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NÜRNBERGER: Versicherer verstrickt sich im Doppelleben – Zukunft ungewiss!

'k-mi' deckte frühzeitig und exklusiv für Sie die sich anbahnenden Einschnitte im Vertrieb der NÜRNBERGER Versicherung (NV) in 'k-mi' 42/19 auf ("Die Ruhe vor dem Vertriebssturm!"). Inzwischen kristallisiert sich die unter dem Projektnamen 'Vertrieb neu denken' laufende Vertriebsausrichtung mit Zielsetzung 2021 wie folgt heraus: ++ Aufteilung der Maklerbetreuung in die zentral gesteuerten Landesdirektionen Süd und Nord mit Zuständigkeitsbereichen für Schadens- bzw. Personenversicherung  ++ Generalagenturen werden in die Vertriebsregionen Nord-West, West, Süd-West und Süd-Ost eingeteilt ++ Auflösung aller noch verbliebenen 14 Bezirksdirektionen, denen rund 120 Mitarbeiter zugeordnet sind  ++ Jeder Makler wird von einem festen Maklerbetreuer für Schadens- als auch Personenversicherung betreut  ++ Schulungen erfolgen zukünftig überwiegend online ++ Auslagerung des Vertriebswegs Autohaus.

Doch welcher Sinn steckt hinter diesen Maßnahmen? Die NV verkauft die kosteneinsparende Umstrukturierung mit schnellen und direkten Kommunikationswegen. Alle Maklerbetreuer agieren zukünftig aus dem Homeoffice oder aus der Nürnberger Zentrale heraus, was aus unserer Sicht die Wege eher verlängern und zur Entfremdung gegenüber dem eigenen Vertrieb führen wird. Welches Vertriebskonzept verfolgt die NV?

Die Tendenz ist seit Jahren vorgegeben. CEO Dr. Armin Zitzmann hält es seit 2015 mit dem Ausscheiden von Dr. Hans-Joachim Rauscher auf Konzernebene nicht mehr für nötig, einen eigenständigen Vertriebsvorstand dort zu implementieren. Die Entwicklung ist abzulesen an den aufgelösten Außendienststellen, deren Zahl vor dem Jahr 2015 noch bei 63 lag! Im gleichen Zeitraum stürzten auch die Makleranbindungen ab. Die lenkende Oberaufsicht des Vertriebes übernimmt der CEO, den wir eher im Lager der Bürokraten als der vertrieblich begabten Menschen-Motivatoren sehen, damit mal so eben in Personalunion.

Eine vermutlich kapitale Selbstüberschätzung des Vorstandsvorsitzenden, es sei denn, der Konzern legt zukünftig eh keinen gesteigerten Wert mehr auf persönliche Kundenbetreuung via Vertriebskräfte und orientiert sich schwerpunktmäßig in Richtung Online-Absatzmärkte. Dafür bedarf es jedoch einer bekannten Marke, guter Produkte und einer zukunftsweisenden EDV.

 

Bei der öffentlichen Wahrnehmung scheint der Konzern mit Verweis auf ein "verhältnismäßig geringes Budget" selbst so seine Bedenken zu haben: "Denn um neue und gerade auch jüngere Kunden zu akquirieren, müssen diese uns als NÜRNBERGER erst einmal wahrnehmen“, heißt es entlarvend im Geschäftsbericht 2018 der NV. Tja, wer sein Geld als Hauptsponsor des wenig erfolgreichen 1. FC Nürnberg meint verbraten zu müssen, dem ist an der Stelle auch nicht zu helfen.

Was die Produktwelt anbelangt, darüber lässt sich trefflich streiten. Fakt ist, die für Herbst 2019 angekündigte neue Tarifgeneration ließ auf sich warten. Nun soll sie im Herbst 2020 endlich folgen, wenn es denn bis dahin klappt. Im Grunde handelt es sich dabei um ein Komplettversagen, weil wichtige Vertriebsressourcen vergrault werden.

