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Bürgerwind vor dem Aus durch BMUV-finanziertes Gutachten?

Ausgerechnet mit einem vom Bundesumweltministerium (BMUV) finanzierten Gutachten fordert der vzbv ein Verbot von Bürgerenergiebeteiligungen! Klingt erst mal sehr schräg, ist aber so! Hier die Hintergründe: Am 07.12.2022 hat der vzbv u. a. per Pressemitteilung ein Gutachten zur "Bewertung aktueller Investments auf dem Grauen Kapitalmarkt" vorgestellt. Der vzbv fordert in diesem Zusammenhang "die Bundesregierung auf, den aktiven Vertrieb von Graumarktanlagen endlich zu verbieten" bzw. "den aktiven Vertrieb von Vermögensanlagen an Verbraucher:innen grundsätzlich zu verbieten" (vgl. 'k-mi' 51/22). Offenkundig aufgrund dieser ungenauen Formulierungen sah sich der vzbv kurze Zeit später genötigt, die Pressemitteilung durch eine FAQ zu ergänzen und präzisieren, was er denn eigentlich genau will: Daraus ergibt sich, dass der vzbv auch Bürgerenergiebeteiligungen und Crowdinvestments verbieten will bzw. deren Publikums-Vertrieb, was aufs Gleiche hinausläuft.

Vor allem die Begründung ist bemerkenswert: Offenkundig missinterpretiert der vzbv die "Ergebnisse" des eigenen Gutachtens, weil die 'Verbraucherschützer' annehmen, dass Bürgerenergieprojekte hauptsächlich 'nachrangig' finanziert werden: Laut der mit einer FAQ nachgebesserten vzbv-Pressemitteilung fordert der vzbv bei sog. Bürgerenergieprojekten ein "Verbot des aktiven Vertriebs" bzw., "jedes andere Angebot von Vermögensanlagen" über den jüngst schon eingeschränkten Eigenvertrieb hinaus zu unterbinden. In der knappen Begründung wird nur allgemein auf den "Rückgriff auf untaugliche Finanzierungsinstrumente wie etwa Nachrangdarlehen" verwiesen.

Diese Begründung hält allerdings einer Nachprüfung nicht stand: 'k-mi' hat dazu die entsprechenden Daten der BaFin ausgewertet. Hierzu zählen:  ++ Vermögensanlagen, die seit 2010 explizit als Bürgerenergieprojekte initiiert wurden sowie  ++ sonstige Energie-Beteiligungen z. B. von Stadtwerken, die in den letzten fünf Jahren als Vermögensanlagen emittiert wurden. Daraus er­geben sich 270 Bürgerenergieprojekte, die öffentlich nach dem Vermögensanlagengesetz angeboten wurden. Ergebnis:  ++ 86 % dieser Angebote waren prospektpflichtig nach dem Vermögensanlagengesetz. Fast ausschließlich handelt es sich hierbei um Kommanditbeteiligungen (83,7 % von 270 Angeboten)  ++ Bei den restlichen 14 % handelt es sich um sog. Crowdinvestments in Form von Nachrangdarlehen, die nicht prospektpflichtig sind und nur ein sog VIB/Vermögensanlagen-Informationsblatt erstellen und veröffentlichen.

Damit ist die Begründung des vzbv widerlegt, dass für Bürgerenergieprojekte vor allem nur "untaugliche Finanzierungsinstrumente wie etwa Nachrangdarlehen" zur Verfügung stehen würden! Mit prospektpflichtigen Bürgerenergiebeteiligungen werden Bürger, wie vorstehend anhand der BaFin-Daten nachgewiesen, in den allermeisten Fällen Kommanditisten und damit auch Eigentümer 'ihres' Windparks etc. Die Forderung des vzbv, Bürgerenergiebeteiligungen zu verbieten bzw. deren Vertrieb und Auflage in der bisherigen Form zu untersagen, hat somit in der Praxis und Realität keine Grundlage. Ebenso wenig ist ersichtlich, inwieweit sich diese Forderung auf bestimmte "Ergebnisse" des Gutachtens stützt oder ob es sich um eigene Schlussfolgerungen des vzbv handelt.

