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publity Fonds 6: Immobilien 8,2 Mio. € unter Marktwert verkauft?

Die GORE German Office Real Estate AG/GORE, laut eigenen Angaben ein auf Gewerbeimmobilien vornehmlich in deutschen Ballungszentren fokussierter Immobilieninvestor, hat letzte Woche ihr Börsendebüt im Freiverkehr der Börse München im Handelssegment m:access gegeben. Der zugehörige GORE-Wertpa-pierprospekt ist dabei immobilientechnisch eine interessante Lektüre für publity-Anleger. Zunächst weil es eine ganze Reihe von Verflechtungen gibt:  ++ GORE (vormals: Münchner Immobilien Center AG/MunIC AG) "wird direkt von der TO-Holding GmbH (...) beherrscht. Diese hält zum Prospektdatum 64,46 % der Aktien. Die TO-Holding GmbH wird wiederum von ihrem Alleingesellschafter, Herrn Thomas Olek, beherrscht, der außerdem die Anbieterin (TO Holding 1 GmbH) beherrscht." Olek wiederum ist CEO von publity und hält (indirekt) aktuell 82 % der publity-Aktien  ++ GORE hat mit der publity AG im Jahr 2017 einen Immobilien-Asset Management Vertrag abgeschlossen. Zudem ist das Mitglied des Aufsichtsrats von GORE, Christoph Blacha, gleichzeitig auch Geschäftsführer der publity-KVG publity Performance GmbH. Auf entsprechende mögliche Interessenkonflikte wird im Börsenprospekt kurz hingewiesen.

In dieser Konstellation werden GORE/MunIC und publity, könnte man meinen, doch bestimmt nicht auf die Idee gekommen sein, aus dem großen deutschen Markt für Gewerbeimmobilien ausgerechnet Objekte aus publity-Publikumsfonds zu erwerben? Oder doch? Immerhin erhält publity AG bei GORE eine einmalige Akquisitionsfee von 1 % des Nettokaufpreises, zzgl. USt., für die Erbringung der Leistungen im Rahmen des Akquisitionsprozesses, sowie eine jährliche Managementfee als Basisgebühr in Höhe von 1 %! Doch weit gefehlt: Das Auftaktportfolio des neuen Börsenstars GORE besteht aus fünf Gewerbeimmobilien, drei davon stammen aus dem publity Perfomance Fonds Nr. 6. Ein weiteres Objekt wurde ebenfalls vom publity Fonds Nr. 6 erworben, aber inzwischen wieder verkauft. Im aktuellen Börsenprospekt der GORE wird der Vorgang wie folgt beschrieben: "Am 12. Oktober 2017 haben vier Objektgesellschaften der Emittentin (...) jeweils eine Immobilie von der von der publity AG aufgelegten Fondsgesellschaft publity Performance Fonds Nr. 6 GmbH & Co. geschlossene Investment KG notariell gekauft. Fondsverwalterin der Fondsgesellschaft war und ist die publity Performance GmbH, eine 100%ige Tochtergesellschaft der publity AG. Herr Thomas Olek war zu diesem Zeitpunkt Vorstand der publity AG und seit Ende 2017 an der Emittentin mittelbar beteiligt. Der Gesamtkaufpreis für die vier Immobilien belief sich auf 22.372.831 € zzgl. Anschaffungsnebenkosten. Der Gesamtkaufpreis für das Immobilienportfolio lag damit auf dem Niveau des gutachterlich festgestellten Gesamtwerts der Immobilien. Der Ankauf der vier Immobilien wurde auf marktkonforme Weise durchgeführt." Weiterhin wird betont, dass der publity KVG-Geschäftsführer Blacha zu diesem Zeitpunkt noch kein Aufsichtsratsmitglied der GORE war.

'k-mi' hat diese Transaktion bereits in der Ausgabe 33/18 kritisch hinterfragt. Die Kanzlei Schirp/Berlin und der Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e.V. (AAA)/Berlin hatten im Juli 2018 einerseits den Vorwurf erhoben, dass Olek bereits im Mai 2018 zu 62 % teils direkt, teils über Zwischengesellschaften an der MunIC (die heutige Emittentin GORE) beteiligt war, und letztere wiederum soll sich andererseits damit gebrüstet haben, die Objekte zu einem Preis von 10 % unter dem Marktwert von publity erworben zu haben! Auf Anfrage teilte uns publity seinerzeit mit, dass "ein Interessenkonflikt (...) zu keinem Zeitpunkt" vorlag: "Die publity AG erbringt lediglich eine Dienstleistung im Rahmen des geschlossenen Asset-Management-Vertrages" ('k-mi' 33/18).

