AFD-2021

1) BaFin-Aufsicht: Das Gesetzgebungsverfahren für eine BaFin-Aufsicht der Finanzanlagenvermittler/Honorar-Finanzanlagenberater ist jüngst gescheitert. Wie soll es aus Ihrer Sicht mit diesem ‚Projekt‘ weitergehen: Beerdigen oder neuer Anlauf?

Sollen zudem auch die mehr als 45.000 kleinen und mittelständischen Versicherungsmakler-Betriebe weiterhin im Rahmen der Gewerbeordnung von IHKen und Landratsämtern beaufsichtigt werden, oder sollen die im Auftrag des Kunden tätigen Versicherungsmakler einer zentralen Aufsicht durch die BaFin unterstellt werden?

Antwort AFD:

Wir fordern,

  • die Sachkundeprüfung und Aufsicht über Finanzanlagenvermittlung und Honorar-Finanzberatung für alle Länder einheitlich auf die Industrie- und Handelskammern zu übertragen
  • und die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht zu ermächtigen, einheitliche Maßstäbe für die Aufsicht und Sachkundeprüfung durch die Industrie- und Handelskammern zu erlassen und laufend zu überprüfen.

2) Provisionsverbot: Wie stehen Sie zu einem generellen Provisionsverbot bei Finanzdienstleistungen und im Versicherungsbereich (hier ggf. spartenabhängig Leben, Kranken, Komposit oder generell alle Sparten)?

Antwort AFD:

Wir setzen uns für möglichst geringe Eingriffe in die Vertragsfreiheit ein. Nur in solchen Fällen, wo ein extremes Ungleichgewicht der beiden Vertragsparten besteht, ist eine gesetzliche Regulierung geboten. Das Ungleichgewicht im Falle von Finanzdienstleistungen besteht insbesondere darin, dass unbekannt Risiken, versteckte Kosten und mögliche Auswirkungen auf andere wirtschaftliche oder rechtliche Bereiche für den Kunden nicht angemessen erkannt werden können. Wir fordern eine Transparenz dergestalt, dass dem Kunden die wirtschaftlichen, finanziellen und rechtlichen Auswirkungen seines vertraglichen Handelns bewusst sind und gegebenenfalls auch durch den anderen möglicherweise kenntnisreicheren Vertragspartner zur Kenntnis gebracht werden müssen. Dies gilt ganz besonders für finanzielle Risiken und Kosten. Der Kunde muss wissen, was er zu welchem Zeitpunkt und wofür bezahlt. Ein generelles Provisionsverbot lehnen wir jedoch ab, da eine zielgerichtete und kundenorientierte Beratung nicht kostenlos angeboten werden kann.

3) Sustainable Finance: Wie weit und in welcher Form soll nach Ihrer Ansicht der Staat bzw. die EU beim Thema ‚Nachhaltigkeit‘ in die Anlageentscheidungen von Verbrauchern sowie in den Investitionsprozess von Versicherungen und Asset Managern eingreifen?

Antwort AFD:

Die soziale Verantwortung ist eine Grundlage unserer Gesellschaft. Ausfluss dessen ist z. B. ein progressives Steuersystem. Diese Sozialverantwortung bezieht sich auf das Ergebnis des Wirtschaftens, also das Einkommen oder den Gewinn. Eingriffe in das Wirtschaften selbst, wie sie z. B. durch politische Beeinflussung von Investitions- oder Finanzierungsentscheidungen, wie sie sich aus dem EEG oder Sustainable Finance ergeben, lehnen wir ab. Diese Eingriffe werden mit einem vermeintlich höheren Wissen der Politik gerechtfertigt, das so nicht gegeben ist. Wir verweisen auf die Erfahrungen mit Bauträgermodellen, Schiffsfonds, Medienfonds, Ökoenergiefonds oder auch der Sonderabschreibung Ost. Nachhaltigkeit kann erzielt werden, wenn negative externe Effekte internalisiert werden (Umweltsteuern oder -zertifikate) und somit das Wirken des marktwirtschaftlichen Preissystems unterstützt wird.

4) Taping: Die Erfahrung von Banken, Beratern und Anlegern mit MiFID II haben gezeigt, dass insbesondere das Taping (Zwang zur Kommunikations-Aufzeichnung bei der Beratung) als Überregulierung empfunden wird. Setzen Sie sich hier für Verbesserung oder Erleichterungen ein?

