Aktuelles

Hahn Pluswertfonds 177: Ist der Zenit längst überschritten?

Nach Mönchengladbach zieht es nicht nur Adi Hütter als neuen Borussia-Trainer zur kommenden Bundesliga-Saison, was so manchen Eintracht-Sympathisanten in der Finanzmetropole Frankfurt noch immer ungläubig ob dieses Ortswechsels die Nase rümpfen lässt. Auch Anleger des neuen Hahn-Angebotes Hahn City Markt Center Mönchengladbach GmbH & Co. geschlossene-Investment-KG (32 Mio. € Eigenkapital, wovon 28,736 Mio. € auf die neu beitretenden Gesellschafter und 3,264 Mio. € auf die verbleibenden Altgesellschafter entfallen) sollen sich für den 270.500 Einwohner-Standort als Investmentziel erwärmen. Die Fondsgesellschaft wurde im Jahr 2000 unter der Firmierung Otten Objekt Rheydt KG gegründet. Die Anteile an der Fondsgesellschaft wurden im Januar 2021 seitens der Hahn Gruppe von den Alt-Investoren mehrheitlich übernommen.

Die Hahn Gruppe bietet nun als neuen AIF-Fonds auf einem 29.286 m² großen Grundstück in der Mittelstr., Ecke Dahlener Straße in Mönchengladbach, mit einer Gesamtmietfläche von 21.529 m² ein Gebäudeensemble aus ++ einem im Jahr 2002 errichteten Fachmarktzentrum (9.430 m²/Generalmieter Edeka), einem 2004 errichteten Verwaltungs- und Versorgungszentrum (Hauptmieter mit 3.584 m² ist die Techniker Krankenkasse) und einem 2006 errichteten Ärztehaus (Hauptmieter ist medicoreha mit 2.944 m²) samt 598 Stellplätzen an. Die durchschnittliche Mietrestlaufzeit beträgt 8,7 Jahre. Ausgelobt wird über 15,25 Jahre eine durchschnittliche Ausschüttung ohne Agio und vor Steuern von 4,5 %  p. a. bzw. ein durchschnittliches Ergebnis von 2,38 % p. a."Die Kalkulation der Fondsgesellschaft basiert auf der Annahme einer Wertsteigerung der Immobilie", heißt es im Verkaufsprospekt. Doch wie werthaltig ist diese prognostizierte Annahme?

Der Einkaufsfaktor beträgt das 19,22fache der Jahresnettokaltmiete, was für eine teils fast 20 Jahre alte Immobilie dieser Art sicherlich kein Schnäppchen ist. Hinzu kommt, die Stadt Mönchengladbach hat ++ ein unterdurchschnittliches Kaufkraftniveau  ++ eine überdurchschnittlich hohe Arbeitslosenquote ++ eine hohe Arbeitskraftabhängigkeit von der wirtschaftlich sehr gebeutelten Bekleidungsindustrie und ++ am Objektstandort im Stadtteil Rheydt schließen Karstadt sowie C&A als Publikumsmagneten ihre Pforten. Inwiefern droht diesem Standort möglicherweise eine Verödung mit anschließenden Vermietungsproblemen für das eigene Immobilienensemble?

Thomas Kuhlmann, Vorstand der Hahn Gruppe, erläutert gegenüber 'k-mi': "(…) Deutsche Innenstädte, wie auch Mönchengladbach, stehen grundsätzlich in Bezug auf ihren Einzelhandelsbestand vor großen Herausforderungen und müssen mit einem potenziellen Leerstand von Warenhäusern und Modehändlern umgehen. Dies betrifft aber vor allem den auf den aperiodischen Bedarf ausgerichteten Einzelhandel. Hiervon getrennt sind die Einrichtungen des Einzelhandels mit Waren des täglichen Bedarfs bzw. mit Angeboten der Grundversorgung zu sehen.

Die City Markt Galerie mit den beiden Schwerpunkten Lebensmitteleinzelhandel und medizinische Grundversorgung bildet insofern eine Ausnahme und ist losgelöst von der Innenstadt zu betrachten. Der Standort ist vor allem auf den motorisierten Kundenbetrieb und nicht nur auf allgemeine Pendlerströme ausgerichtet. Aufgrund des sehr attraktiven Angebots entfaltet der Standort seine eigene Ausstrahlungswirkung." Wie exklusiv diese Meinung sein könnte, darauf könnte hindeuten, dass die Altgesellschafter jetzt lieber größtenteils Kasse mit dem Objekt gemacht haben, nachdem "die Investmentgesellschaft im Betrachtungszeitraum 2011 bis 2020 bis zum Ende des Kalenderjahres keine Erträge ausgeschüttet hat", wie es im Verkaufsprospekt heißt.

Zu den Altgesellschaftern gehört die sehr heimatverbundene Familie Viehof aus Mönchengladbach. Der inzwischen verstorbene Eugen Viehof verkaufte 1998 sein Lebenswerk, die Allkauf-Gruppe, für rund 1,2 Mrd. DM an Metro und hinterließ seinen vier Söhnen jeweils ein beträchtliches Vermögen. Wir gehen davon aus, dass man sich nun nicht aus Liquiditätsgründen von der in der Heimatstadt gelegenen Immobilie größtenteils getrennt hat.

Auch der weitere Gründungsgesellschafter Fritz Otten, GGF OttenArchitekten GmbH/Korschenbroich, ist vom Fach. Im Interview in der 'Bauwelt' 7/2020 ließ er sich wenig schmeichelhaft über den Standort aus: "Mönchengladbach hatte es versäumt, auf die Herausforderungen, die der sukzessive Zusammenbruch der Textilindustrie mit sich brachte, mit einer Vision für die Zukunft zu antworten. Das gilt sowohl für die wirtschaftlichen Aspekte, als auch für den Städtebau. Die Krise führte die Stadt unter das Kuratel der Haushaltssicherung. Das führte zu einer Stadtentwicklung von der Hand in den Mund – ohne Öffentlichkeit. Die Entscheidungen fielen in bestimmten Hinterzimmern (…)."

