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Warum auch diese 'Marktwächter'-Studie eine Luftnummer ist

"Wir wollen den Sumpf am Grauen Kapitalmarkt damit weiter austrocknen", sagte Gerd Billen, Staatssekretär im Bundesverbraucherministerium, anlässlich der Vorstellung eines 'Maßnahmenpakets' zur weiteren Regulierung von Vermögensanlagen (vgl. 'k-mi' 33/19). Was einen Staatssekretär dazu treibt, die vielen seriösen mittelständischen Emittenten und Anbieter von Vermögensanlagen offiziell und pauschal als 'Sumpf' zu denunzieren und dadurch mit P&R in einen Topf zu werfen, darüber lässt sich nur spekulieren. Bezogen auf Vermögensanlagen in ein ähnlich polemisches Horn wie Staatssekretär Billen stößt derzeit der sog. 'Marktwächter Finanzen'. So zeigt eine aktuelle Untersuchung des 'Marktwächters' angeblich "mangelnde Transparenz bei Vermögensanlagen": Die "Informationen der Anbieter" seien "oft undurchsichtig": "Fehlende Warnhinweise, schwammige Formulierungen bei der Beschreibung von Anlageobjekt und Prognosen, Mängel bei der Darstellung der Kosten: Das sind die Ergebnisse einer Untersuchung des Marktwächter-Teams der Verbraucherzentrale Hessen zur Transparenz von Vermögensanlagen." Das Presseecho der letzten Tage ist für die Branche verheerend:  ++ "So unsicher ist der Graue Kapitalmarkt" (SZ++ "Vermögensanlagen: Marktwächter Finanzen fällt vernichtendes Urteil" (Asscompact++ "Vorsicht bei Vermögensanlagen auf grauem Kapitalmarkt" (Handelsblatt).

Wir sind also gespannt, welche skandalösen Vorgänge der 'Marktwächter' im Bereich der Vermögensanlagen aufgedeckt hat und haben die Untersuchung für Sie analysiert. Um es gleich vorwegzunehmen: Die Untersuchung enthüllt gar keinen Skandal! Die aktuelle 'Marktwächter'-Studie ist (wie andere 'Marktwächter'-Studien zuvor) eine Luftnummer. Krankten bisherige 'Marktwächter'-Studien vor allem daran, dass diese nicht ansatzweise repräsentativ waren, aber trotzdem seitens der Urheber unzulässig verallgemeinert wurden (vgl. 'k-mi' 51/15, 17, 25/16, 39/17), liegt die Ursache diesmal woanders: Die 'Marktwächter' betrachten aktuell 36 Vermögensanlagen, die im Herbst 2018 angeboten wurden. Damit werden (je nach Zählweise und Stichtag) 40-60 % der Vermögensanlagen untersucht, die im Jahr 2018 emittiert wurden, so dass die Untersuchung hinsichtlich der Repräsentativität grundsätzlich Aussagekraft hat.

Bemerkenswert ist allerdings der Untersuchungsgegenstand: Nicht Performance, Sicherheit, Streuung, Laufzeit etc. und andere für eine Beurteilung von Anlagen relevante Kriterien wurden von den 'Marktwächtern' bei Vermögensanlagen herangezogen, sondern es wird vor allem die 'Transparenz' anhand überwiegend selbstgestrickter formaler Kriterien und des Text-Layouts bewertet. Im einzelnen wurde untersucht:  ++ Die Darstellung des Anlageobjektes und die Zahlungsprognosen nur anhand der dreiseitigen Vermögensanlageninformationsblätter (VIB)  ++ Die Risikohinweise von den Anbietern auf ihren Webseiten  ++ Die Darstellung der Kosten und der Provisionen anhand der Prospekte.