Inwieweit hierfür die interne EDV mit verantwortlich ist, sei dahingestellt. Jedenfalls  ++ der elektronische Antrag  ++ die Anbindung an Maklerverwaltungsprogramme und  ++ die Umsetzung von alternativen Provisionsmodellen stellen Dauer-Großbaustellen dar. Hinter vorgehaltener Hand erfahren wir, dass unter COO Stefan Kreß, ein alter Spezi von Dr. Zitzmann aus gemeinsamen Gothaer-Zeiten, der 2016 den Digitalisierungsprozess mit einheitlichen Standards für die Betreuung von Kunden und Vermittlern auf den Weg bringen sollte, vieles nicht in geplanter Form zum Laufen gebracht wurde.

Was in der Vergangenheit lange Zeit gut funktionierte, war das interne Team um die Wiederanlagespezialisten (vgl. 'k-mi' 11/19). Dahinter steckt(e) folgende Masche: Kunden der NÜRNBERGER erhalten vor Ablauf ihrer LV-Versicherung ein Schreiben, in dem es heißt: "(…) Gerne beraten und unterstützen wir Sie bei Ihrer Entscheidung, wie Sie Ihr Geld künftig verwenden wollen. Unser kostenloser und unverbindlicher Service mit einer Analyse ihrer Versorgungssituation hat sich schon für viele Kunden ausgezahlt (…) Nutzen Sie unsere Kompetenz. Es lohnt sich für Sie. Ein Anruf bei Ihrem Vermittler oder bei uns genügt."

Angeblich schreibt der Versicherer "seit Jahren nicht mehr direkt" die Kunden von Maklern an, "wenn dies so mit dem Vertriebspartner vereinbart ist". Nur, welcher Versicherungsmakler weist seinen Versicherer auf eine Selbstverständlichkeit hin und wer rechnet damit, dass sein Versicherer im eigenen Kundenbestand – vertragswidrig und gegen Maklerrechte verstoßend – wildern geht? An diesem Schildbürgerstreich ändert sich aus unserer Sicht auch dann nichts, wenn es sich bei der Kundeninformation um ein standardisiertes Schreiben handelt, das unabhängig vom Betreuer an alle Kunden geht und auch zusätzlich an den jeweiligen Makler.

Denn solange die Maklervollmacht besteht, handelt es sich ganz alleine um den Kunden des Maklers, den kein Versicherer dieser Welt so mal eben im Vorbeigehen beraten darf! Und die ganze Angelegenheit bekommt einen noch viel größeren Beigeschmack, wenn man berücksichtigt, dass die NÜRNBERGER angestellte Wiederanlagespezialisten (WAS) gezielt als "Verkäufer" mit "Verkaufsauftrag" losschickte. Um den "Entscheidungsdruck" beim Kunden zu erhöhen, wurden frühzeitig Ablaufschreiben unter den Tisch gekehrt. Ganz perfide, damit der Beraterwechsel ganz 'sauber festgehalten' ist, wurde der Neuabschluss mit Vermerk des vorgelagerten und ausdrücklichen Beratungswunsches des Kunden festgehalten! All diese Vorgänge hatte 'k-mi' für Sie in einer breiten Berichterstattung aufgedeckt (vgl. zuletzt 'k-mi' 11/2019).

Zuletzt soll das Geschäft mit der Wiederanlage jedoch schläfriger verlaufen sein. Doch damit scheint es nicht gänzlich vom Tisch zu sein. Denn jetzt halten Sie sich bitte fest: Ende vergangenen Jahres schied Jürgen Wahner, ehemaliger Vertriebsvorstand bei der NÜRNBERGER Leben und NÜRNBERER Allgemeine Versicherung, beim Versicherer aus. Inzwischen hat Wahner (51 % der Gesellschaftsanteile) zusammen mit der NÜRNBERGER Verwaltungsgesellschaft mbH (49 %) mit dem Status 'Gebundener Versicherungsvertreter nach § 34 d Abs. 7 GewO' die InsureDirect24 Assekuranz GmbH Versicherungsvermittler/Schwabach gegründet.

