Aktuelles

Hamburg Trust: Prospekthaftungsurteil dürfte Welle lostreten

Der BGH hat die Nichtzulassungsbeschwerde im Rechtsstreit der Anleger gegen Hamburg Trust Asset und Fonds Management HTAF GmbH (HTAF) sowie Hamburg Trust Verwaltung HTV USA GmbH (HTV) mit Beschluss vom 23.06.2020 (AZ. II ZR 323/18) zurückgewiesen. Damit erlangt das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts vom 31.08.2018 (AZ. 1 U 37/17) im Zusammenhang mit einer Beteiligung an der Hamburg Trust HTG USA4 GmbH & Co.KG (Finest Selection 2) Rechtsgültigkeit, wonach die Tochtergesellschaften des Anbieters Hamburg Trust zur Schadensersatzzahlung eines fast sechsstelligen Betrages nebst Rückzahlung der Fondsanteile verurteilt wurden.

Zunächst zum Hintergrund: Finest Selection 1 und 2 der Hamburg Trust investierten in Immobilieninvestments des Vermögensverwalters Paramount Group, die der Hamburger Kaufmann Werner Otto neben seinen Versandhandelsaktivitäten vor über 50 Jahren aufbaute. Nach dessen Tod 2011 strickte der langjährige Paramount-CEO Albert Behler den amerikanischen Immobilienkonzern um und bündelte mit den Fondsanteilen der deutschen Investoren samt diverser US-Immobilienbestände sowie dem in den Topf mit hineingeworfenen Vermögensverwalter Paramount einen US-REIT, mit samt anschließendem Börsengang. Mit der Konsequenz, dass sich der ursprüngliche Fonds-Anteilswert der deutschen Anleger vorbörslich mal eben um rund 45 % reduzierte wegen diverser IPO-Kosten und sonstiger Wertabschläge, während die OTTO-Familie ihre Paramount-Gesellschaft zu einem astronomischen Wert von 300 Mio. USD dem REIT überließ.

'k-mi' deckte in der Folge auf, dass der gesamte IPO über 1,2 Mrd. USD an Kosten (!) verschlang, was weltrekordverdächtig im unverschämtesten Sinne sein dürfte (vgl. u. a. 'k-mi' 25/15 und die Hamburg Trust-Berichtsübersicht in unserem Online-Service-Bereich). Jedenfalls komplett im Dunkeln gelassen wurden die Anleger zum Zeitpunkt ihrer Fondszeichnung über die omnipräsente Rolle des Paramount-Chefs Behler:

Fast alle Anleger des Finest Selection 2 hatten ihre Beteiligung in 2009 zu einem Zeitpunkt gezeichnet, zu dem Behler über seine Hamburg Trust Holding/Berlin Mehrheitsgesellschafter der Hamburg Trust Gruppe war. Im Fondsprospekt stand zu diesem wesentlichen Umstand jedoch kein Wörtchen geschrieben. Nicht ganz unwahrscheinlich dürfte aber sein, dass beim Paramount-Boss nach dem IPO die ihm vertraglich zuvor eingeräumten 'Erfolgs'-Dollar-Noten wohl reichlich zuflogen. Bei diesen Geschäftsgepflogenheiten ist auch kaum verwunderlich, dass Behler über seine Schweizer Firma Prime Habitat GmbH ein beträchtliches Immobilienvermögen in der Steueroase Zug aufbauen konnte, alleine bei einer Liegenschaft an der Züricher Rigistraße ist er mit rund 20 Mio. CHF eingestiegen (vgl. 'k-mi' 22/16 vom 03.06.2016).

Jedenfalls ist nun gerichtlich abschließend geklärt, Hamburg Trust hätte die Anleger im Verkaufsprospekt über den potentiellen Einfluss von Behler und damit den gravierenden Interessenkonflikt aufklären müssen. Neben dieser Klage sind vier weitere zeitgleich in 2017 ebenfalls erfolgreich vor dem LG Hamburg und dem OLG Hamburg mit dem identischen Klagehintergrund anhängig gemacht worden. Auch deren Urteile sind durch die aktuelle BGH-Entscheidung nun rechtskräftig.