Antwort AFD:

Die Aufzeichnungspflicht, Dokumentations- und Aufbewahrungspflicht sowie die Benachrichtigungspflicht verursachen bei den Banken aufwändige Verwaltungsmaßnahmen und unnötige Archivierungsanstrengungen, die die Anlageberatung verteuern und behindern. Diese Verordnung schafft Bürokratie und untergräbt das Vertrauensverhältnis zwischen Anlageberatern und ihren Kunden.

Darüber hinaus führt es dazu,  dass die Anlageberatung nur noch von sehr vermögenden Kunden in Anspruch genommen werden kann und weniger betuchte Anleger auf sich alleine gestellt sind.

5) Nullzinspolitik: Die Auswirkungen und Verwerfungen der EU-Nullzinspolitik für die Stabilität von Versicherungen, Banken und Betriebsrenten sind mittlerweile unübersehbar geworden. Wie und wann kann die Politik hier den Ausstieg schaffen, um weitere Vermögenseinbußen für Anleger zu vermeiden?

Antwort AFD:

Die Nullzinspolitik der EZB ist in der Wirtschaftsgeschichte ohne Vorbild. Zwar gab es schon häufiger reale aber keine nominalen notenbankinduzierten Negativzinsen. Das Motiv hierfür ist hochwahrscheinlich interessenpolitischer Natur. Hochverschuldete vorwiegend romanische Länder sollen vor dem Zinsdruck der Märkte verschont werden, um Staatskonkurse zu verhindern. Entsprechende Mehrheiten sind bei dem absurden Stimmsystem des EZB-Rats (jedes Euroland eine Stimme) gut zu beschaffen. Die Kehrtwende kann leider nur die „unabhängige“ EZB und nicht die Politik herbeiführen. (Der Vorgang ist nicht unähnlich und funktional durchaus vergleichbar mit dem übermäßigen Erwerb von Staatsanleihen durch die EZB) Bei nunmehr rund 4 % Inflation in D und 0,5 % Negativzinsen wird der Zugriff auf die Geldvermögen der fürsorglichen Sparer von Paul Kirchhoff als verfassungswidrige Enteignung eingestuft. Dies erscheint sehr berechtigt, weil, wie PK ausführt, die klassische Form der Geldaufbewahrung wirtschaftlich unmöglich gemacht wird. Es steht zu befürchten, dass nur finanzwirtschaftliche Turbulenzen und politische Verwerfungen im EU-Gebiet zu einer Umkehr der EZB führen können.

6) ‚Grauer Kapitalmarkt‘: Mit dem vor kurzem verabschiedeten Anlegerschutzstärkungsgesetz wurden Vermögensanlagen nach Vermögensanlagengesetz stärker reguliert. Ist dies aus Ihrer Sicht nun ausreichend oder planen Sie weitere Verschärfungen? Wie bewerten Sie zudem die Entwicklung und den Status des Anlegerschutzes in den Prospektpflicht-freien Bereichen des Crowdinvestings und diverser ‚Krypto‘-Anlagemodelle?

Antwort AFD:

Das neue  „Gesetze zur weiteren Stärkung des Anlegerschutzes“  zielt im Großen und Ganzen in die richtige Richtung und bewirkt eine deutliche Verbesserung des Anlegerschutzes.  So wird beispielsweise durch die Einführung eines unabhängigen Mittelverwendungskontrolleurs eine zusätzliche Sicherung für die Anleger eingebaut.

Leider konzentrieren sich die dort vorgesehenen Prüfungen auf reine formelle Gesichtspunkte in den Prospekten. Ein Umstand, der sich in vielen Fällen als nicht ausreichend herausstellen wird. Wir fordern eine  stärkere materielle Prüfung der Prospekte durch die BaFin. Die neuen Regelungen zu den Blindpools halten wir für richtig, denn sie fördern lokales Engagement und erleichtern die damit verbundenen Investitionen.

7) Provisionsdeckel Lebensversicherung: Befürworten Sie einen Beibehalt der bisherigen Vergütungspraxis und Einschreiten der BaFin nach § 48a VAG, wenn im Einzelfalle verbraucherschädigende Vergütungsexzesse identifiziert werden, oder befürworten Sie die Einführung eines LV-Provisionsdeckels?

