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P&R: Was bedeutet die Post vom Insolvenzverwalter?

Wie bereits in 'k-mi' 15/19 angekündigt, erhalten die 54.000 P&R-Anleger in diesen Tagen Post von den Insolvenzverwaltern der Kanzlei Jaffé. Die Insolvenzverwalter bieten den Anlegern im Wege einer Vergleichsvereinbarung die Feststellung ihrer Forderungen im Insolvenzverfahren an. Dies hat für die P&R-Anleger folgende Vorteile: Mögliche Verzögerungen und langwierige Rechtsstreitigkeiten bezüglich der Forderungsanmeldung würden zunächst vermieden. Die Anleger erhalten dadurch zudem die Möglichkeit, an der ersten Abschlagsverteilung teilzunehmen, die bereits für das Jahr 2020 vorgesehen ist. Mit dieser Ankündigung ist eine weitere positive Nachricht verbunden: Nach aktuellen Infos der Insolvenzverwalter wurden bereits 110 Mio. € für die Anleger gesichert. Im laufenden Jahr werden rd. 150 Mio. € erwartet. Die Zahlen lassen annehmen, dass das laufende Mietgeschäft der – anstatt aus 1,6 Mio. verkauften nur ca. 618.000 real existierenden Containern bestehenden – P&R-Flotte operativ halbwegs intakt ist!

Die Vorteile (Forderungsfeststellungen und baldige Abschlagszahlungen) können Investoren im Rahmen der Vergleichsvereinbarung jedoch nur unter folgenden drei wesentlichen Voraussetzungen und Bedingungen in Anspruch nehmen:  ++ 1. eine "überragende Mehrheit der Gläubiger", die  nicht weiter spezifiziert wird, stimmt dem Vergleich zu. Die Gläubigerausschüsse empfehlen bereits eine Zustimmung  ++ 2. Investoren akzeptieren die neue Forderungsberechnung, die von 'Nichterfüllung' auf 'negatives Interesse' umgestellt wird. Dies heißt,  dass Anleger nicht mehr (wie im Sommer 2018 zur Beschleunigung des Verfahrens erfolgt) die von P&R zugesagten und in Aussicht gestellten Zahlungen als Forderungen anmelden, sondern nur das investierte Kapital abzgl. bisheriger Auszahlungen (zzgl. einer 4%igen Verzinsung des pro Quartal gebundenen Kapitals sowie eines pauschalen Aufschlags). Zur Begründung der Forderungsanpassung, die überwiegend eine Reduzierung darstellt, wird darauf verwiesen, dass vor allem der oft unverbindlich prognostizierte Rückkaufpreis des Containers nicht einfach als Forderung gelten könne: "Die weitere Aufarbeitung hat bestätigt, dass aufgrund nicht zu beseitigenden tatsächlichen und rechtlichen Unsicherheiten, nicht eindeutig festgestellt werden kann, in welcher Höhe den Gläubigern Schadenersatzforderungen wegen Nichterfüllung zustehen. Es ist schlicht unklar, woran sich ein solcher Anspruch zu orientieren hätte. Insbesondere, weil nicht verbindlich feststeht, wie hoch der Rückkaufspreis der Container anzusetzen ist." 

++ 3. Der P&R-Anleger soll sich zudem verpflichten, "keine Ansprüche im Zusammenhang mit seiner Anlage bei der Gesellschaft in den Insolvenzverfahren über andere deutsche P&R-Gesellschaften oder gegenüber der P&R Equipment & Finance Corp geltend zu machen und solche Ansprüche auch nicht abzutreten". Gleichzeitig sind Anfechtungsansprüche bzw. mögliche Rückzahlungsforderungen seitens des Insolvenzverwalters nicht Gegenstand des Vergleiches. Diese Bedingung ist sicherlich am schwersten zu verdauen. U. a. werden sich P&R-Anleger die naheliegende Frage stellen: Wieso im Vergleich auf Aus- und Absonderungsrechte oder Ansprüche gegen die Schweizer P&R Gesellschaft verzichten, wenn sich die Insolvenzverwaltung die Anfechtung vorbehält? Letztere halten dem in ihren aktuellen FAQs u. a. entgegen, dass beide Aspekte nicht zu vermengen seien: "Eine Verknüpfung der Anfechtung mit der Frage von Aus- oder Absonderungsrechten oder mit der Schweizer P&R Gesellschaft (...) ist nicht sachgerecht, denn das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Der Gläubiger kann sich durch den Abschluss des Vergleichs in Bezug auf die Anfechtung nicht schlechter stellen."

