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'Grauer' Kapitalmarkt: Eher grau-schattiert oder fast weiß?

Was versteht man eigentlich (noch) unter dem Grauen Kapitalmarkt, nachdem diverse Regulierungsorkane über den Anlagemarkt hergezogen sind. Die BaFin definiert den Grauen Kapitalmarkt wie folgt: "Auf dem Grauen Kapitalmarkt finden sich dagegen alle Marktteilnehmer und Angebote, die nicht unter den gesetzlichen Erlaubnisvorbehalt fallen, die also keine Erlaubnis der BaFin brauchen und daher auch nicht unter ihrer Aufsicht stehen. Sie können aber – je nach Ausgestaltung – einer Prospektpflicht unterliegen. Auf dem Grauen Kapitalmarkt bewegen sich seriöse Anbieter, aber auch solche, die mit missbräuchlichen Konstruktionen die Erlaubnispflicht umgehen. Auch derartige Geschäftsmodelle können erhebliche Schäden für die Anleger verursachen und darüber hinaus das Vertrauen nicht unmittelbar betroffener Anleger in den Finanzmarkt erschüttern."

Die Links-Partei wollte dies noch genauer wissen und brachte eine 'Kleine Anfrage' zum Thema 'Aktueller Stand der Regulierung des Grauen Kapitalmarktes' in den Bundestag ein, deren Antwort der Bundesregierung nun vorliegt. So klein war die Anfrage allerdings nicht, denn sie enthielt 55 Fragen und die Antwort der Regierung, 23 Seiten inkl. Tabellen (BT-Drs 19/4954). Die beiden Linken-Finanzpolitiker Hubertus Zdebel und Fabio de Masio werten die Antwort wie folgt aus: "Zurzeit sind nach Angaben der Bundesregierung rund 8.000 Finanzinstrumente, die im weitesten Sinne dem Grauen Kapitalmarkt zuzurechnen sind, im Umlauf. Jedoch konstatiert die Bundesregierung, dass die Datenlage dünn ist bzw. Daten und Zahlen teils gar nicht vorhanden sind. Daher dürfte die tatsaächliche Zahl deutlich höher sein. Es liegen keinerlei Daten zu Verlusten, die Verbraucher/innen durch Produkte des Grauen Kapitalmarkts entstehen, vor. Gleichsam werden keine Daten zu Finanzbetrieben, die mit einem Schneeballsystem Anlegergelder eintreiben, ermittelt. Die Polizeiliche Kriminalstatistik schlüsselt bei Anlagebetrug nicht nach Anbieter oder Finanzinstrument auf. Die Bundesregierung stellt einen 'informationsbasierten Anlegerschutz'  mit Prospekten und Infoblättern in den Mittelpunkt. Der Graue Kapitalmarkt wird als ausreichend reguliert angesehen, da es seit 2015 (Kleinanlegerschutzgesetz) umfassende Verbesserungen im finanziellen Verbraucherschutz gab. Anfang 2019 wird ein neuer Evaluierungsbericht vorgelegt."

Für die Linke stellt diese "eine Verbraucherschutzpolitik im Blindflug" dar, so Finanzausschuss-Mitglied Zdebel. Der finanzpolitische Sprecher de Masio sieht gar "einen Schwarzmarkt auf dem Kapitalmarkt" verbunden mit der Forderung nach Finanz-TÜV, Provisionsverbot und einer "inhaltlichen Prüfpflicht von Prospekten" seitens der BaFin. "Zahlen zu den Verlusten von Verbrauchern werden nicht erhoben. Die P&R-Pleite zeigt, dass die BaFin Prospekte nicht nach den Gesetzen der Logik und des ehrbaren Kaufmanns prüft", so di Masio. Schauen wir aber selbst in die Antworten und Zahlen, die die Bundesregierung aktuell vorlegt: Zunächst betont die Regierung, dass der Graue Kapitalmarkt durchaus nicht unreguliert ist, sondern hier für Vertrieb und Anbieter u. a. die Vorschriften des Kleinanlegerschutzgesetzes bzw. Vermögensanlagengesetzes und des Finanzanlagenvermittlungsgesetzes inkl. FinVermV zur Anwendung kommen: "Unter den so genannten Grauen Kapitalmarkt werden – unabhängig von den in den letzten Jahren erweiterten und verschärften regulatorischen Vorgaben – häufig Angebote von Kapitalanlagen gefasst, die nicht in Wertpapieren verbrieft sind und nicht über Banken oder Finanzdienstleistungsinstitute vertrieben werden. Soweit es sich um Vermögensanlagen handelt, gelten grundsätzlich die Transparenzvorgaben des Vermögensanlagengesetzes. Bei der Vermittlung von Vermögensanlagen über Finanzanlagenvermittler müssen diese über eine Erlaubnis nach § 34f der Gewerbeordnung verfügen und bei der Anlageberatung bzw. -vermittlung Vorschriften einhalten, die denen nachgebildet sind, die für Banken und Finanzdienstleistungsinstitute gelten."

