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Swiss Life: Scheinheilige Strukki-Verkaufs-Methoden

Das Geschäftsjahr 2022 schloss der mehr als 160 Jahre alte Versicherer Swiss Life mit einem bereinigten Betriebsgewinn von 2,06 Mrd. CHF (+17 % gegenüber Vorjahr) ab. Den Zugewinn wird Rolf Dörig, Präsident des Verwaltungsrats der Swiss Life, wohlwollend zur Kenntnis nehmen, wohingehend das Segmentergebnis Deutschland dem Schweizer Boss eher Sorgenfalten bereitet. Dieses schrumpfte nämlich im Jahr 2022 im Vergleichszeitraum um -28 % auf 178 Mio. CHF, was den Ergebnisdruck auf den Swiss Life Deutschland-Chef-Vasallen Jörg Arnold im laufenden Geschäftsjahr nicht mindern dürfte. Um seine Ziele zu erreichen, setzt der Versicherer weiterhin intensiv auf seine vier Strukturvertriebe Swiss Life Select, tecis, HORBACH und Pro Ventus, die im Vorjahr ihre Beraterzahl um +7 % auf 5.943 erhöhten. Unerlässlich für die angepeilten Absatzzahlen ist dabei, mit einer weißen Weste aufzutreten. In der Außendarstellung stellt Swiss Life das hehre Ziel Wir unterstützen Menschen dabei, ein selbstbestimmtes Leben zu führen” entsprechend bei nahezu jeder Gelegenheit mit Penetranz heraus. Doch wie selbstbestimmt ist eigentlich ein Swiss Life-Kunde, wenn einer der unternehmenseigenen Strukturvertriebe um die Ecke kommt?

Die Strukturvertriebstochter tecis Finanzdienstleistungen AG tritt sehr forsch in der Kundenbe­ratung auf und grenzt sich gegen angebliche Beratungsansätze der 80er Jahre in Gesprächsleitfäden für Kundengespräche ihrer tecis-Verkäufer ab und wettert gegen angeblichen “Produktverkauf der 80er Jahre bei der Konkurrenz!  ++ damit lösen wir aber nicht die Probleme des 21. Jahrhunderts!  ++ genau deswegen hat kaum einer Vertrauen zu Banken und Versicherungen  ++ genau deswegen genießt die Branche so einen schlechten Ruf und  ++ genau deswegen hat keiner Spaß daran, sich mit dem Thema auseinander zu setzen (…)”. Wer so auf den Putz haut und gegen die angeblichen schwarzen Schafe des Marktes stänkert, dessen ehrenwerte Beratungsansätze möchten wir natürlich genauer kennenlernen:

'k-mi' ist kürzlich seitens der Swiss Life nach Hannover in den neu entstandenen Karriere-Campus am Swiss-Life-Platz 1 (der früher AWD-Platz 1 hieß) zu einem Hintergrund- und Informationsgespräch eingeladen worden. Im Nachgang des Gesprächs erhielten wir zum “vertraulichen Hintergrundgespräch” eine Präsentation geschickt, die “aus Wettbewerbsgründen nicht alle Informationen” beinhaltete und einen “größeren Teil” aus dem Gespräch nicht mehr enthielt. Während Swiss Life selbstbeweihräuchernd im Nachgang von einem “lohnenden Termin” spricht, würden wir den Gesprächsinhalt eher als oberflächliches Larifari am Kern der Probleme vorbei einstufen, so dass wir uns erst gar nicht näher mit den uns gefiltert bereitgestellten Daten beschäftigen wollen. Wir konzentrieren uns an dieser Stelle stattdessen auf unsere eigenen Recherchen und orientieren uns dabei an von Top-Informanten vertraulich zugespielten, internen Schulungsunterlagen, die nicht an Dritte weitergegeben werden dürfen, und die uns so einiges über das Innenleben der Swiss-Life-Vertriebswelt aufzeigen:

Blicken wir dazu auf die Schulung der tecis-Verkäufer, die frühzeitig lernen, wie “ein Top Verkäufer einlocht”. Unerlässlich dafür ist Schlagfertigkeit: “= du lernst einfach zwanzig Sprüche auswendig bzw. erlernst es technisch”. Falls Sie jetzt auch etwas über die Sprüche-Strategie gegenüber den Kunden irritiert sind, tecis klärt in der internen Schulung hierzu weiter auf: “Wortwörtlich auswendig, wie den Text von Schillers Glocke und wenn der Kunde sagt, das ist zu teuer, dann sagst du einfach einen deiner zwanzig Sprüche: “Die anderen sind billiger, ja das müssen sie auch sein. Rabatte sind der Startschuss in den Konkurs (…)”. Ein bemerkenswerter 'Beratungs'-Ansatz aus dem tecis-Geheimbuch. Doch wie im Detail soll ein tecis-Strukki das Gespräch mit dem Kunden führen? Hierzu hat die Swiss Life-Vertriebstochter ihre “Abschlusstechniken”. Der Handelsvertreter soll bspw.  wie folgt starten: “Möchten Sie die Unfallversicherung ohne Krankenhaustagegeld? Oder bevorzugen Sie die Versicherung mit 50 € Krankenhaus-Tagegeld nach vier Wochen? Oder möchten Sie die Unfallversicherung mit Krankenhaustagegeld vom allerersten Tag, Privatzimmer und Chefarztvisite?” Für was sich der Kunde in den meisten Fällen ent­scheidet und worauf das Gespräch abzielt, verraten uns die internen Tecis-Unterlagen sofort: “Auch hier werden sich drei Viertel aller Kunden für die Mitte entscheiden.” Sodann tritt die knifflige Phase ein, in der der Kunde zum Abschluss gebracht werden soll, sich dieser aber Zeit zum Überlegen nimmt. Deshalb soll der tecis-Verkäufer mögliche Einwände sammeln und mit dem Kunden besprechen, um dann festzustellen: “Nun ist das Thema doch sicher in aller Form abgehandelt, nicht wahr, Herr Kunde? (…) Wie ich sehe, haben wir nun alle wesentlichen Fakten bearbeitet, so dass jetzt einem Abschluss nichts mehr im Wege steht. Einverstanden?” An der Stelle werden dem Strukki Suggestiv-Formulierungen wie “Ist das ein fairer Vorschlag?”, “Klingt doch vernünftig, oder?” und “Einverstanden” in den Mund gelegt, um den Verkaufsabschluss unter “Dach und Fach” zu bringen.