Antwort AFD:

Der Regulierungswahn im Finanzsektor muss beendet werden. Ein Provisionsdeckel könnte dazu führen, dass eine differenzierte Beratung, die sehr viele  Anleger benötigen, nicht mehr möglich ist. Dazu kommt, dass  die Materie gerade durch den Wildwuchs der Regelungen im Steuerrecht, in der EU- Regulierung oder auch im sogenannten Anlegerschutz extrem komplex geworden ist. Eine pauschale Deckelung von Provisionen lehnen wir deshalb ab und fordern, dass nationale Spielräume bei EU-Richtlinien zugunsten der deutschen Finanzbranche voll ausgeschöpft werden. Die BaFin ist zu Recht schon heute befugt, bei Exzessen im Provisionsbereich einzuschreiten.

8) Riester-Rente: Befürworten Sie die Riester-Rente zukunftsfähig zu reformieren, insbesondere mit Blick auf den ab 01.01.2022 auf 0,25 % abgesenkten Höchstrechnungszins und eine damit nicht mehr darstellbare 100%ige Beitragsgarantie oder befürworten Sie, dass die Riester-Rente im Neugeschäft eingestellt wird?

Antwort AFD:

Die Riester-Rente war als ein Baustein von unterschiedlichen Möglichkeiten der Altersvorsorge geplant. Die übermäßigen Kosten und die Beitragsgarantie sind allerdings zu unlösbaren Problemen geworden. Insbesondere die Betragsgarantie ist durch die verheerende EZB-Niedrigzinspolitik nicht mehr zu halten. Darüber hinaus wird durch die anziehende Inflation der Kaufkraftverlust immer größer. Reparieren kann man dieses Konstrukt nicht mehr, denn es basiert auf einem positiven Anlagezins, den wir durch die verfehlte EU-Politik schon lange nicht mehr haben. Ein weiterer Kollateralschaden der EZB-Zinspolitik. Ohne deren Veränderung ist eine Lösung, wie immer sie aussieht, kaum vorstellbar.

9) Wirecard und Aufsicht: Welche Konsequenzen müssen aus dem Wirecard-Skandal gezogen werden, z. B. hinsichtlich der Zuständigkeiten bei Finanzaufsicht, Bilanzkontrolle und Geldwäscheaufsicht, oder reichen die bislang dazu beschlossenen Maßnahmen dazu aus Ihrer Sicht aus?

Antwort AFD:

Bilanzbetrug kann zwar nie gänzlich verhindert werden könne, Anlass für gesetzgeberischen Handlungsbedarf als Reaktion auf den Fall Wirecard gibt es jedoch reichlich. Für die Zukunft können derartige Skandale durch die Novellierung dreier Regelungspunkte unwahrscheinlicher gemacht werden.

  • Die Höchstdauer eines durchgehenden Prüfmandats für ein  Wirtschaftsprüfungsunternehmen sollte auf vier Jahre begrenzt werden. Die Abschreckungswirkung der Abschlussprüferhaftung ist mit Blick auf die Haftungshöchstsummen bislang unterentwickelt. Diese spiegeln die möglichen Schadenssummen in großen Betrugsfällen nicht ansatzweise wieder.
  • Die Haftungshöchstsummen sind deutlich zu erhöhen, um auch indirekt über die Versicherung des Berufsrisikos von Abschlussprüfern eine deutliche Anreizwirkung zu schaffen.
  • Schließlich ist eine klare Trennung von Prüfungs- und Beratungsmandaten notwendig.

10) Offene Frage: Für welche Maßnahme bzw. welche Regulierung wollen Sie sich in der nächsten Legislaturperiode einsetzen bzw. was sollte aus Ihrer Sicht in der Finanzpolitik und Finanzmarktregulierung oberste Priorität haben?

Antwort AFD:

Weitere direkte Marktregulierungen sehen wir derzeit nicht als notwendig an. Die großen Aufgaben, die es zu bewältigen gilt, sind die Schuldenrückführung aller staatlichen Ebenen und eine Umkehr der EZB Politik in den beschriebenen Feldern. Sofern dies nicht geschieht, wird die Eurozone in existenzielle Not geraten.