Von Gesetzlosigkeit kann also keine Rede sein. Ebenso nimmt die Regierung bei dieser Gelegenheit den üblichen willkürlichen Schätzungen, dass im Grauen Kapitalmarkt jährlich Verluste von 20–30 Mil-liarden € entstehen, den Wind aus den Segeln. Die Linkspartei bezieht sich hierbei auf eine veraltete Studie aus dem Jahr 2012 sowie auf einen offenkundig missverständlichen Bericht des Bayerischen Rundfunks, wonach sich solche Schadenssummen aus der BKA-Statistik ergeben, was die Bundesregierung allerdings verneint. Darüber hinaus gebe es "keine belastbaren Daten" über Verluste auf dem Grauen Kapitalmarkt. Nach einer ersten Evaluierung im Jahr 2017 beabsichtigt die Bundesregierung darüber hinaus, dem BT-Finanzausschuss Anfang 2019 einen weiteren Evaluierungsbericht zum Kleinanlegerschutzgesetz vorzulegen: "In diesem Rahmen wird insbesondere untersucht, ob die Angaben in den Vermögensanlagen-Informationsblättern als Informationsquelle für Anleger angemessen sind, ob die Einzelanlageschwellen der Befreiungsvorschrift für Schwarmfinanzierungen sachgerecht sind und inwieweit Projekte zur Immobilienfinanzierung von den Befreiungen für Schwarmfinanzierungen Gebrauch machen und dies insbesondere mit Blick auf den Zweck des Befreiungstatbestands angemessen erscheint." Viele weitere Fragen der Linken beziehen sich zudem auf die Rolle u. a. der BaFin bei P&R, wobei die entsprechenden Fragen und Antworten bereits in Rahmen einer Anfrage der Grünen enthalten waren (vgl. 'k-mi' 46/18).

'k-mi'-Fazit: Sofern die Linken eine "Verbraucherschutzpolitik im Blindflug" unterstellen, nur weil es keine Erhebung zu Verlusten im Grauen Kapitalmarkt gibt, schießen diese deutlich übers Ziel hinaus. Das Problem beginnt schließlich schon damit, einen 'Verlust' zu definieren und genau zu beziffern. Für die oft im politischen Schlagabtausch willkürlich ins Feld geführten Schadenssummen von zig Milliarden gibt es zumindest keine offizielle und plausible Grundlage. Auf jedem Kapitalmarkt entstehen naturgemäß Verluste. Der Begriff Grauer Kapitalmarkt macht daher immer weniger Sinn. Das Beispiel der Deutschen Bank sowie anderer Geldhäuser aus dem 'Weißen Markt', die Skandale und Billionenverluste aufgetürmt haben, zeigt in aller Deutlichkeit, wie ineffizient die stärkste Regulierung sein kann. Die Regulierungsspirale immer weiter zu drehen, wie es den Linken vorschwebt, bringt auch den Anlegern nichts. Diese könnten am ende nur noch vollkommen entmündigt in eine Handvoll renditeschwacher Produkte investieren.

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