Ein offizielles Statement der HDI Versicherung AG zur Zusammenarbeit in Kraftfahrt und HUS Privat-Versicherung lässt aufhorchen: „Bei Maklerpools bietet HDI in der privaten Kfz-Versicherung daher zum 01.10.2024 im Neu- und Ersatzgeschäft keine Deckungen mehr an und schränkt das Geschäft in den privaten HUS-Sparten ein.“ Die Begründung der Talanx-Tochter: „Die Lage am Versicherungsmarkt für Privatkunden ist aktuell insbesondere durch die Verluste in der Kfz-Versicherung aber auch im privaten Sachversicherungsgeschäft schwierig. Die Versicherer verzeichneten allein in der Kfz-Versicherung 2023 branchenübergreifend einen Verlust von ca. 3,3 Mrd. €. Für 2024 liegt die Prognose bei einem Verlust von 2,4 Mrd. €. Dieser Tendenz können wir uns auch bei HDI nicht entziehen. Auch die BaFin reagiert auf diese Entwicklung und erwartet von Versicherern, ihr Geschäft kostendeckend zu betreiben.“
Tatsächlich ist es so, dass insbesondere die infolge der Inflation kräftig gestiegenen Preise bei Reparaturen und Ersatzteilen die Kfz-Versicherer unter Druck setzten und bei Schaden-Kosten-Quoten von teilweise deutlich über 100 % Kfz zu einem unprofitablen und spaßfreien Geschäft machen. Da, wo die Schadenquote völlig aus dem Ruder läuft, folgen Konsequenzen, wie sie kürzlich die Rhion Versicherung AG bei der DEMA Deutsche Versicherungsmakler AG, einer Tochter der Telis Finanz AG, gezogen hat, den Bestand loswerden will und die Zusammenarbeit in diesem Teilbereich einstellt (vgl. ‚vt‘ 29/24).
HDI überprüfe „wie jeder andere Versicherer auch regelmäßig“ sein „Angebot in Hinblick auf die Profitabilität. Daraus ergibt sich, dass wir im Bereich Maklerpools das Privatgeschäft einschränken und die Kapazitäten auf das Gewerbe- und Lebensversicherungsgeschäft lenken wollen.“ Die Einschränkung ist, wie eingangs zitiert, so weitreichend, dass HDI privates Kfz-Neugeschäft via Maklerpools nicht mehr annimmt. „Die Zusammenarbeit im Firmen-/Freie Berufe Geschäft sowie das Leben Geschäft bleiben von diesen Vorhaben unberührt“, sagt HDI. Doch wenn HDI explizit von „Maklerpools“ spricht: Steht ‚Maklerpools‘ synonym für alle Poolformen? Auch Pools, die als Versicherungsvertreter mit Erlaubnis registriert sind? Ebenso für Verbünde und Genossenschaften? Oder ausschließlich für Maklerpools, die als Versicherungsmakler registriert sind? Fragen, die wir Vertriebsvorstand Thomas Lüer vorgelegt haben und über die Antwort durchaus erstaunt sind:
„Es geht ausschließlich um Maklerpools“, teilt uns ein Sprecher von HDI mit. Was wohl so ausgelegt werden kann, dass selbst strukturierte Vertriebe vom HDI-Neugeschäftsausschluss nicht betroffen sind. Resultiert denn das defizitäre Geschäft insbesondere über Maklerpools? Auf diese Frage an Lüer liefert der HDI-Sprecher eine noch erstaunlichere Antwort: „Die Anpassungen erfolgen strikt datenbasiert auf der Grundlage von Schadenquoten und Schadenerwartungen. Insbesondere Maklerpools fallen dabei auf.“ Wenn das Maklergeschäft über Pools so problematisch ist: Ist auch bei Versicherungsmaklern mit Direktanbindung geplant, in der privaten Kfz-Versicherung im Neu- und Ersatzgeschäft keine Deckungen mehr anzubieten und das Geschäft in den privaten HUS-Sparten einzuschränken? Das verneint HDI: „Für Versicherungsmakler mit Direktanbindung sind die aktuellen Maßnahmen nicht geplant. Mit diesem Segment wollen wir vielmehr die Zusammenarbeit auch unter Berücksichtigung der Profitabilität stärken und ausbauen.“
Insbesondere Maklerpools sind auffällig bei den Schäden? Wie könnte sich das erklären lassen? Ungeachtet der Rechtsform ist der Poolmarkt nicht einheitlich. Zum einen gibt es Maklerpools, die als Versicherungsmakler registriert sind und, üblicherweise durch Direktanbindungen ersichtlich, ausschließlich mit Versicherungsmaklern zusammenarbeiten.
Des Weiteren lassen sich Poolunternehmen finden, die nicht nur mit Versicherungsmaklern arbeiten, sondern auch mit ‚Mehrfachagenten‘. Doch dazu haben diese Pools, oftmals schon nach Umsetzung des IDD-Vorläufers IMD und Einzug des Vermittlerregisters, einen weiteren Pool gegründet, der als Versicherungsvertreter mit Erlaubnis registriert ist. Kostet Geld und macht Arbeit, sorgt aber für ein rechtlich zulässiges Geschäftsmodell.
Aber nicht überall wo Maklerpool draufsteht ist auch reines Versicherungsmaklergeschäft drin: Immer wieder ist in der Branche zu hören, dass es vereinzelt Maklerpools geben soll, die auch von Mehrfachvertretern, sogar von Ausschließlichkeitsvertretern, Anträge annehmen und durchreichen. Funktionieren könnte das beim Blindpooling. Denn der annehmende Versicherer kann nicht erkennen, wer der Vermittler ist. Allerdings auch nicht, dass damit die ‚Maklerausnahme’ nach § 6 Abs. 6 VVG nicht gegeben ist und eine Beratungspflicht des Versicherers nach Vertragsschluss greift. Womöglich eine Haftungsbombe mit glimmender Zündschnur für alle Mitwirkenden, insbesondere auch für solche Pools.
Ob nun unterschiedliche Schadenquoten auf unterschiedliche Maklerpool-Geschäftsmodelle zurückzuführen sind, lässt die HDI-Antwort nicht erkennen. Bei einem anderen Punkt sind wir gespannt, ob das wirklich so kommt: Bei einem Poolunternehmen, das sowohl über einen Maklerpool als auch einen Mehrfachagentenpool verfügt, das private Kfz-Neugeschäft beim Maklerpool nicht mehr aber beim Mehrfachagentenpool weiterhin anzubieten.
‚vt‘-Fazit: Versicherer müssen Maßnahmen ergreifen, um davongaloppierenden Schaden-Kosten-Quoten Herr zu werden. Das kann bspw. die Prämienkalkulation oder Konsequenzen bei auffällig defizitärem Geschäft betreffen. Davon abgesehen bleibt die HDI-Entscheidung aber bisher nicht nachvollziehbar. Warum sollen ausgerechnet Maklerpools per se schadenträchtigeres Geschäft liefern als Mehrfachagentenpools oder strukturierte Vertriebe?
Und warum werden die Maklerpools nicht differenziert bewertet nach der jeweiligen Schadenquote? Es wird spannend zu beobachten sein, welche Folgen die HDI-Ankündigung haben wird: Ob das letzte Wort da gesprochen oder ob es ein erster Dominostein bzgl. Poolgeschäft ist. Dass HDI nur das Privatgeschäft via Pools einschränken will, spricht nicht für das Letztere. Dennoch, der Krug geht so lange zum Brunnen, bis er bricht: Wenn einzelne Pools Versicherer wie Zitronen auspressen, dann schadet das am Ende der gesamten Branche!
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