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'k-mi'-Standpunkt: Katz und Maus mit Vermögensanlagen

Katz und Maus mit Vermögensanlagen – Blindpool-Verbot, Mittelverwendungskontrolle, Edelmetalle

 – von Rechtanwalt Daniel Blazek, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, Bielefeld –

Der Gesetzgeber hat unlängst zweimal das Vermögensanlagengesetz (VermAmlG) geändert. Dies betrifft u. a. die Erfassung bestimmter Edelmetallgeschäfte, die Einführung der Mittelverwendungskontrolle bei Sachwertanlagen sowie das Blindpool-Verbot für alle Arten von gesetzlichen Vermögensanlagen. Mal wieder führt dies zu erheblichen Konsequenzen für die Angebote und den Vertrieb.

I. Das Muster

Wie schaffen es Politiker und Gesetzgeber, den Markt der Vermögensanlagen weiter zu minimieren, pardon: den Anlegerschutz zu stärken? Richtig, mit Gesetzesvorhaben, die eine Erschwerung der Angebotskultur, des Vertriebs sowie gesteigerte Regressmöglichkeiten bedeuten (s. 'k-mi'-Standpunkt Gegenwind 20/19). Man kann ein Muster entdecken: Beobachte den Markt und seine Skandale, nutze den Schwung der Empörung, bilde Anlagen-Cluster, reguliere sie, brüste dich damit und beginne von vorne! Die Bankenkrise, prominente Einzelskandale, die Gruppen der geschlossenen Schiffs- und Immobilienfonds, verschwundene Sachgüter, insbesondere Goldskandale sowie jüngst die Vorgänge um Wirecard haben durchaus Einfluss auf die Gesetzgebung. Entsprechend bewirken sie regelmäßig 'Kleine Anfragen' von oppositionellen Parlamentariern, die traditionsgemäß häufiger in Wahlkampfperioden auftreten, sowie gelegentlich Gesetzesbeschlüsse des Bundestages, bevor sich dort vielleicht (etwas) freiheitlichere oder (anders) kritischere Verhältnisse bilden.

Dieses Muster mündete in Gesetzen wie das Gesetz zur Novellierung des Finanzanlagenvermittler- und Vermögensanlagenrechts (2011), das Kleinanlegerschutzgesetz (2015), das Erste und Zweite Finanzmarktnovellierungsgesetz (2016 und 2017), das Gesetz zur weiteren Ausführung der EU-Prospektverordnung und zur Änderung von Finanzmarktgesetzen (2019), das Gesetz zur weiteren Umsetzung der Transparenzrichtlinie-Änderungsrichtlinie im Hinblick auf ein einheitliches elektronisches Format für Jahresfinanzberichte (2020), das Finanzmarktintegritätsstärkungsgesetz (2021), das Gesetz zur weiteren Stärkung des Anlegerschutzes (2021) sowie – einatmen – das Gesetz zur begleitenden Ausführung der Verordnung (EU) 2020/1503 und der Umsetzung der Richtlinie EU 2020/1504 zur Regelung von Schwarmfinanzierungsdienstleistern (Schwarmfinanzierung-Begleitgesetz) und anderer europarechtlicher Finanzmarktvorschriften (2021). Durch diese Gesetze wurden jeweils bereits bestehende andere Gesetze geändert; für diesen Beitrag interessieren vor allem die Änderungen des VermAnlG.

Man könnte meinen, dass bei so vielen Gesetzesvorhaben in den letzten zehn Jahren – und es gibt noch einige mehr – das sprichwörtliche Rad wenigstens teilweise neu erfunden wurde oder aber der Regulierungsstatus befriedigend präventiv ist. Fehlanzeige. Es handelt sich mehr um repressive Anpassungen mit ein und derselben Motivation. Die Fortführung dieser Handlungsweise belegt gleichsam deren Ineffektivität, jedenfalls was möglichst umfassende Verhinderung und einen verlässlichen Regulierungsstatus anbelangt. Denn durch die Ex-post-Betrachtung kann künftig nur dasjenige verhindert werden, was noch nicht geschah, während bereits eingetretene Schädigungen nicht mehr verhindert werden können. Das ständige Nachjustieren belegt die Lücken, und den Regulierten wird zugemutet, die scheibchenweise Reduzierung der Salami hinzunehmen, bis man nicht mehr von ihr sprechen kann. Als Anbieter oder Finanzanlagenvermittler wissen Sie nicht, was noch so kommt. Sie wissen nur, dass Sie künftig noch weiter eingeschränkt werden. Etwas provokanter lässt sich fragen, warum nicht längst alles reguliert wurde, nachdem die mangelnde Regulierung ohnehin nicht mehr das kennzeichnende Merkmal des (Grau-)Markts der Vermögensanlagen ist?

