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TELIS vs. ASG: Die Schlacht, die Tricks, die Wendungen!

Wer im Finanzvertrieb nach oben will, benötigt harte Bandagen, denn so mancher Aufstieg wird auch gerne mittels Struktur-Abwerbungen erkauft. Was natürlich beim Wettbewerber schnell zu Gegenreaktionen führen kann. Soweit noch nichts Besonderes, doch seit 2009 bekriegen sich zwei Vertriebskonkurrenten, was uns inzwischen Stoff für einen knallharten Wirtschaftskrimi liefert. Auf der einen Seite steht mit der ASG AssecuranzService GmbH & Co. KG/Hattersheim laut Cash-Allfinanzrangliste 2011 bei den Provisionserlösen des Jahres 2010 Deutschlands Nr. 9 (30,0 Mio. €) und auf der verfeindeten anderen Seite die auf Rang Nr. 7 positionierte Telis Finanz AG/Regensburg, deren Provisionserlöse sich mit 83,4 Mio. € jedoch schon in einer anderen Liga bewegen. Diesen Provisionsabstand versuchen seit drei Jahren die Hattersheimer um ihre beiden Firmengründer Thorsten Hass und Walter Klein mit ihrem bekannten Sportwagenfahrer-Eifer zu verkürzen, indem man nicht nur Ferrari-Fahrten als Wettbewerbsanreize im eigenen Stall auslobt, sondern sich auch im Vertriebslager der Telis als attraktive Alternative gezielt ins Spiel brachte und sogleich auch eine Vielzahl alltagsbewährter Telis-Geschäftsideen mehr oder weniger offensichtlich abschaute und zur neuen Philosophie erklärte. Dass hierüber die Telis-Strategen um Klaus Bolz (Vorstandsvorsitzender) und Klaus Bätge (Aufsichtsratsvorsitzender) 'not amused' sind, versteht sich von selbst. Inzwischen bietet der Kampf dieser beiden Konkurrenten für Außenstehende höchsten Unterhaltungswert, den es jedoch insbesondere wegen der Branchenrelevanz näher für uns zu beleuchten gilt. Zunächst zur bisherigen Chronologie:

++ Mittels E-Mails bzw. persönlicher Kontaktaufnahmen an bzw. mit (Ex-)TELIS-Mitarbeiter(n) versuchte die ASG unter Anpreisung angeblich besserer Verdienstmöglichkeiten und unter Verletzung des Konkurrenzverbotes gem. § 86 HGB noch während der Wettbewerbsverbotszeit gegenüber dem früheren Partnerunternehmen die Vertriebsgeschäfte auf die ASG umzuswitchen. ASG-Chef Hass entschuldigte sich in einer persönlichen Mail bei seinem Wettbewerber Bolz für angeblich mit der Geschäftsführung nicht abgestimmte Vorfälle in seinem Vertrieb. Der von TELIS beauftragte Anwalt Ekkehart Heberlein/München erwirkte einstweilige Verfügungen und Urteile gegen den ASG-Vertriebspartner ASG finanz GmbH und einzelne dort angebundene ASG-Vermittler wegen Verstoßes gegen das Konkurrenzverbot (vgl. 'k-mi' 26/10) ++ Im Sommer des vergangenen Jahres wechselt Gregor Knapp, bis dahin GGF der ASG finanz GmbH, zur Telis-Gruppe. Jetzt wird es brandheiss:

Seine blueman innovation GmbH, über die er ein 40 %-Anteilspaket an der ASG finanz GmbH hielt, verkaufte Knapp im gleichen Zuge an die Telis FinancialServicesHolding AG und somit an den direkten ASG-Erzfeind. Daraufhin macht der für die ASG finanz GmbH tätige Thomas Eireiner von einem ihm notariell eingeräumten Ankaufsrecht über 20 % der Geschäftsanteile Gebrauch, so dass die Regensburger heute noch 20 %-ige Gesellschafterin bei dem bis kürzlich noch rd. 300 Vermittler starken ASG-Vertriebsableger sind. Auffällig bei dieser Gesellschaft ist, dass sich die finanzielle Lage weiter zuspitzt. Laut der veröffentlichten Bilanz erhöhte sich der nicht durch Eigenkapital gedeckte Fehlbetrag von knapp 0,15 Mio. per Ende 2009 auf rd. 0,85 Mio. € per Ende 2010 (vgl. 'k-mi' 31/11) ++ Zur Überraschung der Telis als mittelbare Mitgesellschafterin legte die ASG finanz GmbH Anfang diesen Jahres ihren Vertriebspartnern nahe, zur neu gegründeten finanzprofi AG, eine Tochtergesellschaft der ASG-Gruppe, zu wechseln. Dies nahm die Telis wiederum zum Anlass, jetzt den Gegenschlag einzufädeln. Am Donnerstag voriger Woche marschierte ein generalstabsmäßig vorbereiteter Telis-Trupp in der Hattersheimer-Firmenzentrale der ASG ein und besorgte sich – auch getragen vom Über­raschungs­­effekt – wichtige Geschäftsdaten via EDV-Sicherungskopien. Was war passiert? Per Einstweiliger Verfügung vom 16.02.2012 durch das LG Frankfurt erwirkte die blueman innovation u. a., dass bis zur Beschlussfassung im Rahmen einer außerplanmäßigen Gesellschafterversammlung die ASG-Bosse Hass und Klein die Geschäfte als Geschäftsführer der ASG finanz nicht mehr ausüben dürfen. Mit Geschäfts- und Vertretungsbefugnis eingesetzt wurde Rechtsanwalt Benjamin Diedrich. Der Münchener Anwalt gehört der Kanzlei Heberlein, Mack-Pfeiffer & Kollegen an, die bekannterweise die TELIS in Rechtsstreitigkeiten gegen die ASG vertritt. Noch bevor die ASG von der Verfügung Kenntnis erlangt hatte, betrat Diedrich mit seinem Gefolge die Räumlichkeiten der ASG finanz im Hattersheimer Konzernsitz, um sich als neuer Geschäftsführer vorzustellen und sich im Rahmen einer ersten Amtshandlung Zugang zur EDV zu beschaffen. Die ASG finanz-Geschäftsführung war zu diesem Zeitpunkt nicht vor Ort, per reifenquietschenden Sportwagen eilte der über die Vorgänge in seinen Büros per Notruf verständigte und zu diesem Zeitpunkt bereits abgesetzte Gf Klein aus Wiesbaden herbei. Vor Ort angekommen, kündigte dieser sofort der ASG finanz deren Büroraum-Untermietverträge, um sich so die alleinige Hausherrenmacht zurückzubeschaffen. Zu spät jedoch, um noch zu verhindern, dass sich in der Zwischenzeit die mitgebrachten EDV-Spezialisten aus Regensburg offenbar über einen Dateneingriff vom Parkplatz vor der ASG-Zentrale aus Einblick ins ASG-Innenleben verschaffen konnten. ASG-Chef Hass stellt zu den Vorgängen klar:

"Die ASG finanz ist eine Handelsvertreterorganisation der ASG. Nicht mehr und nicht weniger. Interimsgeschäftsführer Diedrich hat sich hochsensible Daten angeeignet, die weder ihm noch der ASG finanz gehören, sondern – untechnisch gesprochen – Eigentum der ASG sind." Die ASG finanz habe in ihrer Startphase hohe Inves­ti­tionskosten gehabt. ASG finanz schuldete der ASG zuletzt über 2 Millionen €. Die ASG habe diese Schulden übernommen und eine entsprechende Rangrücktrittserklärung der ASG finanz gegenüber abgegeben. Zu dem Abziehen der Daten erhebt Hass schwere Vorwürfe in Richtung des Vor­gehens des Minderheitengesellschafters blueman innovation: "Zu diesem Zweck wurden nicht nur Mitarbeiter des Innendienstes sehr unter Druck gesetzt, sondern auch gleich eine Festplatte angeschlossen, auf der in rechtswidriger Weise auch Daten anderer Unternehmen der ASG-Gruppe gespeichert wurden."

Ein zwischenzeitlich seitens der ASG-Seite gegen die Vorgänge eingelegter Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung wurde vom LG Frankfurt jedoch mit Beschluss aus dieser Woche zurückgewiesen, auch weil "(…) der Zutritt zu den Räumlichkeiten der ASG Assekuranz nicht zu vermeiden war, da diese in den gleichen Räumlichkeiten wie die ASG finanz ansässig ist. Die fehlende Trennung der vom Geschäftsführer Rechtsanwalt Diedrich gesicherten Daten der ASG finanz von denen der ASG Assekuranz und der finanzprofi AG kann der Antragstellerin nicht angelastet werden, da es um eine schnelle Sicherung ging und ihr getrennte Daten nicht zur Verfügung gestellt wurden (…)". Zu dem juristischen Stand nimmt die Telis wegen des laufenden Verfahrens keine Stellung: "Sowohl die früheren als auch die heutigen Gesellschafter und Geschäftsführer der blueman innovation haben zu keinem Zeitpunkt in die operativen Geschäfte der ASG finanz GmbH eingegriffen", so Telis-Pressesprecher Rainer Leidl. Von Beginn an soll es sich laut Telis bei der Übernahme der Gesellschafteranteile an der blueman innovation ausschließlich um eine Finanzbeteiligung gehandelt haben. Auf das operative Geschäft der ASG finanz habe sich diese Beteiligung nach Auskunft der Telis nie ausgewirkt. Auf Intervention der ASG-Gruppe hin wurde inzwischen die Festplatte mit den abgezogenen Daten bei einem Notar hinterlegt. Ob jedoch zuvor Kopien erstellt wurden, erscheint für die ASG nicht ausgeschlossen zu sein. Eine für diese Woche einberufene außerordentliche Gesellschafterversammlung der ASG finanz platzte, weil die blueman innovation zum Termin nicht erschien. In der kommenden Woche wird sich das LG Frankfurt in einer mündlichen Verhandlung mit dem Rechtsstreit befassen müssen, wo es u. a. auch um die mögliche Absetzung des Interimsgeschäftsführers Diedrich gehen wird. 

'k-mi'-Fazit:  Dass sich die Telis nach div. Mitarbeiter-Abwerbungen irgendwann von der ASG gereizt fühlte, ist nicht das eigentlich Besondere an diesem Fall. Viel brisanter ist da schon, dass sich die ASG-Macher in ihrer gesellschaftlichen Vertragsgestaltung bei der ASG finanz GmbH kein vollständiges Rück­kaufsrecht bzgl. der seitens von blueman innovation gehaltenen Anteile haben einräumen lassen. Diese Lücke haben die Regensburger Wettbewerber offenbar frühzeitig erkannt und können nun als Minder­heitsgesellschafter die ASG-Gruppe gehörig durcheinander wirbeln. Zumindest solange, bis alle noch offenen juristischen Fragen, die sowohl zivil- wie auch strafrechtlich zur Klärung anstehen, gelöst sind.

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