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LG Oldenburg hält Bonnfinanz-Provisionsbedingungen für ungültig!

Ein aktuelles, noch nicht rechtskräftiges Urteil des LG Oldenburg vom 23.10.2008 (AZ: 15 O 1228/08) birgt Sprengstoff für die Zurich-Vertriebstochter Bonnfinanz, denn deren vertragliche Provisionsbedingungen mit ihren Vermittlern haben Feuer gefangen.

Doch der Reihe nach: Dem Gerichtsverfahren ging ein Streit zwischen dem Strukturvertrieb und einem selbst gekündigten Handelsvertreter voraus. Nach dessen eigener ordentlicher Kündigung erhielt der Vermittler eine "Haftungs/Stornohaftung" über rund 55.000 € mitgeteilt. Worauf der Vermittler einen umfassenden Buchauszug verlangte, weil er aus den ihm zur Verfügung gestellten Unterlagen die Provisionshaftungssumme nicht konkret berechnen konnte. Nachdem die Bonnfinanz dieser Forderung nicht nachkam und nur noch 50 % des jeweiligen Auszahlungsbetrages tatsächlich auszahlte, kündigte der Vermittler außerordentlich sein Vertragsverhältnis. Im Gegenzug verlangte u. a. die Zurich-Tochter von dem Ausscheidenden offenzulegen, welche Geschäfts- oder Vertragsvermittlungen der Vermittler zwischenzeitlich bei Konkurrenzunternehmen getätigt habe, unter Offenlegung der namentlichen Vorgänge.

Das LG Oldenburg kommt in seinen Entscheidungsgründen zu einem klaren Ergebnis – zugunsten des Ex-Bonnfinanzlers. Zunächst erkennen die Richter die außerordentliche Kündigung als wirksam an, weil die Bonnfinanz die Erstellung des Buchauszuges "(…) grundsätzlich abgelehnt hat (…) Es ist anerkannt, daß wesentliche Vertragsverletzungen des Unternehmers, wie etwa wiederholte Säumnis mit Abrechnungen und Zahlungen, unberechtigte Provisionsverkürzungen, eine fristlose Kündigung des Handelsvertreters rechtfertigen können, sofern diesem ein Zuwarten bis zum regulären Vertragsende nicht zuzumuten ist." Sodann knüpft sich das Gericht die Provisionsregelung der Zurich-Tochter vor, in der manifestiert ist: "Nach der Kündigung des Mitarbeitervertrages durch eine der Parteien beschränkt sich der Anspruch auf Zahlung von Provisionsvorschüssen auf das gesetzliche Mindestmaß. Die Bonnfinanz ist berechtigt, ab Ausspruch der Kündigung aus diesem Grunde 50 % der grundsätzlich an den Mitarbeiter auszuzahlenden Provision als zusätzliche Provisionsrückstellung einzubehalten."Der Vermittler erkennt hierin eine Knebelwirkung, weil dem Vertragsinhalt die Transparenz fehle, dieser keine Höhenbegrenzung vorsehe und somit eine Übersicherung eintrete.

Die Oldenburger Richter treffen zu dieser Provisionsregelung eine die Grundfesten der Bonnfinanz
belastende Feststellung, die den Zurich-Konzern vor unangenehme Argumentationsprobleme im
eigenen Lager stellen dürfte: "Nach Auffassung des Gerichts ist darüber hinaus die gesamte Regelung unterIX Abs. 4 der Provisionsvereinbarungen unwirksam. Sie berechtigt die Klägerin nach einer Kündigung grundsätzlich 50 % der Provisionen einzubehalten, unabhängig davon, ob noch eine offene Stornohaftung des Handelsvertreters besteht oder nicht. Zudem ist der Handelsvertreter sechs Monate nach seiner Kündigung an die Klägerin gebunden. Seine finanziellen Verpflichtungen laufen weiter, seine Einkünfte reduzieren sich aber gleichzeitig auf 50 %. Hierin liegt eine unangemessene Benachteiligung des Handelsvertreters in den als AGB gestalteten Vertragsbedingungen der Klägerin." Hinsichtlich der von der Bonnfinanz begehrten Auskünfte über die weitere geschäftliche Aktivität des Handelsvertreters nach seinem Ausscheiden, kann das Gericht kein hierzu notwendiges Feststellungsinteresse erkennen, womit auch in diesen Punkten der Vermittler vollumfänglich in diesem Verfahren obsiegte. Erfreut kommentiert der Münchener Rechtsanwalt Ekkehart Heberlein seinen für den Handelsvertreter errungen Gerichtserfolg: "Die Methode, Mitarbeiter, die sich von der Bonnfinanz trennen wollen, durch derartige Knebelverträge drangsalieren zu wollen, erinnert an die Praktiken übler Strukturvertriebe."

'k-mi'-Fazit: Die noch nicht rechtskräftige Landgerichtsentscheidung stellt für Handelsvertreter einen
ungemein wichtigen Erfolg dar. Denn oftmals finden sich deshalb in den Vertragsgrundlagen von Gesellschaften Knebelungspassagen, die einen Vertriebswechsel des faktisch nicht freien Handelsvertreters verhindern sollen, weil in diesen Fällen der Vermittler wirtschaftlich meist vor dem Nichts stehen würde. Es bleibt zu hoffen, daß die Oldenburger Entscheidung Rechtskraft erlangt und dannnicht nur der Zurich-Konzern seine internen Handelsvertreterverträge auf eine partnerschaftliche Basis umstellt.

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