Monatelang rührte sich kein Blättchen, doch in dieser Woche legt die Bundesregierung gleich für die beiden Großbaustellen ++ BaFin-Aufsicht über Finanzanlagenvermittler gemäß § 34f GewO sowie die ++ Überarbeitung der Finanzanlagenvermittlerverordnung/FinVermV (Lesen Sie den Artikel hier) neue Sachstände auf den Tisch. Am 23.07.2019 preschte das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz/BMJV vor, einen Tag später zog das Bundesministerium der Finanzen/BMF nach und veröffentlichte das gemeinsame "Eckpunktepapier zur Übertragung der Aufsicht über Finanzanlagevermittler auf die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht". Zwischenzeitlich hat auch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie/BMWi bestätigt, dass es sich um ein zwischen den Ministerien abgestimmtes Papier handelt.
Mit sehr ambitioniertem Fahrplan soll die Aufsicht der nach Stand Juli 37.865 Finanzanlagenvermittler gemäß § 34f GewO und der 157 Honorar-Finanzanlageberater gemäß § 34h GewO von Kammern und Gewerbeämtern auf die BaFin übertragen werden. Dazu wird laut Eckpunktepapier ++ im WpHG ein neuer Erlaubnistatbestand eingeführt, der die bisherigen §§ 34f und 34h GewO ablöst. "Erlaubnisvoraussetzungen sollen wie bisher Zuverlässigkeit, geordnete Vermögensverhältnisse, der Nachweis einer Berufshaftpflichtversicherung und der Nachweis der Sachkunde sein" ++ Die Regelungen der FinVermV sollen in das WpHG und daran anknüpfende Verordnungen eingearbeitet werden. Dabei soll für die Finanzanlagenvermittler und die Honorar-Finanzanlagenberater ein neuer Abschnitt ins WpHG eingearbeitet werden und die Bereichsausnahme in Artikel 3 Abs. 1 der MiFID II beibehalten werden.
++ Bereits zum 01.01.2021 soll die BaFin die Beaufsichtigung übernehmen, wobei die bestehenden Erlaubnisse der Finanzanlagenvermittler vorbehaltlich eines Überprüfungsverfahrens weiter gelten sollen ++ Diese (risikoorientierte) Überprüfung der (erneut) einzureichenden Nachweise soll ab Anfang 2021 mit den großen Vertriebsgesellschaften beginnen und in einem Zeitraum von zwei bis max. fünf Jahren erfolgen ++ Die turnusmäßige Prüfung durch einen Wirtschaftsprüfer wird durch eine risikoorientierte BaFin-Prüfung ersetzt ++ Die Aufsichtsprozesse sollen mittels elektronischer Kommunikationssysteme und darin enthaltener Formulare weitgehend digitalisiert werden ++ Die Aufsicht soll über Gebühren und Umlagen finanziert werden, jedoch nicht noch zusätzlich durch eine Mitgliedschaft in der Entschädigungseinrichtung der Wertpapierdienstleistungsunternehmen (EdW) belastet werden.
"Das Eckpunktepapier zeigt: Der Wechsel in der Aufsicht wird kein 'Schalter umlegen', sondern ein langwieriger Prozess. Der Zeitplan ist ambitioniert, Umsetzungsdetails bislang noch nicht bekannt, und über allem schwebt weiter unbeantwortet die Frage nach dem Sinn", beurteilt Dr. Martin Andreas Duncker, Schlatter Rechtsanwälte Steuerberater, den Vorstoß des BMF. Dabei kann man die Frage nach der Sinnhaftigkeit nur unterstreichen: "Die Bundesregierung beabsichtigt nicht, die Aufsichtszuständigkeiten zu verändern", ließ diese noch im Jahr 2017 (Bundestagsdrucksache 18/11337) verlauten, ehe dann quasi über Nacht die Forderung nach der BaFin-Aufsicht in den Koalitionsvertrag von wem auch immer auf den hinteren Seiten reingeschoben wurde. Scheinargument dort war und ist die "Herstellung einer einheitlichen und qualitativ hochwertigen Finanzaufsicht". Gerade das Argument der Einheitlichkeit ist hier völliger Unsinn:
Die BaFin beaufsichtigt laut Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der FDP-Bundestagsabgeordneten Frank Schäffler, Christian Dürr, Dr. Florian Toncar und weiterer u. a. 1.233 Finanzdienstleistungsinstitute, 1.510 Kreditinstitute, 551 Versicherungsunternehmen und 33 Pensionsfonds – alles in allem rund 3.300 zumeist große Unternehmen sowie 5.917 Investmentvermögen. Jetzt sollen 38.000 Finanzanlagenvermittler dazu kommen – ganz überwiegend Einzelkämpfer oder kleine Einheiten. Von den Vermittlern mit § 34f GewO haben laut Antwort der Bundesregierung rund 80 % auch eine Registrierung gemäß § 34d GewO als Versicherungsvermittler, wovon die Mehrfachagenten/Makler bislang mit beiden Zulassungen bei den Gewerbeämtern oder Kammern überwacht werden. Das heißt: Um eine angeblich einheitliche Aufsicht von weniger als 3.000 BaFin-beaufsichtigten (sehr) großen Banken und Kreditinstituten mit den ganz überwiegend mittelständischen Finanzanlagenvermittlern herzustellen, wird gleichzeitig die Aufsicht bei über zehntausende Betrieben, die sowohl den § 34f als auch den § 34d Abs. 1 haben, künftig für die Finanzanlagen auf die BaFin und für die Versicherungen auf Kammern/Gewerbeämter auseinandergerissen.
'k-mi'-Fazit: Der Ansatz, mit einer "einheitlichen Finanzaufsicht" sowohl eine Großbank als auch den Ein-Mann-Betrieb überziehen zu wollen, ist irrsinnig und grundfalsch. Für eine falsche 'Einheitlichkeit' werden im Gegenzug zehntausende mittelständische Finanzanlagenvermittler mitten durch ihren Betrieb hindurch zwei unterschiedlichen Aufsichtssystemen unterworfen. Die Bundesregierung hat mehrfach selbst bestätigt, dass das 2013 eingeführte Aufsichtssystem gut funktioniert und "keine Informationen über Schadensfälle, die durch Finanzanlagenvermittler verursacht wurden", vorliegen. Daher besteht für eine Übertragung der Aufsicht auf die BaFin, die zehntausende Finanzanlagenvermittler und ihre Beschäftigten gefährdet, überhaupt keine Notwendigkeit. Unsinn bleibt Unsinn, auch wenn er im Koalitionsvertrag niedergeschrieben wird! Hier bleibt 'k-mi' für Sie am Ball und wird der Politik den Irrsinn deutlich vor Augen führen.