k-mi – Aktuelle Themen

Provisionsverbot: Schlacht der Studien auf dem Höhepunkt!

Den Auftakt des Studien-Reigens machte im letzten Jahr die sog. Kantar-Studie der EU-Kommission. Trotz gravierender Rechenfehler enthält die teilweise überarbeitete Kantar-Studie bei neutraler Herangehensweise inhaltlich viele Argumente und Aspekte gegen ein Provisionsverbot. Aber durch den Duktus der Darstellung (für Anleger gilt 'Geiz ist geil', egal ob mit Beratung oder ohne) lieferte die Studie der Anti-Provisions-Fraktion in der Politik allerdings eine Steil-Vorlage für die üblichen Äpfel und Birnen-Vergleiche (vgl. 'k-mi' 10/23). Vor wenigen Wochen legte dann die Uni Regensburg eine weitere Studie vor, die z. B. von sogenannten Verbraucherschützern freudig aufgegriffen wurde, da sie mit der konkreten Forderung eines Provisionsverbots seitens der Studienautoren verknüpft ist. Die Hauptprobleme der Regensburg Studie sind aber: Sie unterstellt – auf Ebene der Verbraucher – durch Provisionsberatung Kostennachteile, die nicht mit den viel genaueren Langfrist-Daten der ESMA in Übereinstimmung zu bringen sind (vgl. 'k-mi' 16/23). Abgeleitet werden sollen diese Kostennachteile u. E. durch die relativ freizügige statistische Bearbeitung von OECD-Daten zum Finanzvermögen privater Haushalte. Methodisch fragwürdig ist diese Betrachtung der Uni Regensburg wohl vor allem deshalb, da Vermögenszuwächse in bestimmten Ländern hauptsächlich durch Kosteneinsparungen für Anleger durch Provisionsverbote erklärt werden. Dies ist allein schon deshalb problematisch, da solche Kosteneinsparungen – wenn überhaupt vorhanden – im wesentlichen nur Neuanlagen betreffen würden und nicht den Löwenanteil des Bestandsgeschäfts. Eine Kausalbeziehung zwischen der Einführung eines Provisionsverbots mit Vermögenszuwächsen ließe sich somit nur mit großer Verzögerung bzw. in kaum messbarem Umfang konstruieren. 'k-mi' hat deshalb in der heute startenden zweiteiligen Beilagen-Serie einen unvoreingenommenen Blick auf die OECD-Daten geworfen: Um es etwas vorwegzunehmen: Der ungefilterte Blick auf die OECD-Daten – also ohne intransparente statistische Modifikationen – liefert keine Belege für die Behauptungen der Regensburger Studie.   

Heute beleuchten wir eine von noch zwei qualifizierten Studien, die hoffentlich zusätzlich zur Ver­sachlichung der sehr ideologisch bestimmten Verbotsdebatte beitragen:

Insbesondere finanzmathematisch vertieft werden diese aktuellen Erkenntnisse durch eine Studie des ifa Institut für Finanz- und Aktuarwissenschaften/Ulm im Auftrag des Bundesverbandes Deutscher Vermögensberater (BDV). Dazu Dr. Helge Lach, Vorsitzender des BDV: "Die Aussage in der Kantar-Studie, nach der ein Anlageprodukt ohne Provision mehr Rendite erwirtschaften kann als eines mit Provision, ist banal. Auch wird damit der Eindruck erweckt, Beratung sei kosten- und damit wertlos. Die Studie unterlässt es insbesondere, Renditeverluste durch alternative Vergütungsformen, beispielsweise Honorarzahlungen vergleichend den Provisionen gegenüberzustellen. So wird ein sehr einseitig negatives Bild von Provisionen gezeichnet, das förmlich zu Fehlinterpretationen einlädt. Wir haben deshalb das renommierte ifa (Institut für Finanz- und Aktuarwissenschaften) gebeten, auf der Grundlage von Provisions- und Honorarmodellen in Deutschland Vergleichsrechnungen anzustellen."

