 Abs. 4 VVG-E: „Versicherungsvermittler nach § 34d Absatz 1 Satz 1 dürfen Vergütungen eines Dritten, der Verbraucher ist, auf der Grundlage eines Vertrages annehmen, der vor dem 18. Januar 2017 geschlossen wurde.“ Hier dürfte es sich um eine falsche Datumsangabe handeln; gemeint ist wohl der 19.01.2017. Am Vormittag des 18.01.2017 konnte man die geplante Regelung ja noch nicht kennen. Die Begründung führt folgerichtig auch auf: „…Daher ist vorgesehen, dass entsprechende Verträge mit Letztverbrauchern, die bis zum 18. Januar 2017 geschlossen wurden, weiter erfüllt werden dürfen …“ Doch der eine Tag spielt ohnehin keine entscheidende Rolle. Zum einen ist das grundsätzliche Verbot der Annahme der Vergütungen von Verbrauchern unsäglich und u. E. rechtlich unzulässig. Zum anderen ist die nun gegebene Ungewissheit, ob Vermittlungsgebührenverträge/Serviceverträge mit jährlichen Zahlungen nach dem 23.02.2018 noch greifen, sowohl schlecht für die Anbieter als auch die Vermittler. Eine solche Rückwirkung sollte gravierenden Sachverhalten vorbehalten sein. Die Frage der Vergütung durch Verbraucher ist gewiss nicht gravierend, so dass hier unterschiedliche Rechtsansichten herrschen werden, ob diese Rückwirkung zulässig ist oder nicht. Das bedeutet aber auch wieder: Unsicherheit. Ein fairer Umgang mit der Branche sieht anders aus, diese unnötige Rückwirkung ist einer Demokratie unwürdig.

‚vt‘-Zwischenfazit: ++ Mit dem Kabinettsbeschluss greift folgender Gesetzgebungsfahrplan: ++ 30.03.2017: Erste Lesung im Bundestag  ++ 31.05.2017: Sachverständigenanhörung im Wirtschaftsausschuss des Deutschen Bundestages  ++ 01./02.06.2017: Zweite und dritte Lesung im Bundestag  ++ 07.07.2017: Beschluss im Bundesrat. Mit dem Kabinettsbeschluss erfolgte ein weiterer Schritt im Gesetzgebungsverfahren, es liegen aber noch weitere Schritte bis zum finalen Gesetz vor. Da sind weitere Korrekturen möglich. Zudem steht die Neufassung der Verordnung über die Versicherungsvermittlung und -beratung (VersVermV) an. BFV und ‚versicherungstip‘ werden sich weiterhin klar positionieren und für sinnvollen Verbraucherschutz und den Berufsstand Versicherungsmakler kämpfen.

Gesetzentwurf der Bundesregierung: Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/97 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Januar 2016 über Versicherungsvertrieb und zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes

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