Beim Thema 'Anfechtungen' halten sich diese weiterhin bedeckt, "da es keine gesicherte Rechtsprechung dazu gibt, ob an die Anleger geleistete Zahlungen anfechtbar sind". Immerhin beabsichtigen die Verwalter "aber auch nicht, umgehend nach Abschluss des Vergleichs alle Anleger aus Anfechtung in Anspruch zu nehmen oder alle Anleger nunmehr zur Rückzahlung der erhaltenen Beträge aufzufordern". Statt dessen soll die Frage zeitnah in Musterprozessen geklärt werden. Dies werten wir positiv, da nicht mit Urteilslisten eine Drohkulisse aufgebaut und anschließend Zahlungsverweigerer vor den Kadi gezogen werden. Klar ist, dass eine sog. Anfechtung der P&R-Zahlungen der letzten vier Jahre vor der Insolvenz zu einer gigantischen Umverteilung zum Nachteil der Investoren aus früheren Jahren führen sowie weitere Problemkreise aufwerfen würde, nämlich:  ++ Wie schnell kann überhaupt ein rechtskräftiger Muster- bzw. Pilotentscheid herbeigeführt werden, und wie verbindlich ist dieser? ++ Werden auch die wiederangelegten P&R-Auszahlungen zurückgefordert oder kann der Anleger sich hier zur Abwehr auf den sog. Entreicherungseinwand gemäß BGB § 818 Abs. 3 berufen?  ++ Nicht zuletzt würden mit einer Rückforderung auch viele Personen in das Insolvenzverfahren hineingezogen, die ihr Investment bei P&R in den vier Jahren vor der P&R-Insolvenz planmäßig beendet und nicht wiederangelegt haben.   

Optional bietet die Kanzlei Jaffé in einer 'Hemmungsvereinbarung' die wechselseitige Verjähungshemmung gegenseitiger ggf. noch nicht bekannter Ansprüche an, "um auch im Interesse der Gläubiger jeden unnötigen zeitlichen Druck zu vermeiden". Vor allem würde dies die Möglichkeit eröffnen, die Frage der Anfechtungsansprüche zu klären, ohne dass vor deren Verjährung am 31.12.2021 für die Anleger nachteilige Maßnahmen erfolgen müssten. Zur Begründung für den im Vergleich enthaltenen Anspruchsverzicht u. a. gegen die nicht insolvente Schweizer P&R-Gesellschaft führen die Insolvenzverwalter insbesondere an, "deren Stabilität und Geschäftsbetrieb ungestört" fortsetzen zu können. Ein von den Verwaltern zitiertes Urteil des LG München II habe zudem festgestellt, dass den Anlegern auch im Wege der Abtretung keine Ansprüche gegen die Schweizer P&R zustehen, da es an dem entsprechenden Eigentumsnachweis mangele. In diesem Zusammenhang kündigen die Verwalter an, Anleger mit und ohne 'Zertifikat' gleich zu behandeln, auch weil die Angaben in den Zertifikaten oft unzuverlässig seien. P&R-Anleger mit Container-Zertifikat, die sich auf ihre Sonderrechte daraus berufen möchten, müssen sich also auf Gerichtsverfahren einstellen, da die Insolvenzverwalter "keine Sondervorteile ohne gerichtliche Klärung des Einzelfalls gewähren" können. 