II. Die alte Leier

Soweit es in den Gesetzesbegründungen um Anlegerschutz geht, kann man zwar durchaus generalisierbare Gedanken erwarten, sicher aber auch mehr als bloße Schlagworte. Vielleicht wären auch eine nachvollziehbare Daten- bzw. Faktengrundlage nicht schlecht, erkennbare Interessenabwägungen, Erforderlichkeitsbetrachtungen oder überhaupt Ausführungen, die wenigstens den Eindruck erwecken, dass der nationale Gesetzgeber den Markt der zu regulierenden Materie vorurteilsfrei und möglichst flächendeckend kennt. 

Doch auch das sucht man vergebens. So heißt es in Gesetzesentwürfen zum Beispiel in 2011: "Im Bereich des so genannten grauen Kapitalmarkts können Anlegern […] finanzielle Schäden drohen. Als ein Grund hierfür muss das vergleichsweise geringe Regulierungsniveau im Graumarktbereich gelten" (BT-Drucks. 17/6051. Der Gesetzgeber wollte also vor Schäden schützen durch mehr Regulierung. In 2015 hieß es dann: "In jüngster Zeit haben Anleger durch Investitionen in Vermögensanlagen erhebliche Vermögenseinbußen erlitten" (BT-Drucks. 18/3994). Weil Anleger fälschlicherweise geglaubt hätten, hohe Renditen könnten ohne Risiko erreicht werden, sei ihr Vertrauen in den Finanzmarkt betroffen. Damit stelle sich nach Einführung (und Änderung) des VermAnlG und des KAGB "erneut die Frage, wie und in welchem Umfang der Schutz von Anlegern weiter verbessert werden kann". Also weil irrende Anleger ein Vertrauensproblem haben, bestand die Antwort in weiteren Regulierungen. Zuletzt hieß es im Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Finanzmarktintegrität (Dezember 2020): "Manipulationen der Bilanzen von Kapitalmarktunternehmen erschüttern das Vertrauen in den deutschen Finanzmarkt und fügen ihm schweren Schaden zu. […] Verbesserungsbedarf besteht aber auch hinsichtlich der Aufsichtsstrukturen und der Befugnisse der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) […] Der Entwurf zielt auf die Umsetzung der vordringlichen Maßnahmen zur Wiederherstellung und dauerhaften Stärkung des Vertrauens in den deutschen Finanzmarkt."

Lassen Sie es mich so ausdrücken: Seit mindestens zehn Jahren beschäftigt sich der Gesetzgeber mit entstandenen Schäden und erschüttertem Vertrauen in den Kapital- bzw. Finanzmarkt. Faktisch beschäftigt er sich viel länger damit, denn das VermAnlG von 2011 hatte auch eine gewisse Vorlaufzeit, 2007 sprach man von der (damaligen) Finanzkrise, stille Beteiligungen und mittelbare Kommanditbeteiligungen hatten um die Jahrtausendwende Hochkonjunktur, das Verkaufsprospektgesetz wurde 1998 neu bekannt gemacht. Soweit also die immer gleiche Leier (Schutz vor Schäden, Vertrauen in den Markt, jüngste Ereignisse) den Grund für weitere Regulierungen und Einschnitte darstellt, stimmt seit einiger Zeit unter Effektivitätsgesichtspunkten entweder mit der alten Leier etwas nicht oder aber mit der Regulierung.

III. Die aktuellen Einschnitte

Edelmetalle: Der Gesetzgeber hat zunächst Gold- und andere Geschäfte aufs Korn genommen, und seit dem 1. Juli 2021 gilt der neue § 1 Abs. 2 Nr. 8 VermAnlG. Gesetzlich erfasst sind künftig auch Verträge, mit denen im Austausch für die zeitweise Überlassung von Geld oder handelsüblichen Edelmetallen a) eine Verzinsung und Rückzahlung, b) eine Verzinsung und Herausgabe von handelsüblichen Edelmetallen, c) einen vermögenswerten Barausgleich oder d) einen vermögenswerten Ausgleich durch die Herausgabe von handelsüblichen Edelmetallen gewähren oder in Aussicht gestellt werden. Kehrt man also bei Laufzeitende oder unterjährig Edelmetalle zusammen mit einer Zinszahlung in Geld oder mit weiteren Edelmetallen aus, ist dies nunmehr nach dem VermAnlG prospektpflichtig und erfordert für den Vertrieb eine Erlaubnis nach § 34f Abs. 1 Nr. 3 GewO.