Otten arbeitet an einem Masterplan für Mönchengladbach. Gegenüber der 'Bauwelt' äußert er seine Wünsche: "Mein Traum ist eine Stadt, die ihre autogerechte Vergangenheit mit überdimensionierten Straßenschneisen und Kreuzungen endgültig überwindet und damit wertvolle Räume für Menschen gewinnt." Ein Zukunftsszenario, dass dem Fondsobjekt, das auf die gute Erreichbarkeit durch Autos setzt, nicht zwingend in die Hände spielen würde. Wobei wir die Vorort-Lage mit einer eher für Kunden unbeliebten Parkdeckgarage und kostenpflichtigen Parkgebühren ab 90 Minuten Aufenthalt (Preis für die erste folgende Stunde liegt bei 2  €, für jede weitere Stunde bei 1,50 €) im Wettbewerbsvergleich zu ebenerdig und kostenfrei erreichbaren Lebensmittelhändlern, im Nachteil sehen.

Der Mietvertrag der Techniker Krankenkasse (18,9 % Gesamtmietanteil) endet bereits im April 2023. Zu den prospektierten Risiken gehört u. a., "(…) wenn in Bezug auf die aktuell von der Techniker Krankenkasse als eine Mieteinheit genutzten Flächen eine Unterteilung dieser Flächen in kleinere Mieteinheiten notwendig wird oder auch wenn aufgrund von grundsätzlich geänderten Flächenanforderungen eine Neupositionierung der gesamten Immobilie mit neuen Nutzungsschwerpunkten erforderlich wird. Hierdurch kann die Kapitalanlage gefährdet werden, was zu einem teilweisen oder vollständigen Verlust des Zeichnungsbetrages des Anlegers führen kann.“ Hinzu kommt aus unserer Sicht verschärfend das Risiko, dass die Techniker Krankenkasse zukünftig weniger Bürofläche benötigen könnte, weil sich viele Mitarbeiter an Homeoffice-Lösungen gewöhnt haben.

Die Gesamtinvestitionskosten belaufen sich auf 60,6 Mio. €, wovon der Immobilie 51,57 Mio. € (Verkehrswert) zugerechnet werden. Auf diese Höhe taxiert am 15.03.2021 der Gutachter Prof. Dr. Andreas Link/Köln den Wert der Immobilie zum Stichtag 10.02.2021. Jones Lang La Salle/Frankfurt kommt am 24.03.2021 zum Stichtag 31.01.2021 auf einen Marktwert von unwesentlich höheren 51,9 Mio. €. Nicht genannt im Prospekt sind die Kaufpreiskonditionen zwischen den Altgesellschaftern und der Hahn Gruppe.

Bemerkenswert in dem Zusammenhang ist, dass der Deal ohne einen zuvor eingeholten Gutachterwert über den Tisch ging: "Dem Anteilskauf lag kein Gutachten zugrunde. Ungeachtet dessen wurden unsererseits zur Verifizierung unseres Angebotes entsprechende Ersteinschätzungen seitens des Wertgutachters eingeholt", erklärt uns Kuhlmann. Im Rahmen der geschlossenen Anteilskaufverträge mit den Gesellschaftern der Otten Objekt Rheydt KG haften diese nur für den lastenfreien Anteilsübergang, nicht jedoch für Gebäudemängel oder Altverbindlichkeiten der Fondsgesellschaft. "Unvorhergesehene Altverbindlichkeiten treffen also die neuen Gesellschafter", heißt es in den Prospektunterlagen. Da sich auf der Verkäuferseite absolute Immobilienprofis befinden, die wissen, was sie in die Verträge schreiben, halten wir es für recht mutig seitens der Hahn Gruppe, auf ein Wert-gutachten vor dem Kaufabschluss  zu verzichten.

Unweigerlich stellt sich hier auch die Frage: Sind bei dem Investment für die Hahn-Gruppe bzw. ihr nahestehenden Personen oder Gesellschaften Zwischengewinne angefallen, wenn denn schon der eigene Kaufpreis ungenannt bleibt? Kuhlmann führt dazu aus: "Vorbehaltlich der prospektgemäßen Platzierung des Fonds wird die Hahn Gruppe neben den im Verkaufsprospekt benannten Gebühren zusätzlichen Gewinne aus dem Verkauf erzielen. Diese resultieren vor allem aus dem anteilig der Hahn Gruppe zuzurechnenden Bewirtschaftungsüberschuss während der Haltephase der Anteile im Zeitraum 01.01.21 (wirtschaftlicher Übergang) und dem 30.09.2021 (geplante Fondsschließung).“

'k-mi'-Fazit: Die Altgesellschafter werden wissen, weshalb sie Kasse beim Fondsobjekt gemacht haben. Darüber hinaus sehen wir beim Hahn Pluswertfonds 177 die Vorteile klar auf der Anbieterseite. Was am Ende des Investments tatsächlich für den Anleger hängen bleiben könnte, erscheint uns angesichts einiger kritischer Parameter zu diffus, um bei diesem Angebot eine Zeichnungsempfehlung abzugeben. Wir raten deshalb zur Vorsicht. Und apropos Adi Hütter. Vielleicht hätte sich der neue Borussia-Trainer seinen künftigen Lebensmittelpunkt zunächst auch mal genauer vor Ort ansehen sollen.

Weitere Infos zur Hahn Gruppe finden Sie hier

Teilen Sie diese Neuigkeit in Ihrem Netzwerk