Das Thema ELTIF verspricht für das neue Jahr 2024 zusätzlichen Schub für die Sachwertbrache (vgl. oben stehend und 'k-mi' 41, 47/23). Bislang ist der Markt für die sog. 'Europäischen langfristigen Investmentfonds' noch recht übersichtlich. Die ELTIF-'Datenbank' der ESMA besteht (noch) aus einer Excel-Liste mit knapp über 90 ELTIF-Einträgen, aufgelegt vor allem in Luxemburg, Frankreich, Italien und Spanien. Nur etwa ein Drittel wird aktuell in Deutschland vertrieben. Dieses insgesamt überschaubare Angebot hat auch die EU-Kommission erkannt. Aus diesem Grund wurde im Frühjahr dieses Jahres die sog. ELTIF-2.0-Verordnung (EU) 2023/606 verabschiedet. Diese gilt – inkl. gewisser Übergangsbestimmungen für Alt-ELTIF – ab dem 10. Januar 2024!
Die ELTIF-Reform sorgt vor allem für Flexibilisierungen der Fonds bei zulässigen Vermögensgegenständen, Quoten, Mindestanlagesummen und bei der Fungibilität. Die wichtigste Botschaft besteht allerdings darin, dass es nun das ausdrückliche Ziel der EU ist, ELTIF leichter zugänglich und vor allem "bei Kleinanlegern populärer zu machen"! ELTIFs können über das sog. 'EU-Passporting-Verfahren' für AIF zum grenzüberschreitenden Vertrieb in der gesamten EU zugelassen werden. Im Unterschied zu sonstigen AIF kann der Vertrieb sowohl gegenüber professionellen Anlegern als auch gegenüber Kleinanlegern in anderen EU-Staaten erfolgen. Ein weiterer positiver Punkt: Nach bisherigen, allerdings noch inoffiziellen, Äußerungen der BaFin sollen auch Finanzanlagenvermittler ELTIF vermitteln dürfen (vgl. 'k-mi' 43/23).
Die Pointe dahinter ist, dass ELTIF somit wohl vor allem ein Konkurrenzprodukt zu offenen Immobilienfonds werden dürften. Erschwerend kommt hinzu, dass die Ampel-Regierung die Erweiterung des Anlagehorizonts für offene Immobilienfonds bzw. deren 'Ergrünung' im Rahmen des Zukunftsfinanzierungsgesetzes/ZuFinG erstmal wieder auf Eis gelegt hat (vgl. 'k-mi' 15, 47/23).
Dies führt dann direkt zu der Frage: Sind ELTIF offene oder geschlossene Fonds? Diese Frage ist gar nicht so leicht zu beantworten. Laut der Kanzlei Heuking Kühn Lüer Wojtek hat die BaFin aktuell klargestellt, "dass ein ELTIF, bei dem gemäß Art. 18 Abs. 2 ELTIF-Verordnung n. F. – abweichend vom in Art. 18 Abs. 1 ELTIF-Verordnung n. F. abgebildeten Regelfall – die Möglichkeit der Anteilsrücknahme von Anlegern während der Laufzeit des ELTIF vorgesehen ist, als offener AIF einzustufen ist". Der neue sog. 'Liquidity Window Mechanismus' nach Art. 19 Absatz 2a der neuen ELTIF-VO macht dagegen allein aus einem geschlossenen ELTIF noch keinen offenen ELTIF, da es sich (lediglich) um einen erweiterten Sekundärmarkt handelt.
Nun ist vor allem spannend, wie sich aktuell und künftig das Wettbewerbsumfeld von ELTIFs präsentiert, im Hinblick auf – angesichts der grundsätzlich infungiblen Assets – konzeptionelle Merkmale wie Laufzeiten, Rückgabemöglichkeiten und auch Risikoklassen: Der laut ESMA-Register bislang einzige ausschließlich in Deutschland vermarktete ELTIF ist der klimaVest ELTIF der CommerzReal. Beim klimaVest handelt es sich laut CommerzReal um "einen offenen Fonds" (Informationsmemorandum, S. 33), bei dem aber diverse Rückgabebeschränkungen zum Tragen kommen: u. a. eine Sperrfrist für die Anteilsrückgabe von bis zu fünf Jahren ab Zulassung des Fonds.