Beginnen wir mit den Provisionen. Hierzu heißt es: "Die gesetzliche Vorgabe, die Provisionen und Kosten, die dem Anleger entstehen, an einer hervorgehobenen Stelle im Prospekt abzudrucken, wurde in 27 bzw. 26 Fällen von 36 erfüllt." Bei 75 % der Angebote ist also alles in Ordnung! Bei den restlichen Fällen fehlte es nach Interpretation der 'Marktwächter' an der Deutlichkeit der Provisionsdarstellung. Konkrete Gesetzesverstöße wurden allerdings nicht dokumentiert, so dass es eine Auslegungssache bleibt bzw. vom Text-Layout abhängt! Fragt sich, wo hier ein Sumpf ist bzw. vernichtende Kritik berechtigt wäre. Auch aus dem Fazit der Untersuchung lässt sich entnehmen, dass die 'Marktwächter' in diesem Bereich nicht viel zu beanstanden haben. Im Fazit heißt es dazu lediglich: "In Bezug auf Kosten und teils sehr hohe Provisionen ist es aus Verbrauchersicht für Vergleichszwecke wünschenswert, dass eine Gesamtkostenquote ausgewiesen wird." Aber haben die 'Marktwächter' die Kosten auch immer richtig berechnet? Daran haben wir Zweifel, da dies nicht ganz so trivial ist. Im arithmetischen Mittel haben die 36 Angebote laut Studie Provisionen von knapp 10 %, wobei 23 Angebote Provisionen von unter 10 % aufweisen. Auch hier fehlt offenbar das Skandalisierungspotential. Als Spitzenreiter wird ein Angebot hervorgehoben mit Provisionen von angeblich über 31 %. Hier wenden die 'Marktwächter' allerdings (ggf. ohne sich dessen bewusst zu sein) einen Taschenspielertrick an: Das 31-%-Provisions-Beispiel bezieht sich auf alle Kosten des Angebots über eine Laufzeit von 15 Jahren inkl. erfolgsabhängiger Komponenten, die erst bei hohen Auszahlungen zugunsten von Anlegern anfallen. Berücksichtigt man dies, hat dieses Angebot also nur Kosten von ca. 2 % p. a. Zudem wird alles transparent ausgewiesen. Auch hier kein Skandal oder Missstand weit und breit in Sicht!

Werbung auf Webseiten: Das Untersuchungsergebnis hängt vor allem von Layout-Fragen der Webseite und Formulierungsnuancen bei Hinweisen ab. Zunächst ist für den 'Marktwächter' alles 'Werbung': "Werbung ist dabei im Rahmen der Untersuchung weit zu verstehen und umfasst jede Äußerung, die das Ziel hat, den Absatz der Vermögensanlagen zu fördern (...) In diesem Sinne ist jede Webseite /Unterseite eines Anbieters, auf der auf eine Vermögensanlage oder auf Eigenschaften dieser hingewiesen wird, als Werbung zu werten und muss demnach mindestens einen Warnhinweis aufweisen." Der 'Marktwächter' kapriziert sich erbsenzählerisch darauf, zu überprüfen, ob auch alle Homepageseiten der Anbieter inkl. Unterseiten mit Risikohinweisen vollgepflastert sind! Fehler oder Abänderungen des Warnhinweis-Textes wurden zudem mit einer Ausnahme als fehlender Warnhinweis gewertet. Ergebnis dieser Pedanterie: 85 % der Angebote haben bspw. Warnhinweise gemäß § 12 Abs. 2 VermAnlG auf ihren Webseiten, teilweise aber nach Meinung der 'Marktwächter' nicht deutlich genug oder nicht auf allen Unterseiten. Zwar besteht hier offenbar Nachbesserungsbedarf bei 15 % der Stichproben, was aber weder ein Anlass für sensationsheischende Polemik noch ein Anhaltspunkt für systemische Missstände ist! Viel ist zudem Auslegungssache von Schriftgrößen und des konkreten Text-Layouts!