Neben Wahner sitzt dort noch Gerlinde Wanke, oberste Kraft der NV im Bereich Steuern, mit in der Geschäftsführung. Weitere Mitarbeiter sind uns nicht bekannt. Der Clou an diesem Vehikel ist, dass auf diese Gesellschaft ca. 30.000 Ein-Vertrags-Kunden übertragen wurden. Wir fragen u. a. Dr. Zitzmann, ob  ++ und wie dies rechtens ist  ++ die InsureDirect24 Assekuranz GmbH damit das seit vielen Jahren betriebene Wiederanlage-Geschäftsmodell der NÜRNBERGER Versicherung übernimmt  ++ die InsureDirect24 Assekuranz GmbH in den Maklerstatus wechseln wird, um sodann die überführten Kundenbestände beraten zu können  ++ es sich bei diesem Vorgang um eine Mitgift im Zuge des Ausscheidens von Wahner als Vorstandsmitglied bei der NÜRNBERGER Versicherung handelt  ++ sichergestellt ist, dass die übertragenen Kunden in keiner anderweitigen Maklerbetreuung stehen ++ die InsureDirect24 Assekuranz GmbH als Spielfeld für geplante Online-Aktivitäten der NÜRNBERGER Versicherung dient.

Pauschal erhalten wir folgende Antwort der Versicherung: "Die NÜRNBERGER Versicherung legt großen Wert darauf, dass ihre Kunden qualifiziert betreut werden. Sie hat deshalb Verträge von Ein-Vertrags-Kunden, bei denen es keinen betreuenden Vermittler mehr gibt, an die InsureDirect24 übertragen. Vor allem mittels Online-Tools will InsureDirect24 sicherstellen, dass diese bislang unbetreuten Kunden gemäß ihrer individuellen Lebenssituationen abgesichert sind. Beim Umgang mit Verträgen und Kundendaten werden selbstverständlich alle rechtlichen und aufsichtsrechtlichen Vorschriften eingehalten.

Die NÜRNBERGER baut mit 'Vertrieb neu denken' ihren Vertrieb so um, dass die Vermittler künftig noch mehr Unterstützung durch die NÜRNBERGER erfahren. Dabei bleibt die bewährte Makler-Betreuung durch jeweils zwei Experten, je einer für die Personen- und eine für die Sachversicherungen, bestehen. Wir bauen Hierarchiestufen ab. Makler bekommen dadurch die Möglichkeit, sich noch besser um ihr Geschäft, die Betreuung von Kunden, zu kümmern.“ Zwischenzeitlich gab der Maklerpool Jung, DMS & Cie. bekannt, mit der InsureDirect24 Assekuranz einen exklusiven Kooperationsvertrag über die Abwicklung und Abrechnung der Verträge über die eigene Plattformtechnologie abgeschlossen zu haben. Künftiges Neugeschäft erfolgt sodann über die JDC-Infrastruktur.

'k-mi'-Fazit: Wurden Ihnen einmal 30.000 Kundenverträge von einem Versicherungsunternehmen angeboten bzw. sogar übertragen? Und wenn es kommt, wie 'k-mi' zugetragen wurde, wie soll es der bisherigen 2-People-Firma InsureDirect gelingen, eine derartige Masse an Kunden als Makler kundengerecht und "qualifiziert" zu betreuen? Ganz zu schweigen davon, ob diese Bestandsübertragung rechtssicher abgelaufen ist und ob dabei nicht gegen bestehende Maklerverbindungen verstoßen wurde.

Wie schlimm muss es um die NÜRNBERGER Versicherung eigentlich bestellt sein, um einen solchen Deal vorzunehmen? Vertriebspartner müssen sich einmal wieder vor Augen halten, ob sie sich ihr eigenes Grab schaufeln, wenn sie Neugeschäft diesem Versicherer zuführen, das später möglicherweise in andere Kanäle umgeleitet wird.

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