Aktuell stehen noch rund 75 rechtsanhängige Prospekthaftungsklagen der Kanzleien Schirp/Berlin, Tilp/Tübingen und Witt/München, überwiegend von Anlegern des Finest Selection 2, zur Entscheidung beim LG Hamburg in der Pipeline, deren positiver Ausgang jetzt vorgezeichnet sein dürfte. Beim Finest Selection 1, bei dem die meisten Anleger schon vor der Mehrheitsbeteiligung von Behler gezeichnet haben, läuft  noch eine Feststellungsklage im Rahmen des KaPMug-Gesetzes. Ein Musterkläger wurde hier bestimmt. Weitere rund 50 Kläger haben sich eingefunden. Eines der dortigen Feststellungsziele ist die Prüfung auf Rechtmäßigkeit hin, ob ALLE von der deutschen Fondsgesellschaft über die Cayman-Island Gesellschaft mittelbar gehaltenen Anteile an Immobilien der Paramount Gruppe (Otto) in einen einzigen REIT einzubringen , und auch noch einen REIT der von Behler und Paramount initiiert wurde, erlaubt gewesen sei. Der Senat des OLG Hamburg hat nun u. E.  die Wahl zwischen der Annahme eines weiteren Prospekthaftungsfalles oder eines Managementfehlers. Beides wäre aus Sicht von Hamburg Trust wenig erfreulich. Sollte es so kommen, wäre der vom Fondsbeirat losgetretene Schadenersatzprozess gegen die Geschäftsleitung von Hamburg Trust auf einem guten Weg im Sinne der Geschädigten:

"Meine Beiratskollegen und ich sind sehr froh über die Entscheidung des BGH, hatten aber diese auch gar nicht anders erwartet. Somit wurden die jahrelangen Bemühungen des Beirates und eines sehr aktiven Vertriebes in Heilbronn um einen erfolgreichen Prozessausgang für einen großen Teil der Finest Selection-Fonds-Anleger final belohnt. Wir sehen aber auch bei den noch anstehenden Verfahren, speziell in den Schadenersatzprozessen des Beirates gegen die Hamburg Trust Geschäftsleitung, gute Chancen am Ende zu gewinnen um den nichtklagenden Gesellschaftern wirtschaftliche Genugtuung, für die durch die unberechtigte Asset-Einbringung der fondseigenen Immobilienbeteiligungen in den REIT, zu verschaffen. Wegen der Corona-Situation und der damit verknüpften Reisehindernissee von Zeugen sowie der hartnäckigen Haltung von Hamburg Trust, wird das sicher noch ein bis zwei Jahre dauern, bis das unselige Kapitel um die beiden Finest Selection-Fonds vom Hamburg Trust endgültig geschlossen werden kann. Der Beirat bleibt bis zum Ende im Boot", verkündet Fondsbeirat Peter Sissovics/Berlin gegenüber 'k-mi', der von Anbeginn gegen diese Machenschaften mit aller Macht kämpft.

'k-mi'-Fazit: Alles andere als eine Zurückweisung durch den BGH des Nichtzulassungsbeschlusses vom Hanseatischen Oberlandesgericht wäre eine faustdicke Überraschung gewesen. Es gibt kaum offensichtlichere Fälle, bei denen Anleger nach Strich und Faden das investierte Kapital abgesaugt wurde wie hier durch die Strippenzieher hinter den Kulissen von Hamburg Trust. Beschämend ist allerdings, dass seitens der milliardenschweren Otto-Familie zu diesem Skandal als Hauptnutznießer des Paramount-IPOs seit Jahren keine Silbe dazu öffentlich gesprochen wird, als ob man mit der ganzen Angelegenheit gar nichts zu tun hätte. Spannend ist, ob Hamburg Trust als Anbieter diesen Skandal übersteht und das notwendige Vertrauen künftig noch aufbauen kann. Um die ursprünglichen Prospektangaben im Sinne von: "Die Paramount Group, die zu der weltweit erfolgreich tätigen Unternehmensgruppe der Otto-Familie gehört, legt u. a. Fonds auf, die bislang ausschließlich wenigen institutionellen Investoren namhaften Privatanlegern vorbehalten waren", ist es längst mucksmäuschenstill geworden.

Teilen Sie diese Neuigkeit in Ihrem Netzwerk