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Softfair: Hält Porazik die Versicherungswirtschaft an der Angel?

Zu welchen Miniaturen sind die Versicherer eigentlich geschrumpft, um sich von Norbert Porazik, Chef der Fonds Finanz, am Nasenring ziehen zu lassen? In einem Video-Interview gegenüber 'procontra' erklärt Porazik zunächst, wie es überhaupt dazu gekommen ist, dass er zusammen mit seinem Fonds Finanz-Partner Markus Kiener die Softfair GmbH im Jahr 2017 über ihre Finanzsoft GmbH, an der Porazik 60 % und Kiener 40 % der Anteile halten, erwarben, nachdem die beiden mitbekamen, "dass der Eigentümer dann doch schon in die Tage gekommen ist". Der Kauf ihres "wichtigsten IT-Dienstleisters" erfolgte aus "Risikogesichtspunkten (…) damit es kein anderer kauft". Also die pure "Angst" soll der Grund dieses Deals gewesen sein, vor jedem anderen Versicherer gruselte sich Porazik und auch "ein Vertrieb wäre ganz schwierig geworden." Dieser fürchterliche Schicksalsschlag blieb den aufgeschreckten Münchnern Geschäftsleuten also erspart, bevor das nächste Problem sie erreichte. So wie man sich selbst vor anderen Aufkäufern der Software-Schmiede ängstigte, reagierten die vertriebsseitigen Wettbewerber und produktseitigen Versicherer in gleicher Weise nach der Übernahme durch Finanzsoft: "Oh, Ihr bösen Jungs, Ihr habt uns so im Würgegriff", zitiert Porazik die angeblichen Stimmen aus dem Markt und ergänzt: "Ihr seid ein Riesenproblem."

Doch Probleme sind zum Lösen da und schon präsentieren die neuen Softfair-Eigentümer die 50 Mio. €-Lösung. Jeder Versicherer kann sich innerhalb eines befristeten Kaufverfahrens einen 1 %-Anteil am Unternehmen Softfair für 0,5 Mio. € sichern (vgl. auch 'k-mi' 45/19 "blau direkt: Aufsehenerregende Botschaft hinter Youtube-Video"). Kein schlechtes Angebot, schließlich rückt Porazik nicht mit dem von ihm zuvor geleisteten Kaufpreis heraus: "Wir rufen natürlich für unsere Vision einen gewissen Kaufpreis auf und so sind die 50 Mio. € entstanden", untermauert der Fonds Finanz-Chef den abseits jeglicher Due-Diligence-Prüfung berechneten Pi-mal-Daumen-Wert auf seine subjektive Berechtigung hin. Doch was haben Porazik und Kiener 2017 auf den Tisch legen müssen für ein Unternehmen mit einem 'in die Tage gekommenen' Eigentümer?

Mehr als ein Fingerzeig dürfte dazu die Finanzsoft GmbH geben. Diese wurde von den beiden Maklerpool-Chefs am 10.04.2017 gegründet, um darin die erworbenen Anteile an Softfair zu halten. Zum 31.12.2017 weist die Unternehmensbilanz eine Anlagesumme von 11.969.564 € aus. Demgegenüberstehend nahm die Gesell-schaft 11.979.145,73 € an Fremdmittel zu Hilfe, um offenbar nahezu eins zu eins den Kauf zu stemmen. Naheliegend ist demnach, dass Porazik und Kiener für rd. 12 Mio. € Softfair erwarben. Erstaunlich, wie dieser Firmenwert innerhalb von keinen drei Jahren um über 300 % nach oben geschossen sein soll, obwohl inzwischen wichtige Softfair-Partner ganz oder überwiegend, wie Swisslife Select, BCA oder Telis Finanz, das Weite suchen. Und glaubt Porazik wirklich, dass sich genügend Compliance-Richtlinien verpflichteten Versicherungsunternehmen auf dieses teure und unmoralische Abenteuer einlassen? "Ich glaube tatsächlich, dass wir deutlich mehr wie 30 % verkaufen, weil wir bereits ja deutlich mehr Interessenten haben", zeigt sich der Pool-Chef abgezockt. Mag sein, nur welchen strategischen Einfluss können sich die einzelnen wohl am Marktwert vorbei einkaufenden Versicherer faktisch an Softfair sichern, wenn die Fonds Finanz-Bosse Mehrheitseigner oder zumindest klare Hauptgesellschafter bleiben? Im Februar sollen sich die Verkaufsbücher schließen und Softfair will die Plattform bauen, an der alle Teilnehmer des Marktes immer über den gleichen Adapter gehen können, um immer gleichmäßig mit Informationen versorgt zu werden. Soweit zur Vision.

'k-mi'-Fazit: Porazik träumt von einer Zukunft ohne Datentransferprobleme – nur welche neuen, viel größeren Konzentrations-Probleme kommen dann auf den Markt und den einzelnen Vermittler zu, wenn eintritt, was sich der Fonds Finanz-Chef vorstellt. Wie Porazik – ausgestattet mit Machtfülle – tickt, zeigt er bereits jetzt in bester Anschauung. Knicken die Versicherer kraft- und widerstandslos nun vor ihm ein und zeichnen vermutlich überteuerte IT-Unternehmensanteile oder zeigen sie etwa am Ende Porazik noch die lange Nase? Die Makler und Berater haben Porazik stark gemacht, jetzt meint dieser, die ihm verliehenen Muskeln gnadenlos ausspielen zu können.

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