Darstellung des Anlageobjektes und der Zahlungsprognosen in den VIB: Bei diesem Untersuchungsbereich wird es nun vollends willkürlich. Durch die Vorgabe, die Angaben zum Anlageobjekt nur anhand der Vermögensanlageninformationsblätter (VIB) sowie mittels schwammiger selbstgestrickter Kriterien (Semi-Blind-Pool) zu bewerten, wird der Beliebigkeit der Untersuchung Tür und Tor geöffnet. Angeblich wurde das Anlageobjekt "in 26 der 36 Fälle nicht transparent beschrieben". Zu welcher Willkür dieser Ansatz führt, zeigt folgendes Beispiel einer Vermögensanlage, die in australische Sandelholz-Plantagen investiert. Bezogen auf das VIB bemängeln die 'Marktwächter': "Aus der Beschreibung des Anlageobjektes wird lediglich klar, dass die Plantagen in Australien liegen, nicht jedoch wo genau und wie groß diese sind. Daher wurde die Beschreibung des Anlageobjektes als nicht transparent bewertet." Im Prospekt sind diese Angaben aber natürlich in aller Ausführlichkeit enthalten! Aber wozu konzipieren Anbieter dann überhaupt noch einen teuren und ausführlichen Prospekt, lassen diesen von der BaFin gestatten, wenn die 'Marktwächter' den Prospekt dann ignorieren? Offenbar ist den 'Marktwächtern' auch nicht bewusst, dass die Anbieter gemäß den Vorgaben der BaFin recht wenig Spielraum haben, was auf den ohnehin recht knappen dreiseitigen VIB stehen soll. Eine Landkarte von Australien mit Plantagenfotos gehört sicherlich nicht ins VIB! Ein anderes Angebot wird als intransparent bewertet, nur weil "die Bezeichnung 'Blindpool' im VIB erst in einem späteren Abschnitt unter Risiken verwendet wird". Auch dieses Beispiel zeigt u. E. klar und deutlich, dass es nicht um einen Gesetzesverstoß geht, sondern um marginale Abweichungen von Kriterien, die der 'Marktwächter' sich selbst ausgedacht hat! Bei einem weiteren Angebot, einer Vermögensanlage zur Investition in Solarparks, bemängelt die Untersuchung bspw. die Darstellung der Prognosen im VIB. Angeblich würden "mögliche Konsequenzen" aus der mehrstufigen Investition mittels Objektgesellschaften "nicht berücksichtigt", heißt es lediglich diffus. In den entsprechenden VIB des Angebots werden jedoch in einem 12zeiligen Absatz ausführlich die "Aussichten für die vertragsgemäße Zinszahlung und Rückzahlung unter verschiedenen Marktbedingungen" dargestellt, u. a. im Hinblick auf Markt und Rechtslage. Was der 'Marktwächter' hier moniert, bleibt sein Geheimnis! Zudem ist diese Privatmeinung des 'Marktwächters' ohnehin irrelevant, da das entsprechende VIB von der BaFin ja gestattet wurde und damit definitiv kein Gesetzesverstoß vorliegt!

'k-mi'-Fazit: 'Das war alles?', fragen Sie sich also zurecht angesichts dieser vermeintlich 'vernichtenden' Untersuchung über Vermögensanlagen, die eher einem Sturm im Wasserglas gleichkommt. Bei dieser erneut gescheiterten 'Marktwächter'-Studie stand das Ergebnis nach unserem Eindruck schon vorher fest: Vermögensanlagen sollten offenbar pauschal niedergemacht werden. Hierzu hat man sich dann entsprechend schwammige Prüfkriterien ausgedacht, um deren Verfehlung zu beklagen. Hinweise auf systematische Gesetzesverstöße enthält die Studie allerdings nicht. Natürlich ist nichts so gut, als dass man es nicht noch verbessern könnte, auch bei Vermögensanlagen. So werden von den 'Marktwächtern' bspw. auch drei Anbieter untersucht, die 'k-mi' ebenfalls regelmäßig kritisch bewertet (Timberfarm, M1VV, Panarubber). In jedem Bereich des Kapitalmarktes gibt es eine gewisse Streuung von guten und schlechten, seriösen und weniger seriösen Anbietern. Die vielen seriösen und guten Anbieter und deren Vertriebe von Vermögensanlagen sind deshalb aber noch lange keine Prügelknaben und kein Freiwild für zweifelhafte und vorurteilsbelastete Schmalspur-'Studien'.

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