Die Berechnungen kommen zu einem recht klaren Bild. Das ifa vergleicht dabei die Kosten des Verbrauchers bei Provisionsberatung mit denen bei unterschiedlichen Honorarmodellen und Nettotarifen. Dabei zeigt sich beispielsweise in einem Praxisbeispiel, dass der Verbraucher bei monatlichen Sparraten von unter 100 € mit der Provision stets günstiger abschneidet. Bei einer in der Altersvorsorge typischen Vertragslaufzeit von 20 Jahren ist das Provisionsmodell sogar bis zu einem monatlichen Beitrag von 186 Euro günstiger. Dazu Professor Dr. Jochen Ruß, GF des ifa und Mitautor der Studie: "Aus unseren Analysen ergibt sich eine klare Empfehlung: Gerade für Kleinanleger, die im Rahmen der Kleinanlegerstrategie besser geschützt werden sollen, ist die Provision meistens das günstigere Modell, wenn es um langfristige Sparvorgänge, Kosten und Rendite geht. Ein Provisionsverbot würde demnach dem Kleinanleger schaden und nicht nutzen."

Das ifa plädiert daher für eine 'Koexistenz von Provision und Honorar': "Für den Verbraucher sind weder Provision noch Honorar immer die kostengünstigere Variante. Dies spricht klar für ein Nebeneinander der Vergütungsformen mit Wahlfreiheit.“ Dies gilt im Übrigen auch aus zahlreichen weiteren Gründen. Beispielsweise können mögliche Fehlanreize von jedem Vergütungssystem, also auch von Honoraren, ausgehen. "Daher ist es nicht zwingend gewährleistet, dass alternative Vergütungsmodelle immer zu besseren Empfehlungen für den Verbraucher führen", so Ruß.

Das ifa weist darüber hinaus auf weitere Defizite in der Kantar-Studie hin: Diese zeichne auch insofern ein unvollständiges Bild, als Versicherungsprodukte bei den relevanten Kostenvergleichen nicht berücksichtigt werden. Aber auch bei diesen werden Beratung und Service mit Provisionen vergütet, und sie spielen gerade in der Altersvorsorge der Kleinanleger eine große Rolle. Es ist deshalb nicht ausgeschlossen, dass ein Provisionsverbot auch hier greifen könnte. Die Kantar-Studie liefert dazu aber keinerlei Erkenntnisse. "Wir können vor diesem Hintergrund nur dringend dazu raten, die Kantar-Studie nicht als Grundlage für eine Provisionsdiskussion heranzuziehen", so BDV-Vorsitzender Dr. Lach: "Denn vergleichbare Ergebnisse wie die der ifa-Studie sind auch für andere große Finanzmärkte der EU mit Provisionsberatung zu erwarten. Nach unserer Auffassung sollten deshalb die Berechnungen und Schlussfolgerungen des ifa bedacht werden, wenn Kleinanleger in der EU besser geschützt werden sollen."

'k-mi'-Fazit: Welche Schlussfolgerungen die EU-Bürokratie nun aus den diversen, teils eigenen Studien zieht, wird voraussichtlich erst Ende Mai deutlich: Die Vorstellung der neuen EU-Kleinanleger-Strategie wurde vom 03.05. (zunächst) auf den 24.05.2023 verschoben. Wenn es dabei um fachliche und nicht um ideologische Erwägungen gehen soll, müsste eine Provisionsverbot – so unsere Wahrnehmung der Studienlage – eigentlich in der Schublade bleiben. Die ersten Meldungen aus Brüssel besagen nun auch, dass ein generelles Provisionsverbot zunächst vom Tisch ist! Allerdings bleibt abzuwarten, ob Sachargumente in Brüssel auch langfristig die Oberhand gewinnen! In der nächsten Woche gehen wir zudem auf die aktuelle cep-Studie ein, die ein Provisionsverbot ebenfalls ablehnt.

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