Blindpool-Verbot: Seit dem 17. August 2021 regelt § 5b Abs. 2 VermAnlG, dass Vermögensanlagen, bei denen das Anlageobjekt zum Zeitpunkt der Erstellung des Verkaufsprospekts oder des Informationsblatts nicht konkret bestimmt ist, zum öffentlichen Angebot im Inland nicht mehr zugelassen sind. Das gilt nicht nur für reine Blindpool-Konstruktionen, sondern auch für Semi-Blindpool-Konstruktionen (die Investitionsbranche steht fest, aber das konkrete Anlageobjekt nicht). Außerdem gilt das Blindpool-Verbot bei sog. Weiterreichungsmodellen oder Mehrebenstrukturen. Eine Ausnahme gilt nur dort, wo ein Unternehmen Gelder für die direkte Investition in den eigenen Geschäftszweck einwirbt oder einwerben lässt; dies fällt nicht unter den Blindpool-Begriff. Außerdem ist es zulässig, dass Emittenten bis zu 5 % der eingeworbenen Gelder in die Liquiditätsreserve fließen lassen. Dies gilt für alle prospektpflichtigen Vermögensanlagen, also auch für die neu erfassten Edelmetalle im Sinne von § 1 Abs. 2 Nr. 8 VermAnlG. Hinsichtlich der Konkretisierung des Anlageobjekts und seiner Darstellung im Prospekt und Informationsblatt hat die BaFin am 11. August 2021 ein aktuelles Merkblatt veröffentlicht für verschiedene Cluster von Vermögensanlagen.

Mittelverwendungskontrolle: Künftig müssen Emittenten bei allen Sachwertinvestments (Sachgüter) im Sinne von § 1 Abs. 2 Nr. 7 und Nr. 8 VermAnlG Mittelverwendungskontrolleure bestellten, was in § 5c VermAnlG geregelt wird. Die Bestellung muss bis zur Prospekteinreichung geschehen und zusammen mit dem Vertrag prospektiert werden. Kontrolleure können nur Rechtsanwälte, Notare, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer oder vereidigte Buchprüfer (oder von diesen gebildete Gesellschaften) sein. Emittenten müssen ein Mittelverwendungskonto einrichten, über das nur zusammen mit dem Kontrolleur verfügt werden darf. Dieser darf einer Verwendung erst zustimmen, wenn die vertraglich festgelegten Voraussetzungen vorliegen. Darüber hat der Mittelverwendungskontrolleur zu berichten und darzulegen, ob die Verwendung der Anlegergelder planmäßig erfolgte.

IV. Fazit

Die aktuellen Änderungen des VermAnlG bedeuten eine weitere Regulierung der Angebote und des Vertriebs. Reflexhaft werden Anlagen in den gesetzlichen Stand der Vermögensanlagen erhoben (rund um Edelmetalle), zudem gelten das Blindpool-Verbot und drittens die Pflicht zur Mittelverwendungskontrolle bei Sachgütern. Die Prospektpflichten wurden ausgeweitet und die Anforderungen an die Prospektierung erhöht. Daneben wird der Kreis der erlaubnisfreien Vermittlungstätigkeit weiter reduziert. Zwar nennt man den Kreislauf der erschwerten Anlagemöglichkeiten 'Stärkung des Anlegerschutzes', unternimmt letztlich jedoch nichts anderes als musterhafte abstrakte Reaktion auf konkrete Einzelskandale mit allzu oberflächlicher Begründung. Bei entsprechend pauschalen Erwägungen spielt es für den Gesetzgeber keine erkennbare Rolle, dass in die Freiheit des Vertriebs und der Gestaltung von Angeboten weiter eingegriffen wird. Es bleibt abzuwarten, wie lange die Katze mit der Maus überhaupt noch spielt.

Der 'k-mi'-Standpunkt 'Gegenwind' ist eine fortgesetzte Beitragsreihe unseres Autors Rechtsanwalt Daniel Blazek, BEMK Rechtsanwälte Blazek Ellerbrock Malar Kronsbein PartGmbB, Artur-Ladebeck-Str. 8, 33602 Bielefeld

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