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Dem Skandalisierungs-Marktwächter lässt die BaFin die Luft raus

Unter exklusiver Einbindung von ,Die Zeit‘ (Bericht am 14.07.2016) lieferte der Marktwächter Finanzen der Verbraucherzentrale Hamburg (VZHH) Hand in Hand mit dem Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) eine Vorverurteilung von Lebensversicherern („Marktwächter: Sorgt mit Standmitteilung-Eigendefinition für 100 % Durchfallquote“, vgl. ‚vt‘ 30/16). 18 LV-Standmitteilungen (von 900 untersuchten) wurde die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben abgesprochen. Nach langer Prüfung kommt die BaFin nun aber zu einem ganz anderen Ergebnis: Die Versicherer konnten durch die von den sogenannten Verbraucherschützern beigefügten Anlagen identifiziert werden und wurden somit öffentlich angeprangert. Der vzbv teilte in einer Pressemitteilung (14.07.2016) mit, er habe „diese Rechtsverstöße der BaFin gemeldet“. Hier war nicht die Rede von ‚vermuteten’ Rechtsverstößen, sondern es erfolgte eine knallharte öffentliche Verurteilung. Wenn eine Prüfung durch die dafür zuständigen Behörden eine Missachtung gesetzlicher Vorgaben erbringt, sollten die Verfehlungen entsprechend sanktioniert werden. Während der Finanzmarktwächter wie ein Schnellverurteilungsgericht agierte, prüfte die BaFin sorgfältig. ‚versicherungstip’ blieb am Ball und fragte mehrfach den Stand der Untersuchung ab und informierte über die Zwischenstände („Vom Markwächter verurteilte Standmitteilungen bei BaFin immer noch in Prüfung“, vgl. ‚vt’ 50/16; „Von Marktwächtern vorverurteilte LV-Standmitteilungen weiterhin in BaFin-Prüfung“, vgl. ‚vt’ 15/17; „Nach 15 Monaten: BaFin-Prüfung zum Markwächter-Vorwurf immer noch nicht fertig“, vgl. ‚vt’ 45/17). Regelmäßig antwortete die BaFin: „Der Schriftverkehr mit einigen Unternehmen ist noch im Gang. Hintergrund ist, dass die gesetzlichen Vorgaben knapp gehalten sind und es in der juristischen Fachliteratur umstritten ist, welche Angaben in einer Standmitteilung zwingend enthalten sein müssen.“ Zudem wies die Aufsicht auf das zwischenzeitlich am 10.05.2017 vom Landgericht Frankfurt ergangene Urteil (Az.: 2-06 O 375/16) zu früheren Standmitteilungen hin (vgl. ‚vt’ 26/17). Aktuell im April 2018 fragte ‚vt’ erneut nach dem „Ergebnis der im Juli 2016 eingeleiteten BaFin-Prüfung zu Standmitteilungen der Lebensversicherer nach Untersuchung der Marktwächter Finanzen“. Nun kann die Aufsicht endlich mitteilen, dass die Prüfung zu allen 18 Standmitteilungen abgeschlossen ist:

Bei wie vielen Standmitteilungen ist die BaFin zu dem Ergebnis gekommen, dass diese die gesetzlichen Vorgaben nicht erfüllen? Auf unsere Frage heißt es: „Die BaFin ist bei drei Standmitteilungen zu dem Ergebnis gekommen, dass diese die gesetzlichen Vorgaben nicht erfüllen. Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, dass die noch aktuellen und zum Zeitpunkt der Untersuchung geltenden gesetzlichen Vorgaben sehr knapp gehalten sind und es juristisch umstritten ist, welche Angaben eine Standmitteilung zwingend enthalten muss. Letztlich haben die meisten Unternehmen ihre Standmitteilungen noch im Laufe der Untersuchung überarbeitet.“

Halten wir fest: Wo der Finanzmarktwächter Lebensversicherer öffentlich anprangert, bei 18 Standmitteilungen die gesetzlichen Vorgaben nicht einzuhalten, kommt die Fachaufsicht zu dem Ergebnis, dass bei drei Standmitteilungen Rechtsverstöße vorliegen. Das sind drei zu viel. Aber es bleiben 15 Unternehmen, die unschuldig von den Marktwächtern an den Pranger gestellt wurden. Zu unserer Frage an die Aufsicht, worin die Rechtsverstöße konkret bestehen, heißt es, dass „die Wertangabe der Todesfallleistung – abzuleiten aus § 155 VVG – fehlte“. Wie viele Versicherer wurden mit welchen Sanktionen belegt? „Da die betroffenen Unternehmen die Angaben in ihren Standmitteilungen auf Hinweis der BaFin ergänzt haben, wurden keine Sanktionen ausgesprochen.“ Wer bei Rot über die Ampel fährt und erwischt wird, der wird von Polizisten nicht aufgefordert, zurück zu fahren und dann bei Grün die Ampel zu passieren, sondern erhält ein Bußgeld, mindestens einen Punkt in Flensburg und je nach Schwere des Verstoßes zudem ein Fahrverbot. Wenn die BaFin keine Bestrafung ausspricht, dann schließen wir daraus, dass der Verstoß weitaus geringfügiger war als es die sogenannten Verbraucherschützer in ihrer Presseinfo darstellten.

‚vt’-Fazit: ++ LV-Kunden haben nicht nur bei Vertragsabschluss, sondern auch während der Vertragslaufzeit ein berechtigtes Interesse, korrekt über den aktuellen Stand unterrichtet zu werden. Hier gab es in der Vergangenheit berechtigte Kritik an Verständlichkeit und Informationsgehalt vieler Standmitteilungen. Verbesserungen, die mit dem ‚neuen’ § 155 VVG zum 01.07.2018 in Kraft treten, sind im Interesse der Verbraucher ++ Die populistische Verurteilung, dass zahlreiche Rechtsverstöße vorliegen, dient aber nicht dem Verbraucherschutz, sondern der Publicity von vzbv und Finanzmarktwächter. Die arrogante Selbstverständlichkeit, mit der nicht über ‚vermutete‘ Rechtsverstöße informiert wurde, sondern wie eine Gerichtsinstanz zu verurteilen und auch unbescholtene Unternehmen populistisch an den Pranger zu stellen, hat die BaFin nun entlarvt. Wenn Verbraucher, Medien und Politiker durch ein Skandalisierungsbestreben der Marktwächter falsch informiert werden, dann müssen die jährlich (je Marktwächter) 5 Mio. € Zuschüsse aus Steuermitteln (vgl. ‚vt’ 39/17) auf den Prüfstand gestellt werden ++ Organisationen, die mit Steuerzahlergeldern finanziert oder zumindest erheblich unterstützt werden, sollten verpflichtet werden, ideologie- und vorurteilsfrei Verbraucher faktenbasiert aufzuklären und den gesetzlichen Vermittler-/Beraterpflichten unterliegen, wie Erlaubnis, Sachkundeprüfung, Weiterbildungspflicht, Dokumentationspflicht und VSH.

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