Die Folgen einer solchen – vom Umweltministerium indirekt finanzierten und unterstützen – Forderung wären fatal: Für Bürgerenergieprojekte und damit für die Energiewende würde ein wichtiges Standbein wegbrechen. In einigen Regionen werden z. B. Windparks fast ausschließlich als Bürgerwindparks errichtet: "Die Windparks in Nordfriesland werden zu etwa 90 % als Bürgerwindpark betrieben", stellt z. B. noch 2019 die öffentlich geförderte Netzwerkagentur Erneuerbare Energien Schleswig-Holstein (EE.SH) fest. Bürgerenergiebeteiligungen sind zudem auch ein wichtiges Element z. B. für die Akzeptanz des Windenergie-Ausbaus in der Bevölkerung. Auch aus diesem Grund ist die Verbotsforderung des vzbv nicht nachvollziehbar.

Hätten denn 'Windenergiebetreiber' die Möglichkeit, alternative Finanzierungsformen und Emissionswege zu nutzen? In der entsprechenden Pressemitteilung des vzbv macht dieser es sich ziemlich einfach und nennt keine konkreten alternativen Finanzierungsformen, die zur Verfügung stehen würden. Es heißt dazu lediglich: "Ein Verbot des aktiven Vertriebs, wie vom vzbv gefordert, würde darüber hinaus auch jedes andere Angebot von Vermögensanlagen unterbinden. Windenenergiebetreiber hätten dann die Möglichkeit, entweder andere Rechtsformen oder andere Finanzierungsinstrumente zu nutzen."

Dies ist in der Praxis jedoch alles andere als trivial:  ++ Bürgerenergieprojekte sind keine Investmentvermögen im Sinne des KAGB, da sie laut Verwaltungspraxis der BaFin grds. "als operativ tätige Unternehmen anzusehen" sind. Darüber hinaus wäre es auch aus Kostengründen kaum möglich, Bürgerenergieprojekte im KAGB zu emittieren und betreiben. Auch andere 'Emissionsmäntel' für Finanzinvestoren wie Anleihen etc. wären in der Regel zu kostenintensiv  ++ Ein 'Switchen' in Genossenschaften ist nicht ohne weiteres möglich. Für die Wahl des Gesellschaftsrechts bzw. der Rechtsform (als Genossenschaft oder als GmbH & Co. KG bzw. Kommanditbeteiligung) sind eine ganze Reihe von Punkten maßgeblich, vor allem auch steuerliche Fragen, die die Bürger in der Regel mit ihren Beratern vor Ort klären und entscheiden (z. B. Freibeträge, Steuerbelastung zum Zeitpunkt der Gewinnentstehung/Gewinnverwendung auf Gesellschaftsebene und auf Ebene der Gesellschafter, Einkunftsarten, Verlustvorträge etc.). Dass der vzbv sich in diesem Prozess mit diffusen Verbotsforderungen und offenkundig ohne besondere Einsichtnahme einmischt, halten wir für kontraproduktiv – sowohl für die Energiewende als auch den Verbraucherschutz! Denn es besteht noch ein weiterer wichtiger Unterschied zwischen Genossenschaften und Kommanditbeteiligungen bei der Emission von Bürgerenergieprojekten: Genossenschaften sind nicht prospektpflichtig! Dies ist ein wichtiger Aspekt bezüglich des Anlegerschutzes!

'k-mi'-Fazit: Die Verbotsforderung des vzbv schadet in diesem Bereich sowohl dem Anlegerschutz als auch der Energiewende! Der Wegfall des Finanzierungsinstruments für Windparks etc. über das Vermögensanlagengesetz lässt sich in der Praxis nicht adäquat kompensieren, allenfalls nur teilweise, allerdings bei Verzicht auf eine Prospektpflicht! Der vzbv fordert also in einer Art Schnellschuss – oder Kurzschluss – nicht nur das Verbot von Crowdinvestments (obwohl diese gar nicht Gegenstand des Gutachtens waren) sowie das Verbot von prospektpflichtigen Bürgerenergieprojekten, die überwiegend als Kommanditbeteiligungen emittiert werden. Und das mit der nachweislich falschen Begründung, dass letztere vor allem über Nachrangdarlehen – also über Fremdkapital anstatt über Eigenkapital – finanziert würden. Eine besondere Note erhält der Vorgang auch dadurch, dass das am 07.12.2022 vom vzbv präsentierte Gutachten vom Bundesumwelt­ministerium gefördert wurde! Natürlich haben wir den vzbv und auch das Bundesumweltministerium zu den Gründen für die pauschale Verbotsforderung befragt und wie man die Auswirkung dieses Verbots auf die Energiewende beurteilt. Sowohl vzbv als auch das Ministerium haben sich gegenüber 'k-mi' nicht zu dieser Frage geäußert! Das BMUV verweist lediglich darauf, dass die inhaltliche Verantwortung beim vzbv liegt!

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