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Sharewood Switzerland: Welches Recht gilt für Investoren?

Vor kurzem wurde bekannt, dass die Staatsanwaltschaft III des Kantons Zürich gegen Verantwortliche der ShareWood Switzerland AG ein Ermittlungsverfahren wegen des Vorwurfs des gewerbsmäßigen Betruges führt. 'k-mi' hatte seit dem Jahr 2007 wiederholt vor Sharewood gewarnt (vgl. 'k-mi' 33C/07, 38/10 u. 05C/14). Faktisch hat die Schweizer Justiz nun auch mit dem Abschalten der Sharewood-Homepage dem Direktvertrieb des Anbieters nach außen den Stecker gezogen. Im Hintergrund laufen allerdings schon länger juristische Auseinandersetzungen zwischen deutschen Investoren und dem dubiosen Schweizer Anbieter von Waldinvestments vor allem in Brasilien. Einer der wichtigen Knackpunkte, um den es dabei geht, ist die Frage, welches Recht hier überhaupt zur Anwendung kommt: Deutsches, brasilianisches oder Schweizer Recht? Oder eine Mischung von allem?

Zuletzt hat sich mit dem LG Hannover (Az. 11 O 3/20) ein deutsches Gericht zur Standortfrage geäußert: Das LG hat allerdings die Klage auf Rückzahlung bei einem Sharewood-Bauminvestment in Brasilien abgewiesen und entschieden, dass die Kläger – trotz eines teilweisen Totalverlustes der gekauften Bäume – kein Geld zurückerhalten. Dabei hat das LG die Klage mit einem bemerkenswerten Tenor abgewiesen: Es geht u. a. davon aus, dass den Klägern wegen Zeitablaufs kein Widerrufsrecht mehr zusteht. Eine Hinweispflicht auf die Möglichkeiten eines Totalverlustes bei dem Bauminvestment habe nicht bestanden, weil sich den Käufern ein solches Risiko bei vernünftiger Betrachtung des Investments hätte aufdrängen müssen, so das Landgericht. Auch hätte Sharewood nicht offenbaren müssen, dass der Geschäftsführer Peter Möckli bereits für ein anderes Unternehmen tätig gewesen war, nämlich Prime Forestry, bei dem Anleger zuvor geschädigt wurden.

Das LG hat nicht zuletzt "über Fragen des Internationalen Privatrechts" entschieden. Es kommt zum Ergebnis, dass zur Frage des Baumerwerbs brasilianisches Recht und im übrigen deutsches Recht anzuwenden sei. Die Anwendbarkeit des Schweizer Rechts, welches eigentlich zwischen den Parteien vertraglich vereinbart war, hat die Kammer verneint. Gemäß deutschem Recht bzw. BGB, so das LG Hannover in der Begründung, "erlischt das Widerrufsrecht spätestens zwölf Monate und 14 Tage nach der 'Lieferung', die hier mit der Übersendung der 'Baumurkunde' mittels Schreiben vom 06.07.2015 erfolgt war. Mithin war ein etwaiges Widerrufsrecht jedenfalls am 19.07.2016 erloschen und konnte nicht mehr am 30.09.2019 ausgeübt werden'. Bei der Frage der möglichen Täuschung hinsichtlich des Eigentumerwerbs komme jedoch nun – zum Nachteil der Anleger – brasilianisches Recht zum Tragen: "Die Beklagte hat die Kläger nicht hinsichtlich des Eigentumserwerbs an den Bäumen getäuscht. Denn die Kläger haben infolge der vertraglichen Vereinbarungen mit der Beklagten Eigentum an den Teak- und Balsabäumen in Brasilien erworben. Der Eigentumserwerb ist nach brasilianischem Recht vollzogen worden. Die ausweislich der vertraglichen Vereinbarung der Parteien zur Abholzung und zum anschließendem Verkauf bestimmten Bäume unterfallen nach brasilianischem Recht der Kategorie der sog. antizipierten Mobiliargüter und sind rechtlich wie Mobiliargüter gemäß Art. 82 des brasilianischen Coìdigo Civil (...) und nicht wie Immobilien zu behandeln."

Die Konsequenzen, die sich daraus ergeben, umschreibt das Gericht wie folgt: "Demnach sind auf die Frage der Eigentumsübertragung der Teak- bzw. Balsabäume die Vorschriften über die Übereignung von Mobiliargütern anzuwenden. Das brasilianische Recht kennt kein dem deutschen Recht vergleichbares Trennungs- und Abstraktionsprinzip (…) Eine Eintragung in ein öffentliches Register ist dabei keine Wirksamkeitsvoraussetzung für einen Eigentumsübergang". Ausgehend von diesen Grundsätzen, so das LG Hannover, "ist das Eigentum an den Bäumen von der Beklagten auf die Kläger übertragen worden", so dass die Ansatzpunkte einer Klage gegen Sharewood, die sich auf Täuschung berufen, ins Leere gehen würden. 

