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Fonds Finanz-Mehrheitsverkauf: Markus Kiener und Norbert Porazik machen Kasse

Für Markus Kiener und Norbert Porazik, Geschäftsführer und bisher Eigentümer der Fonds Finanz Maklerservice GmbH, dürfte der Coup, sehr verehrte Leserin, sehr geehrter Leser, ein vorgezogenes finanzielles Weihnachtsgeschenk sein: Der Private-Equity-Investor HgCapital steigt als künftiger Mehrheitsaktionär bei dem Münchner Pool ein! Hg übernimmt 60 % der Gesellschaftsanteile von den beiden Eigentümern. Somit verbleiben 40 % bei Kiener und Porazik. Wie dick die Schecks sind, die die beiden Fonds Finanz-Urgesteine erhalten, bleibt unklar. Denn „die Bedingungen der Transaktion wurden nicht bekannt gegeben“, teilt Hg mit. Für einen vorgezogenen Ruhestand, den beide Selfmade-Millionäre aber (noch) nicht anstreben, sollte es allemal reichen.

Dabei ist es in erster Linie ein Weihnachtsgeschenk, das Kiener und Porazik sich selbst machen bzw. erarbeitet haben: Norbert Porazik, damals 21 Jahre alt, gründete 1996 sein eigenes Maklerbüro mit dem Namen Fonds Finanz und legte damit den Grundstein für den späteren Maklerpool. Markus Kiener stieg 2002 als zweiter geschäftsführender Gesellschafter bei Fonds Finanz ein.

Den Erfolg muss man nicht neiden, er darf aber auch nicht blind machen vor berechtigter Kritik. Daher haben wir bei dem Geschäftsmodell immer wieder anlassbezogen genau hingeschaut, bspw. bei: ++ Der dubiosen Intransparenz. Einige Pools haben, oftmals schon nach Umsetzung des IDD-Vorläufers IMD und Start des Vermittlerregisters, einen weiteren Pool gegründet, der als Versicherungsvertreter mit Erlaubnis registriert ist, damit sie völlig legal mit ‚Mehrfachagenten‘ zusammenarbeiten können. Fonds Finanz hat ‚nur‘ eine Registrierung als Versicherungsmakler, aber spricht „alle Versicherungsvermittler“ an und in der Branche gibt es immer wieder zu hörende Gerüchte, dass der Maklerpool von Mehrfachvertretern, sogar von Ausschließlichkeitsvertretern, Anträge annimmt und durchreicht.

Funktionieren könnte das, denn da Fonds Finanz immer noch im Blindpooling arbeitet, kann der annehmende Versicherer nicht erkennen, wer der Vermittler ist. Allerdings auch nicht, dass damit die ‚Maklerausnahme’ nach § 6 Abs. 6 VVG nicht gegeben ist und eine Beratungspflicht nach Vertragsschluss greift. Ein brisantes Thema, zu dem Porazik auf Anfragen der ‚vt‘-Redaktion aber nicht antwortete und somit bisher jegliche Aufklärung schuldig blieb.

Vielleicht aus nachvollziehbarem Grund, denn wenn der Pool, der – nomen est omen? – die ‚Münchner Makler- und Mehrfachagentenmesse‘ ausrichtet, seit jeher auch mit Vertretern zusammengearbeitet und die notwendige Umstellung – Beendigung der Zusammenarbeit mit Vertretern oder Gründung einer Versicherungsvertreter-Tochtergesellschaft – im Zuge der schärferen Regulierung ‚verpasst‘ hat, würde die neue Umsatzverteilung nach Gründung eines Vertreter-Pools entlarven, wie viel Geschäft Versicherern als Maklerpool angedient wurde, das aber von Vertretern stammt. Das könnte ein gewaltiges haftungs- und aufsichtsrechtliches Problem zu Tage fördern  („In welchem Umfang poolt der ‚Maklerpool‘ Fonds Finanz Vertretergeschäft?“; vgl. ‚vt‘ 28/20).

++ Einer zusammen mit der Nürnberger Leben lancierten höchst fragwürdigen BU-Aktion mit angeblich „nur zwei Gesundheitsfragen“, die BU-Experte Versicherungsmakler Matthias Helberg/Osna-brück als „BU-Aktion für Policen-Verklopper“ kritisierte („Fonds Finanz und Nürnberger kurbeln schnellen Verkauf von BU an“; vgl. ‚vt‘ 25/20)  ++ Der vollmundigen Werbung für den hauseigenen Edelmetalltarif easyGoSi, das als Produkt zur Vermittlung ohne gewerberechtliche Erlaubnis – auch ohne § 34f GewO! angepriesen wurde, ohne Versicherungsmakler auf die fehlende VSH-Absicherung hinzuweisen („Fonds Finanz: Russisches Haftungs-Roulette mit easyGoSi GOLDEN GATES?“; vgl. ‚vt‘ 25/21).

Aber kommen wir zurück zu dem erfolgreichen Verkauf, der sicher Balsam für die Seele der beiden Geschäftsführer nach dem geplatzten softfair-Millionen-Traum ist. Damals fanden sich nicht ausreichend Bieter, die bereit waren, einen Anteilspreis auf den Tisch zu legen, die in der Summe wohl ein Mehrfaches  einer seriösen Unternehmensbewertung dargestellt hätte („softfair-Deal: An den wahnwitzigen Preisvisionen der Fond Finanz-Chefs gescheitert?“; vgl. ‚vt‘ 08/20).