Nicht nur, dass wir die Stellungnahme von publity zu den Verflechtungen nicht besonders überzeugend fanden ('k-mi' 33/18, 04/19) – mittlerweile erhärten sich darüber hinaus die Verdachtsmomente, dass sich bei den Kaufpreisen Interessenkonflikte ggf. aus dem Asset-Management-Vertrag realisiert haben könnten. Zum Beleg kann man ausgerechnet den aktuellen GORE-Börsenprospekt heranziehen: Die GORE/MunIC kaufte die vier Objekte des publity-Privatanlegerfonds Nr. 6 (Bürogebäude in Duisburg, Bad Homburg, Telgte, Unterschleißheim) notariell am 12.10.2017 für 22,37 Mio. € laut publity "unter Berücksichtigung der bestehenden Bewertungen" (vgl. 'k-mi' 33/18). Besitzübergang sowie Nutzen- und Lastenwechsel erfolgte zwischen Juli und September 2018. Nur wenige Monate später werden diese vier Immobilien im GORE-Börsenprospekt allerdings mit einem Wert von 30,56 Mio. € ausgewiesen bzw. teilrealisiert: Das Objekt in Unterschleißheim wurde von GORE im April 2019 für 4,46 Mio. € wieder verkauft. Die Angaben im Prospekt legen nahe, dass GORE es für 3,26 Mio. € gekauft hat! Die Objekte in Duisburg, Bad Homburg und Telgte werden nun laut neuen Gutachten (mit Wertermittlungsstichtagen zwischen August und Oktober 2019) mit 26,1 Mio. € bewertet.       

Das bedeutet: Die Privatanleger des publity Fonds Nr. 6 haben für diese vier Immobilien 22,37 Mio. € zum Abschluss der Transaktion bis September 2018 erhalten. Nur knapp ein Jahr später stellen diese vier Immobilien durch (neue) Gutachten und durch Teilrealisierung einen Marktwert von über 30 Mio. € dar! Sowohl auf Verkäuferseite als auf Käuferseite verantwortete publity das Asset-Management. Die Käuferin ist zudem bei Prospektaufstellung mehrheitlich im Besitz von publity-CEO Olek! Im Rahmen dieser Transaktion wurde demnach innerhalb relativ kurzer Zeit Wertsteigerung von ca. 36 % erzielt. Aber leider ohne dass die Anleger des publity Fonds 6 hiervon partizipieren konnten. Da wundert es nicht, dass der publity Fonds 6 weit hinter den Prognosen dümpelt (vgl. 'k-mi' 46/19), während bei GORE die Real Estate-Post abgeht und auf dem Börsenparkett die Korken knallen!

Immobilienspezifische Gründe für diese plötzliche Wertsteigerung sind uns nicht ersichtlich: Bei den Objekten erfolgten laut Gutachten jüngst überwiegend keine Bestandsmaßnahmen, die über die übliche Instandhaltung wesentlich hinausgingen. Auch die Vermietungssituation hat sich nicht signifikant geändert: Das Objekt in Telgte ist weiterhin an Takko vermietet (Restlaufzeit 13 Jahre). Bei den übrigen Restlaufzeiten und Vermietungsständen der Bestandsobjekte ergeben sich ebenfalls kaum nennenswerte Veränderungen. Bei der Immobilie in Bad Homburg steht die Neuvermietung von 23 % der Flächen kurzfristig an. Hat der publity Performance Fonds Nr. 6 die vier Objekte demnach ca. 8,2 Mio. € zu billig bzw. unter den (heutigen, teilrealisierten) Marktwerten abgegeben? Dies würde erneut die Frage nach massiven Interessenkonflikten aufwerfen. Oder sind die drastischen Wertsteigerungen der vier Objekte, die sich just dann einstellten, als die publity-Privatkunden nicht mehr Eigentümer waren, aus der Luft gegriffen?    

'k-mi'-Fazit: Erfolgt der GORE-Börsengang u. a. auf Kosten der publity-Anleger als willkommene und arglose Objektlieferanten? Offenbar ist publity in der Lage, u. a. auf dem Papier hohe Wertsteigerungen in kurzer Zeit zu erzielen. Die Anleger des publity Performance Fonds Nr. 6 werden sich allerdings zu Recht fragen, warum diese Wertsteigerungen justament dann auf wundersame Weise auftraten, nachdem sie die entsprechenden Immobilien verkauft haben. Ob es wohl daran liegt, dass publity hier sowohl Verkäufer als auch Käufer vertreten hat? Und warum hat der Asset-Manager publity nicht bspw. die Laufzeit seines Publikumsfonds Nr. 6 verlängert, um diese Wertsteigerungen zum Wohle seiner Investoren abzuschöpfen? Der Publikumsfonds Nr. 6 hinkt schließlich meilenweit hinter seinen Prognosen hinterher und kann konzeptionell nur durch große Veräußerungsgewinne Wertsteigerungen erzielen. Oder ist auch hier das Hemd näher als der Rock?

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