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Generali Deutschland Pensionskasse lehnt Reaktivierung beitragsfreier Verträge ab

Auslöser ist die dauerhafte Niedrigzinsphase, die so manchen Versicherer bei der Einhaltung hoher Garantiezusagen vor Probleme stellt. Für Arbeitgeber, versicherte Personen und Versicherungsmakler ist es eine Katastrophe: Die Generali Deutschland Pensionskasse AG (GDPK) zeichnet bereits seit 2017 kein Neugeschäft mehr. Beitragsfrei gestellte Verträge werden je nach Grund der Beitragsfreistellung und vertraglicher Regelung nicht wieder in den alten Zustand versetzt – das aber war bisher problemlos möglich, berichten Versicherungsmakler.

So erfährt bspw. eine versicherte Person, die nach einer im Zuge eines Arbeitgeberwechsels erfolgten Beitragsfreistellung den Vertrag wieder bedienen will, das sei nicht möglich: „Sie möchten wieder Beiträge zu ihrer Versicherung zahlen. Die Versicherung besteht derzeit beitragsfrei. Um den Vertrag fortführen zu können, müssten wir ihn wieder in Kraft setzen“, antwortet die GDPK und erteilt eine Absage: „Leider bieten wir diese Möglichkeit nicht an.“

Die Konsequenz: „Die Versicherung bleibt weiterhin beitragsfrei bestehen.“ Die Aussage, dass die GDPK diese Möglichkeit nicht anbietet, ist so nicht nachvollziehbar. Denn unter Beachtung von Fristen war das in der Vergangenheit möglich, berichten betroffene Versicherungsmakler. Wie uns aus Generali interner Quelle berichtet wird, soll die neue Vorgehensweise auf einem Vorstandsbeschluss um den Vorstandsvorsitzenden Mathias Enders beruhen.

Wir haben umgehend den Pensionskasse-Chef um Aufklärung gebeten: ++ Warum setzt die GDPK Verträge nach Beitragsfreistellung nicht wieder in Kraft? ++ Liegt dem ein Beschluss des Vorstandes zugrunde und von wann datiert dieser Beschluss? ++ Seit wann wendet die Generali Pensionskasse diesen Beschluss an? ++ Lehnt die Generali Pensionskasse die Wiederinkraftsetzung nach beitragsfreier Zeit ab, wenn die beitragsfreie Zeit durch Elternzeit, durch einen Arbeitgeberwechsel oder durch Krankheit über den sechswöchigen Lohnfortzahlungszeitraum hinaus bedingt ist und auf welcher Rechtsgrundlage basiert dies?

++ Informiert die Generali Pensionskasse die VN bei der Bitte um Beitragsfreistellung darüber, dass der Vertrag anschließend nicht wieder in Kraft gesetzt wird? Wenn nein: Wie vereinbart sich nach Auffassung der Generali Pensionskasse die Nichtaufklärung des Kunden mit § 1a VVG und den Beratungspflichten nach Vertragsschluss nach § 6 VVG? ++ Wurden Versicherungsmakler von der Generali Pensionskasse informiert, dass beitragsfreie Verträge nicht wieder in Kraft gesetzt werden? Wenn ja, wann und wie?

Eine geänderte Vorgehensweise kann gravierende Nachteile für Arbeitgeber, versicherte Personen und womöglich Haftungsgefahr für Versicherungsmakler bedeuten. Halten wir fest: Eine gesetzliche Pflicht zur Wiederinkraftsetzung des Vertrages mit alter Beitragshöhe nach einer Beitragsfreistellung aufgrund AG-Wechsel oder längerer Krankheit besteht nicht. Anders sieht es bei einer Beitragsfreistellung aufgrund Elternzeit aus.