Aber weshalb soll der tecis-Verkäufer seinen Kunden hier offensichtlich zum unmittelbaren Abschluss drängen, statt ihnen einige Tage Zeit zu lassen, um über die möglichen Vertragsabschlüsse nachzudenken? Tecis hält im vordiktierten Gesprächsleitfaden dagegen: “Viele Menschen aber glauben, dass sie, bevor sie eine Entscheidung treffen, noch einmal darüber schlafen müssen. Aber mal ehrlich, glauben Sie, dass man im Schlaf eine Entscheidung treffen kann? (…) Und in einer Woche werden die meisten Menschen sogar drei Viertel aller Informationen vergessen haben. Wie können Sie da noch eine gute Entscheidung treffen? Jetzt werden Sie verstehen, Herr Kunde, warum es so wichtig ist, dass wir heute gemeinsam eine Entscheidung treffen. Weil nicht nur Sie, sondern alle meine Kunden so zu der richtigen Entscheidung gekommen sind (…)”. Wie gelingt es einem tecis-Strukki nun, mit weiteren psychologischen Kniffen beim Kunden die Abschlüsse einzutüten? Die tecis”Abschlusstechniken” weisen zunächst darauf hin, dass die höchsten Abschlussquoten beim 1. bzw. 2. Besuch am häufigsten sind und danach kontinuierlich abfallen. Leitfaden für Abschlüsse ist 'AIDA': “Zuerst soll man die Aufmerksamkeit erwecken. Dann wohlwollendes Interesse gewinnen, um danach den Drang zum Kauf zu verstärken und den Auftrag zu bekommen.” Wichtig dabei ist, dass der tecis-Verkäufer die Signale des Kunden im Blick behält: “Wenn die Kaufsignale kommen, geht der Berater sofort in die Abschlussphase über. Wenn sie nicht kommen, spätestens wenn der Berater subjektiv meint, genug Vorzüge präsentiert zu haben, die Abschlussphase einleiten.”

Mit unseren Worten gesprochen heißt dies: Auch und wenn der Kunde vielleicht noch nicht endgültig überzeugt vom Produkt ist und eigentlich noch Bedenkzeit bräuchte, soll der tecis-Strukki in die Abschlussphase übergehen mit dem Kniff: “So tun, als ob der Auftrag erteilt wäre” mit der Frage an den Kunden: “Über welches Ihrer Konten soll das laufen?” Soweit die Swiss-Life-Praxis, während die von den beiden tecis-GF Sönke Mißfeldt und Stefan Butzlaff nach außen getragene Unternehmensphilosophie lautet: “Berate deine Kunden so, wie du selbst beraten werden möchtest: Aufrichtig, ehrlich, individuell, ganzheitlich, transparent.” Der 1944 verstorbene Diplom-Ingenieur Karsten Fischer pflegte zu solchem Verhalten zu sagen: “Wer pflegt seinen Heiligenschein, wird wahrscheinlich nur Scheinheiliger sein.”

Auf unsere Fragen an den Versicherungskonzern, die wir oben für Sie aufgeführt haben, weicht Swiss Life in ihrer Antwort aus und erwartet stattdessen von uns, dass wir ihnen die uns vorliegenden Unterlagen offenlegen. Aus Informantenschutz kommen wir dieser Bitte, die wir als Ablenkungsmanöver einstufen, natürlich nicht nach, um unsere vertraulichen Quellen zu schützen. Aus unseren Fragen ergeben sich im Übrigen ausreichend Anhaltspunkte darauf, auf welche Dokumente wir uns stützen. Innerhalb des Strukturvertriebes der Swiss Life scheinen die Uhren in den 80er Jahren stehen geblieben zu sein und außer einem neuen Farbanstrich, um die alte grausamen AWD-Zeiten scheinbar zu übermalen, scheint sich wesentlich in der Unternehmenskultur nichts geändert zu haben. Darauf deuten auch weitere Leaks hin, die wir für Sie noch beleuchten werden.

'k-mi'-Fazit: Wer mit seinem Finger pauschal auf Banken und Versicherungen zeigt, denen Produktverkauf aus den 80er Jahren vorwirft, selbst aber in schlimmsten Strukki-Verkaufsmethoden verfangen ist, dem kann man nichts anderes als Scheinheiligkeit vorwerfen. Diesen Vorwurf muss sich damit auch der ganze Swiss Life-Konzern um Rolf Dörig vorwerfen lassen. Solange im Swiss Life-Strukturvertriebs-Kosmos ein selbstbestimmter Kunde das nach außen getragene Ziel ist, tatsächlich dieser aber mittels rhetorischer Kniffe zum schnellen Vertragsabschluss regelrecht manipulativ getrieben werden soll, gehört der Schweizer Versicherungskonzern für uns auf die Warnliste gesetzt mit dem Vermerk: Höchste Vorsicht vor dem Swiss-Life-Verkaufsvermittler! In Zeiten von Provisionsverbotsforderungen erweist die Swiss Life der Branche damit Bärendienste! – BaFin, bitte sofort einschreiten!

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