Das LG Hannover teilt uns gegenüber jedoch aktuell mit, dass diese Entscheidung noch nicht rechtskräftig, sondern am OLG Celle zur Berufung anhängig ist. Ob sich die Chancen damit verbessern, ist ungewiss, zumal das OLG Koblenz (Az. 6 U 1582/19) in einer vergleichbaren Sache zuvor schon einmal Ende des Jahre 2020 gegen Anleger bzw. Kläger aus ähnlichem Grund entschieden hatte. In der Begründung des OLG Koblenz heißt es fast gleichlautend mit dem LG Hannover: "Das Landgericht Mainz hat die Klage abgewiesen. Die Beklagte habe den Kläger nicht getäuscht. Vielmehr habe dieser Eigentum an den Bäumen erworben. Denn auf den Vertrag sei brasilianisches Recht anzuwenden und hiernach könne das Eigentum an Nutzbäumen getrennt vom Eigentum am Grund und Boden übertragen werden. Der Vertrag sei daher auch nicht sittenwidrig. Diese Rechtsauffassung hat der Senat bestätigt und die gegen das erstinstanzliche Urteil gerichtete Berufung des Klägers zurückgewiesen." Weiter führt das OLG Koblenz aus: "Folglich habe die Beklagte dem Kläger das Eigentum an den Bäumen der Plantage – anders als im deutschen Recht – auch ohne die Übereignung des Grundstücks verschafft und diesen nicht getäuscht. Der Kläger könne daher den Vertrag weder anfechten noch sich auf eine Sittenwidrigkeit des Rechtsgeschäfts berufen."

Die Aussichten für betroffene Sharewood-Anleger sind also alles andere als rosig! Ob aus dem aktuellen Ermittlungsverfahren gegen Sharewood in der Schweiz zeitnah neue Erkenntnisse resultieren, die für deutsche Privatanleger in ihren Zivilverfahren hilfreich sind, ist mehr als fraglich. Zudem gilt für die Beschuldigten die Unschuldsvermutung! Unabhängig davon hatte 'k-mi' schon seinerzeit auf die ausländischen Rechtsrisiken in unseren Analysen von Sharewood hingewiesen. So warnten wir im Prospekt-Check aus dem Januar 2014 zu Sharewood-Holzinvestments in Brasilien, dass "der Käufer (= der Anleger) sich verpflichtet, die lokalen Gesetze in Brasilien im Zusammenhang mit der Landbewirtschaftung einzuhalten, ohne diese überhaupt zu kennen, und  ++ z. B. Übereinkommen für den internationalen Warenverkauf ausgeschlossen werden" (vgl. 'k-mi'-PC 05/14).

Einen letzten Hoffnungsschimmer können Sharewood-Investoren ggf. daraus ziehen, dass es aus Österreich ein Vorabentscheidungsersuchen des Obersten Gerichtshofs (Österreich) an den EuGH gibt zur Zuständigkeit in Sachen ShareWood Switzerland AG (Rechtssache C-595/20). "Der Hauptgrund für die ausschließliche Zuständigkeit der Gerichte des Staats, in dem die unbewegliche Sache belegen ist", heißt es dazu im Vorabentscheidungsersuchen, "besteht darin, dass das Gericht des Belegenheitsorts wegen der räumlichen Nähe am besten in der Lage ist, sich gute Kenntnis über die Sachverhalte zu verschaffen und die insoweit geltenden Regeln und Gebräuche anzuwenden, die im Allgemeinen die des Belegenheitsstaats sind (…) Überlegungen zum Schutz des Verbrauchers sollen im Vergleich dazu zurücktreten (…) Ob das vorliegende Investitionsmodell in Bäume aber ein Abgehen vom kollisionsrechtlichen Verbraucherschutz rechtfertigt, erscheint fraglich." Ein weiterer 'Strohhalm' besteht darin, dass zuletzt z. B. das LG Frankfurt (Az. 2-04 O 214/18) und andere Landgerichte sowie aktuell auch das OLG Dresden (Az. 8 U 438/21) für die Investoren entschieden haben. Für diese Entscheidungen war jeweils ausschlaggebend, dass die Gerichte die Baumkaufverträge als Finanzdienstleistungen bzw. als Geldanlage nach deutschem Recht einstuften, so dass je nach Zeitpunkt Widerrufsfristen noch nicht verstrichen waren. Welche Rechtsprechung sich letztendlich durchsetzt, bleibt abzuwarten.

'k-mi'-Fazit: Der Fall 'Sharewood' wird wohl zu einem der nächsten großen Schlachtfelder der Anlegeranwälte. Sofern Sie Kunden kennen, die betroffen sind, klären Sie diese über juristische Fallstricke der möglichen ausländischen Rechtskreise auf, damit diese ihre Aussichten realistisch abschätzen können, per Anlegeranwalt sich in der Schweiz ihr Geld zurückzuholen – sofern dort überhaupt noch etwas zu holen ist. Nicht zuletzt waren die ausländischen Rechtsrisiken immer ein Hauptgrund, warum 'k-mi' vor vielen dubiosen exotischen Holzinvestments wie Prime Forestry, Sharewood oder Lignum etc. früh und eindringlich gewarnt hatte!

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