Das regelt § 212 VVG („Fortsetzung der Lebensversicherung nach der Elternzeit“): „Besteht während einer Elternzeit ein Arbeitsverhältnis ohne Entgelt gemäß § 1a Abs. 4 des Betriebsrentengesetzes fort und wird eine vom Arbeitgeber zugunsten der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers abgeschlossene Lebensversicherung wegen Nichtzahlung der während der Elternzeit fälligen Prämien in eine prämienfreie Versicherung umgewandelt, kann die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer innerhalb von drei Monaten nach der Beendigung der Elternzeit verlangen, dass die Versicherung zu den vor der Umwandlung vereinbarten Bedingungen fortgesetzt wird.“

Die GDPK betont in ihrer Antwort, sie stehe „selbstverständlich zu ihren Verpflichtungen gegenüber ihren Versicherungsnehmern und“ erfülle „die vertraglichen Vereinbarungen und Garantien. Dies gilt selbstverständlich auch für Wiederinkraftsetzungen, zu denen es eine vertragliche oder gesetzliche Grundlage gibt.“ Im Falle der Elternzeit greife § 212 VVG, aber „bei Arbeitgeberwechsel und bei Krankheit über den sechswöchigen Lohnfortzahlungszeitraum hinaus erfolgen Wiederinkraftsetzungen“ nur „im Rahmen existierender vertraglicher Vereinbarungen“. Allerdings haben wir in diversen AVB – von 2003 bis aktuell – keine solche Vereinbarung gefunden.

Gleichwohl sagen Versicherungsmakler, dass die Reaktivierung nach Beitragsfreistellung in der Vergangenheit kein Problem war. Die grundsätzliche Problematik sei dem „derzeitigen Kapitalmarktumfeld mit extremen Niedrigzinsen bzw. Negativzinsen“ geschuldet. Das stelle „für die GDPK – wie für alle Pensionskassen in Deutschland mit einem Bestand an hohen Garantiezusagen – eine sehr große Herausforderung dar“, so die Generali. Um diese hohen Garantiezusagen zuverlässig zu erfüllen, habe man bereits 2016 mit Wirkung ab Jahresbeginn 2017 entschieden, „kein Neugeschäft für die GDPK mehr zu zeichnen“.

Das umfasse „auch Anfragen zu Wiederinkraftsetzungen, welche über die gesetzlichen oder vertraglichen Zusagen hinausgehen“. Das könnte man so verstehen, dass die GDPK seit 2017 im Rahmen des Zulässigen keine Wiederinkraftsetzungen mehr vornimmt. Doch Versicherungsmakler berichten über andere Erfahrungen und sind ja eben deshalb so erzürnt, weil dies seit kurzem nicht mehr geht. „Die Vertriebspartner wurden zu der ab 2017 geltenden Entscheidung bzgl. der Einstellung des Neugeschäfts informiert“, räumt die GDPK auf unsere Anfrage ein, dass Vermittler nur zu Neugeschäftseinstellung aufgeklärt wurden. „Eine weitere Information war nicht erforderlich, da die GDPK Wiederinkraftsetzungen im Rahmen der vertraglichen Vereinbarungen und gesetzlicher Grundlagen durchführt“, argumentiert die GDPK.

Versicherungsmakler sehen das verständlicherweise anders: Wenn ein Versicherer in der Vergangenheit Wiederinkraftsetzungen auch dann vorgenommen hat, wenn er gesetzlich oder vertraglich nicht dazu verpflichtet war, dann mag daraus kein Gewohnheitsrecht erwachsen. Aber wie soll ein Versicherungsmakler seine Kunden, Arbeitgeber und versicherte Personen ordnungsgemäß informieren, wenn er von der geänderten Vorgehensweise nichts weiß? Unsere konkrete Frage, wann und wie Versicherungsmakler informiert wurden, beantwortet die GDPK leider nicht.