Jetzt gehen 60 % der Fonds Finanz an Hg, deren Director Benedikt Joeris dies so kommentiert: „Wir haben diese Branche in den letzten zehn Jahren sehr gut kennengelernt und die Fonds Finanz auf Anhieb als wichtigen Vertriebskanal für Versicherungsunternehmen erkannt.“ Die Hg-Investitionskriterien sind laut ‚Investorenguide.de‘ von Zerbach & Company | Corporate Finance GmbH bzgl. ++ Beteiligungshorizont „befristet“ ++ Beteiligungsart „Mehrheit“ und ++ Finanzierungsanlässe: „Wachstumskapital / Growth Capital“ sowie „Unternehmensnachfolge / Buy-out“.

An die Vorbereitung einer Unternehmensnachfolge ist aber nach den Worten von  Norbert Porazik nicht gedacht: „Markus Kiener und ich haben für die nächsten 25 Jahre große Pläne mit der Fonds Finanz. Gemeinsam mit Hg werden wir mit gezielten Firmenübernahmen den Maklerpool der Zukunft aufbauen: Mit der innovativsten Technologie und dem besten Service machen wir die Makler langfristig fit für alle Herausforderungen. Unser klares Ziel ist weiteres Wachstum.“ Ob bei der weiteren Geschäftspolitik der Schwanz (40 % Anteile) mit dem Hund (60 % Anteile) wackelt, bleibt indes noch abzuwarten.

Fest steht allerdings, dass Porazik seinen und Kieners beruflichen Zeithorizont damit kräftig ausdehnte und seine Meinung zum Verkauf um 180 Grad drehte. Denn erst vor gut einem Jahr zitierte ‚Pfefferminzia‘ Porazik: „Wir wollen noch 20 Jahre (…) wir haben noch keinen Bedarf zu verkaufen.“ Aber wenn Politiker für sich in Anspruch nehmen, ‚was kümmert mich mein Geschwätz von gestern‘, dann wird man das auch einem Fonds Finanz Geschäftsführer zubilligen müssen. Dass man statt mit Mitte Sechzig die Arbeitsbühne verlassen nun bis über Siebzig draufbleiben will, ist da noch eine Marginalie.

Aber der Sinneswandel in so kurzer Zeit vom Nichtverkauf zum Verkauf der Mehrheitsanteile lässt die Frage aufkommen, wie ernst Versicherungsmakler andere Porazik-Ankündigungen nehmen sollten. Vollmundige Worte finden Kiener und Porazik jedenfalls auch in einer Vertriebspartnerinfo zum Deal: „Alle Marktteilnehmer der deutschen Finanzdienstleistungsbranche nutzen das Angebot der Fonds Finanz täglich. Wer Maklerpool sagt, meint Fonds Finanz.“

Das sieht aber nicht jeder Vermittler so. Jedenfalls schreibt uns ein fränkischer Versicherungsmakler, der uns als erstes die Vertriebspartner-Info auf den Tisch legte: „Ich habe noch immer im Ohr, dass die beiden Geschäftsführer immer wieder betonten, dass die Fonds Finanz nicht verkauft wird. Was passiert nun mit den ‚Blindpool Verträgen‘? Nirgendwo ist in den Policen und Anschreiben der Vermittler genannt. Was halten Sie davon? Kann man noch Bestände dort aufbauen?“ Berechtigte Fragen, die sich jetzt viele Versicherungsmakler stellen, und die die ‚vt‘-Redaktion in nächster Zeit intensiver beschäftigen werden.

‚vt‘-Fazit: ++ Die mit dem Anteilsverkauf verbreitete Wachstumsstory liest sich gut. Gleichwohl ist es mehr als verständlich, dass Versicherungsmakler sich Sorgen machen. Ganz so vergesslich, wie es Kiener und Porazik offensichtlich glauben, sind Versicherungsmakler jedenfalls nicht. Wie sehr die Hütte (auch auf Facebook) brennt, zeigt sich auch daran, dass Porazik der Presseinfo vom 10.12. und der Vertriebspartnerinfo am 13.12. eine sechsminütige Videobotschaft nachschiebt.

++ Trotz jahrelanger Kritik arbeitet Fonds Finanz weiterhin mit Blindpooling, so dass nicht der Versicherungsmakler, sondern Fonds Finanz als einreichender Pool in der Police steht. Transparenz und höhere Sicherheit für den eigenen Bestand ist dann gegeben, wenn der Vermittler vom Versicherer erkannt und als Vermittler geführt wird. Dass der vermeintlich so fortschrittliche ‚Makler’-Pool technisch um Jahre rückständig ist, muss verwundern.

Es klemmt ausgerechnet da, wo Transparenz für Versicherungsmakler und Versicherer notwendig ist. „Der Kaufpreis soll sich auf knapp 200 Mio. € belaufen“, berichtet die Süddeutsche Zeitung zum Deal. An Geld mangelt es Hg demnach nicht. Die erste sinnvolle Investition der Fonds Finanz unter dem Mehrheitseigner Hg sollte daher sein, Fonds Finanz technisch auf einen Stand zu bringen, auf dem andere seriöse Maklerpools schon seit Jahren sind.

 

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