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Provisionsverbot: vzbv verdreht britischen Regierungsbericht

 

Es ist schon abenteuerlich, wie der vzbv Verbraucherzentrale Bundesverband die Ergebnisse des aktuellen Fortschrittsberichts der britischen Finanzaufsicht (Financial Advice Market Review) verdreht. In einer Pressemitteilung vom 20.04.2017 behauptet Dorothea Mohn, Finanzexpertin beim vzbv u. a.: "Der Bericht aus Großbritannien zeigt, dass ein Provisionsverbot wirkt. Sowohl die Beratungsqualität als auch das Vertrauen der Verbraucher in die Finanzberatung nehmen zu. Die Qualität der Anlageberatung in Deutschland ist nachweislich schlecht. Deshalb braucht es auch in Deutschland dringend ein Provisionsverbot." Hieran stimmt nichts: Wer sagt denn, dass die Beratung in Deutschland per se schlecht ist? Entsprechende Behauptungen des vzbv bzw. des Marktwächter Finanzen hat 'k-mi' bereits früher widerlegt. Dass ein Provisionsverbot die Anlageberatung (in Großbritannien) verbessere, steht in dem aktuellen Fortschrittsbericht aus England zudem gar nicht drin! Allein methodisch könnte der Fortschrittsbericht dies gar nicht erfassen. 

Der Fortschrittsbericht vom April 2017 widmet sich vielmehr der Frage, wie die sog. Beratungslücke, die nicht zuletzt eine unerwünschte Konsequenz des Provisionsverbotes auf der Insel ist, abgefedert werden kann: "There have recently been far-reaching changes to the UK’s pensions system as well as longer term social and demographic shifts, such as an ageing population and changing employment patterns. These combine to present people with more complex and varied decisions. But they are making many of these decisions without taking advice or guidance. The Review aimed to explore ways in which the government, industry and regulators could take collective steps to stimulate the development of a market which delivers affordable and accessible financial advice and guidance to everyone, at all stages of their lives."

Die Verfügbarkeit von Beratung ist demnach das Problem und nicht vermeintliche Interessenkonflikte durch Provisionen. In Großbritannien versucht man daher jetzt u. a. mit Steuer-Subventionen die Probleme zu beseitigen oder wenigstens abzumildern, die man selbst durch ein Provisionsverbot geschaffen hat: die sog. 'upfront costs of advice'. Wörtlich heißt es hierzu in dem aktuellen Report: "The government introduced measures that make it easier for consumers to pay the upfront cost of advice, which FAMR found can discourage people from engaging. A new Pensions Advice Allowance, which will allow people to withdraw £500 from their pension pot at any age to pay for retirement advice, and a £500 tax exemption for employer arranged pensions advice will be available from April 2017." Dies bedeutet nichts anderes, als dass die sog. Honorarberatung durch Rentenvorschüsse und Steuergutschriften subventioniert werden muss, um für Otto Normalverbraucher erschwinglich zu werden. Für die Behauptung, dass ein Provisionsverbot die Beratung verbessere, enthält der Fortschrittsbericht noch nicht einmal ansatzweise Belege

Auch in Deutschland zeigt die verschwindend geringe Anzahl von Honorarberatern, dass diese aufgrund mangelnder Akzeptanz ohne Subventionen gar nicht existenzfähig wären. Anders als der vzbv behauptet, ist "unabhängige Finanzberatung" eben nicht so ohne weiteres "bezahlbar". Allein schon deshalb, weil viele Investmentfirmen und Berater in Großbritannien Kunden mit kleineren Vermögen abweisen müssen – selbst wenn diese eine Honorarberatung wünschten – um überhaupt kostendeckend arbeiten zu können. Um dieses Dilemma aufzulösen, das von der Politik geschaffen wurde, bastelt man auf der Insel aktuell an einem vermeintlichen Patentrezept. Dieses lautet 'Robo advice'. Der Massenmarkt soll demnach in Zukunft fast nur noch durch sogenannte 'automated advice models' bedient werden, um die durch das Provisionsverbot entstandenen 'upfront cost of advice' zu dämpfen. Ob und wie autonom dies allerdings funktioniert, ist völlig ungewiss, da automatische Beratungsprozesse noch in den Kinderschuhen stecken. Zur Unterstützung der Beratung können solche Instrumente sinnvoll sein, wir haben aber massive Zweifel, ob nur durch automatische Prozesse, die allein eine Kostendegression bewirken würden, eine Verbesserung der Beratungsqualität erreicht werden kann. Wir befürchten das Gegenteil.

'k-mi'-Fazit: Das Provisionsverbot in Deutschland einzuführen, wie der vzbv fordert, wäre also Harakiri mit Ansage und würde in Deutschland eine riesige Beratungslücke reißen, mit unabsehbaren Folgen. Dem vzbv ist das offenbar egal, da dieser anscheinend als Beute auf staatliche Subventionen für das von ihm gehätschelte Nischen-Klientel der Honorarberater schielt. Zwangsbeglückung ist das Leitmotiv der Verbraucherschützer. 'Fake News' sind ihr Handwerkszeug, um ihre eigene Existenzberechtigung zu simulieren. Es wäre fatal, wenn die Politik in Deutschland diesen falschen Sirenenklängen erliegen würde. Das Nebeneinander von Provisions- und Honorarberatung ist das viel intelligentere Modell. Dies zeigt der aktuelle Fortschrittsbericht der englischen Finanzaufsicht wirklich. Denn die britische Finanzaufsicht sieht das Provisionsverbot in England viel selbstkritischer als die deutschen Verbraucherschützer mit ihrer rosaroten Lobbybrille.

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