Versicherungsmakler, die sich an die ‚vt‘-Redaktion gewandt haben, kritisieren die fehlende Aufklärung über die neuere Vorgehensweise. Gleiches gilt wohl auch für VN und versicherte Person. So liegt uns ein Fall vor, bei der die GDPK im Dezember 2020 die gewünschte Beitragsfreistellung bestätigt, auf den vom Versorgungsgedanken abweichenden verminderten Versicherungsschutz hinweist und empfiehlt, den „Vertrag wieder in Kraft zu setzen“.

Die versicherte Person solle mitteilen, „wenn sie wieder Beiträge in den Vertrag einzahlen möchte“. Zudem wird aufgeklärt: „Möchten Sie wieder Beiträge in diesen Vertrag einzahlen, so ist das wegen steuerlicher Vorschriften nur innerhalb bestimmter Fristen möglich.“ Doch nur sechs Monate später, als das Angebot der Beitragszahlung angenommen wird und der Vertrag mit der ursprünglichen Beitragshöhe fortgesetzt werden soll, lehnt die GDPK ab: „Leider bieten wir diese Möglichkeit nicht an.“ Im konkreten Fall könnte das noch zu Rechtsstreitigkeiten führen. Ohnehin spricht die Offerte im Dezember 2020 nicht für eine seit Jahren beschlossene Nichtreaktivierung im Rahmen des rechtlich Zulässigen, sondern für unseren Insider-Hinweis, dass dem eine erst kürzlich getroffene Entscheidung der GDPK-Verantwortlichen zu Grunde liegt.

Eine rechtliche Wertung dürfte damit auch generell anstehen: Denn soweit die Abkehr von der Praxis, beitragsfreie Verträge wieder in Kraft zu setzen, rechtlich zulässig ist, so stellt sich dennoch die Frage, inwieweit Versicherte und Vermittler auf die gängige Praxis vertrauen durften, wenn keine Aufklärung über die geänderte Vorgehensweise seitens Generali erfolgte. „Ein Hinweis im Schreiben zur Beitragsfreistellung an die Versicherungsnehmer ist nicht erforderlich, da Wiederinkraftsetzungen grundsätzlich nicht ausgeschlossen werden“, meint die GDPK. Das wollen wir noch einer eingehenderen Beleuchtung unter Berücksichtigung von § 1a VVG und § 6 VVG unterziehen. Für Versicherungsmakler könnte die Ausnahmeregelung nach § 6 Abs. 6 haftungsrechtlich brisant werden, wobei sich dann die Frage stellt, woher Versicherungsmakler das Wissen hätten haben müssen, dass die GDPK ihren Umgang mit beitragsfrei gestellten Verträgen ‚von heute auf morgen‘ ändert.

‚vt‘-Fazit: ++ Es ist schlimm genug, wenn die Generali Deutschland Pensionskasse beitragsfreie Verträge nur noch dann wieder in Kraft setzt, wenn es eine gesetzliche oder vertragliche Pflicht gibt. Es ist aber zulässig, doch dann sollte das immer nur für in Zukunft beitragsfrei gestellte Verträge gelten. Vermittler, Arbeitgeber und versicherte Personen sollten vorab über die geänderte Vorgehensweise informiert werden. Genau das ist aber offenbar nicht geschehen. Ein fairer Umgang mit allen Betroffenen kann daher nur lauten, bereits beitragsfrei gestellte Verträge so zu behandeln wie bisher.

++ Nutzen Sie als Versicherungsmakler unsere gute ,vt‘-Recherche, um mögliche Haftungsgefahren zu umgehen! Versicherte Personen müssen wissen, welche Folgen eine Beitragsfreistellung bei der GDPK haben können. Ob dann eine private Einzahlung in die bAV sinnvoll und finanziell möglich ist, muss der Betroffene entscheide.

++ Die GDPK hat uns nicht beantwortet, wie Versicherungsmakler informiert wurden. Wenn Sie seit 2016 über die geänderte Vorgehensweise aufgeklärt wurden, können Sie uns das gerne mitteilen.

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