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"Corona-Schockstarre lässt Kundengeschäft 2020 boomen"

Im ersten Moment hört sich diese Feststellung von Prof. Dr. Liane Buchholz so an, als seien die 57 Sparkassen in Westfalen glücklich über das politisch stark beeinflusste Wegbrechen ganzer Zweige in der Realwirtschaft. Dieser Eindruck ist allerdings völlig falsch! Denn auch im Sparkassenverband Westfalen-Lippe spürt man natürlich die wirtschaftlichen Auswirkungen, wenngleich auch der Blick auf die Eckdaten vordergründig zunächst anderes vermuten lässt. Welchen Drang auf die SVWL-Sparkassen der Lockdown allein im April ausgelöst hat, geben diese Zahlen eindrucksvoll wider: ++ Die Neuzusagen für Kredite an Unternehmen und Selbständige stiegen – betrachtet man nur den April 2020 – gegenüber dem Vorjahresmonat um 82 %. Das waren in Summe 606 Mio. € mehr ++ Und auch die Einlagen katapultierten im April förmlich nach oben: Im Schnitt legten die Kunden jeden Werktag 130 Mio. € zusätzlich zur Seite. "Im April waren bereits nach lediglich drei Werktagen mehr Einlagen zusammengekommen als in den ersten 13 Wochen des Jahres zuvor."

An der gewaltigen Diskrepanz zwischen Einlagen und Kreditvergaben macht Buchholz einen massiven Kritikpunkt an der EZB-Zinspolitik fest, da die Minuszinsen real zu einem dicken Problem für die Sparkassen werden: 2020 wuchs trotz des Nachfragebooms an Krediten die Diskrepanz zwischen Kredit- und Einlagenbestand um 71 % auf 10,6 Mrd. €, was zu einer finanziellen Belastung führt, da bereits mehr als drei Viertel der Sparkassen in Westfalen-Lippe schon im September 2019 die von der EZB eingeführten Freibeträge für die sog. Überschussliquidität ausgeschöpft hatten. Das wiederum bedeutet, die darüber hinausgehenden Beträge werden nunmehr mit 0,5 % Minuszins belegt. Dies wiederum, so Buchholz, koste die Sparkassen insgesamt 11 Mio. € Zinsen. Und Buchholz erläutert diese Zahl: "Als die Freibeträge im Herbst 2019 eingeführt wurden, deckten sie 55 % aller Bankeinlagen bei der EZB ab. Inzwischen fallen nur noch 28 % der Bankeinlagen unter die Freibeträge und dieser Anteil wird infolge der fortlaufenden EZB-Anleihekäufe weiter sinken." Buchholz rechnet weiter: "Zusätzlich werden die Einlagen durch die Bankenabgabe verteuert. Und dann schlägt auch noch die Einlagensicherung mit 0,8 % zu Buche." Das alles mache eine auf Zinserträge ausgerichtete Geschäftspolitik schwierig, wenn nicht sogar unmöglich. Und das vor dem Hintergrund "eines überragenden Engagements der Sparkassen, in Corona-Zeiten fest am Kunden" zu stehen. Daher fordert Buchholz: "Die Freibeträge müssen rauf! Es ist kurioserweise die EZB selbst, die zeitgleich eine bessere Ertragslage der Kreditinstitute fordert. Wenn jedoch Einlagen bei der EZB Zinsen kosten und zugleich die einlagenabhängige Bankenabgabe steigt, können wir uns drehen und wenden wie wir wollen – dann frisst die EZB-Politik unsere Effizienzerfolge auf."

Doch Prof. Buchholz belässt es nicht mit ihrer scharfen Kritik an der EZB, sie fordert auch die Bundesregierung auf zu handeln: Um Tempo zu machen, bräuchten Wirtschaft und Investoren jetzt "attraktive Bedingungen", um "an der Struktur und Zukunftsausrichtung arbeiten zu können". Geld der Investoren, so die Praktikerin, wandere dahin, "wo es die größte Chance hat, sich schnell zu vermehren". Insofern sei es kein Anreiz, wenn Deutschland bei der nominalen Ertragssteuerbelastung von Kapitalgesellschaften mit 31,3 % um rund 8-%-Punkte über dem OECD-Schnitt liege. Die USA hätte es vorgemacht und die Unternehmensbesteuerung bereits Anfang 2018 massiv auf 25,9 % gesenkt. In der Folge hätten Frankreich, Italien, Belgien und Großbritannien die Besteuerung der Unternehmen gesenkt. Und wörtlich: "Ich unterstütze darum die Forderungen der Wirtschaftsverbände nach einer Reform der Unternehmenssteuern. Die, um es klar zu sagen, müssen jetzt runter!" Deutschland habe sich wirklich prächtig entwickelt, aber "wenn wir innovative Unternehmen haben wollen, brauchen sie steuerliche Entlastungen."

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