Wie bewerten nun Anwaltskanzleien, die P&R-Investoren vertreten, die aktuellen Rundschreiben? Die Kanzlei Schirp/Berlin urteilt wie folgt: "Die Hemmungsvereinbarung kann jeder Anleger – Zertifikatinhaber oder nicht – unbesorgt unterzeichnen. Wer diese Hemmungsvereinbarung nicht unterzeichnet, zieht nur frühzeitige rechtliche Auseinandersetzungen auf sein Haupt. Damit ist nichts gewonnen. Soweit es um die Vergleichsvereinbarung geht, die Dr. Jaffé ebenfalls einfordert, ist zu unterscheiden, ob die Anleger für ihre Container ein Eigentums-Zertifikat haben oder nicht. Wer kein Zertifikat hat, kann den Jaffé-Weg in vollem Umfang mitgehen und beide Vereinbarungen unterzeichnen. Die Zertifikatinhaber allerdings haben Veranlassung, die Vergleichsvereinbarung nicht zu unterzeichnen. Denn sie würden damit ihre Sonderrechte aufgeben." Die Kanzlei Göddecke/Siegburg sieht den Anspruchsverzicht im Rahmen des Vergleichs generell kritisch: "Da Sie gleichzeitig erklären sollen, vor allem gegen die E&F keine Ansprüche geltend zu machen, verlieren Sie unter Umständen eine wichtige 'Versicherung' für den Fall der Anfechtungsklagen durch die Insolvenzverwalter. Bei Klagen der Insolvenzverwalter haben Sie möglicherweise einen Aspekt der Verteidigung dann nicht mehr. Ob dies jemals nötig sein wird, lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen. Tatsache ist aber, dass Sie nach unserer Auffassung letztlich auf eine 'Versicherung' verzichten sollen, von der zwar noch nicht klar ist, ob sie benötigt wird und/oder ob sie greift, die Sie im Moment aber auch nichts kostet. Aus welchem vernünftigen Grund sollten Sie also darauf verzichten?“

Die Kanzlei Mattil/München kommentiert den Vergleich wie folgt und rät zur Gelassenheit bei den Anfechtungen: "Selbst wenn Anleger Ansprüche gegen die Schweizer P&R Equipment & Finance begründen könnten, würde das keinen rechtlichen oder wirtschaftlichen Vorteil bringen. Den Nachweis des Eigentums kann ein Anleger nicht ansatzweise erbringen. Bei Magellan – bei der RA Mattil ebenfalls im Gläubigerausschuss ist – war die Situation völlig anders: Praktisch alle Container waren vorhanden und intern den Anlegern zugeordnet. Die im Raum stehenden Ausschüttungsrückforderungen sollte man gelassen nehmen  Die Rechtsprechung zu Scheingewinnen passt hier nicht und es bestehen gute Aussichten, die Klagen abzuwehren. Bis der BGH über ein Pilotverfahren (kein Musterverfahren!) entscheidet, werden Jahre vergehen und dann kann der Einzelne immer noch individuelle Einwendungen geltend machen, vor allem den der Entreicherung, wie etwa eine Re-Investition."

'k-mi'-Fazit: Der überwiegende Teil der Anleger dürfte durch die Annahme des Jaffé-Vergleichsangebotes und der Hemmungsvereinbarung seine Position nicht grundsätzlich verschlechtern. Demgegenüber winkt bis auf weiteres ein juristischer Burgfrieden sowie die Hoffnung auf eine erste Auszahlung im nächsten Jahr. Aussagen zu einer möglichen Insolvenzquote sind natürlich verfrüht, aber immerhin scheint das operative Management der existierenden P&R-Containerflotte nahezu intakt zu sein, so dass mit einer teilweisen Schadenskompensation zu rechnen ist. Die drohende Rückforderung von Auszahlungen ist nach bisherigem Stand zudem erst mal auf 'die lange Bank geschoben' bis zum Abschluss des Pilotverfahrens. Anleger in Sondersituationen (z. B. Zertifikatsbesitzer) stehen natürlich vor der Aufgabe, den Anspruchsverzicht genau zu prüfen und die 'Taube auf dem Dach, Spatz in der Hand'-Abwägung zu treffen. Noch weitgehend unklar ist zudem, wie die Zahlungen der Schweizer P&R zwischen den insolventen deutschen P&R-Gesellschaften verteilt werden. Aber auch diese Frage wird um so schneller geklärt, je reibungsloser die Forderungsanmeldung vonstatten geht.

Das aktuelle P&R-Musterschreiben und FAQs können Sie hier als PDF runterladen.

 

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