Eine weitere Besonderheit bei diesem ELTIF ist, dass er vom Anbieter in die bestmögliche PRIIPS-Risikoklasse eingeordnet wird (Gesamtrisikoindikator 1 von 7)! Dies finden wir sehr erstaunlich: Wir halten es schon für äußerst grenzwertig, dass die klassischen deutschen offenen Immobilienfonds von ihren Anbietern überwiegend in der Risikoklasse 1 geführt werden, während geschlossene Fonds normalerweise pauschal in die Risikoklasse 6 verbannt sind (vgl. 'k-mi' 42/23). Für derzeit semi-offene Vehikel wie ELTIF stellt sich die Frage der Risikoklasse u. E. um so mehr. Vor allem, wenn beim klimaVest nachhaltige Anlagen als Investitionen getätigt werden. Diese erscheinen uns doch noch etwas volatiler als Immobilien zu sein, u. a. vor dem Hintergrund möglicher Subventionsabhängigkeit, Energiepreisschwankungen, Projektentwicklungs- und grundsätzlichen Technologierisiken. Direkt der zweite Satz des klimaVest-Prospektes bzw. Informationsmemorandums lautet: "Der Fonds und seine Investitionen sind langfristige Anlagen und mit hohen Risiken verbunden." An anderer Stelle des Prospektes heißt es bspw.: "Der Erwerb dieses Investments ist mit erheblichen Risiken verbunden und kann zum vollständigen Verlust des eingesetzten Vermögens führen (Totalverlustrisiko)." Nur wie passt dies zu dem bestmöglichen Gesamtrisikoindikator von '1'?
Eine Stichprobe unter ELTIFs mit ähnlichem Sachwertfokus wie der klimaVest (Infrastruktur, Real Estate Private Equity) fördert zudem zutage, dass ein Gesamtrisikoindikator von '1' eine Ausnahme ist: Pictet gibt für den Pictet Real Estate Capital Elevation Core Plus einen Gesamtrisikoindikator von '6' an. Ebenso Neuberger Berman für den NB DIRECT PRIVATE EQUITY FUND und BlackRock für den BlackRock Private Infrastructure Opportunities ELTIF. Der ThomasLloyd SICAV – Sustainable Infrastructure Growth Fund hat eine '5', der AZIMUT ELTIF Infrastructure & Real Assets ESG wieder eine '6'. Die Versicherungsgruppe die Bayerische vergibt für ihre ELTIF-analogen Produkte im Versicherungsmantel Pangaea Life Fonds wie den Pangaea Life Blue Energy (als Luxemburger 'RAIF' aufgelegt, Reserved Alternative Investment Fund') immerhin noch einen Gesamtrisikoindikator von 3!
Der klimaVest hebt sich hiervon mit seiner '1' also deutlich ab, auch wenn er gemäß seines Informationsmemorandums nur "quartalsweise die Verkehrswerte der zum Fonds gehörenden Vermögensgegenstände" ermittelt. Gemäß der PRIIPS-Regulierung landen jedoch Anlagen, deren Preise nicht mindestens monatlich festgesetzt werden oder die keine geeignete monatliche Benchmark oder keinen geeigneten Stellvertreter haben, automatisch in Risikoklasse 6. Auf Anfrage hierzu von 'k-mi' weist CommerzReal zurück, dass es sich hierbei um Widersprüche handele: "Beim klimaVest erfolgt eine tägliche Anteilswertberechnung auf dessen Basis der RPRIIPS-Risikoindikator berechnet wird. Diese tägliche Anteilswertberechnung des Fonds basiert u. a. auf den Verkehrswerten der zum Fonds gehörenden Vermögensgegenstände, die quartalsweise ermittelt werden." Auch die Aussagen des Informationsmemorandums zu den Risiken widerspreche nicht dem Gesamtrisikoindikator im Basisinformationsblatt: "Der Risikoindikator berücksichtigt gemäß der rechtlichen Vorgaben für seine Erstellung ausschließlich Markt- und Kreditrisiken. Entsprechend weist das Basisinformationsblatt auf Seite 2 darauf hin, dass zur Ermittlung des Gesamtrisikoindikators nicht alle Risiken verwendet werden und weitere für den klimaVest wesentliche Risiken, die nicht im Gesamtrisikoindikator enthalten sind, im Informationsmemorandum aufgeführt sind (vgl. Abschnitt 'Welche Risiken bestehen und was könnte ich im Gegenzug dafür bekommen')."
Weiter fragte 'k-mi': Im klimaVest-Basisinformationsblatt heißt es zum einen, dass der Fonds eine aktive Managementstrategie verfolgt und daher nicht unter Bezugnahme auf einen Index investiert, aber zum anderen erfolgt der Hinweis, dass die Performance-Szenarien anhand einer "geeigneten Benchmark" ermittelt wurden, und ob hierin nicht ein Widerspruch liegt? Hierzu erklärt CommerzReal: "Dies ist kein Widerspruch. Der Fonds verfolgt eine aktive Managementstrategie und investiert daher nicht unter Bezugnahme auf einen Index. Die geeignete Benchmark wird hier gemäß der Vorgaben der PRIIPs Verordnung genutzt: Da der Fonds selbst erst in 2020 aufgelegt wurde, stehen für den Fonds noch keine ausreichenden historischen Daten zur Verfügung, die die Ermittlung von Performanceszenarien im Zeitraum der vergangenen 10 Jahre ermöglichen würden. Daher wurde hier, wie von der PRIIPs Verordnung vorgesehen, eine geeignete Benchmark genutzt, über die eine solche 10-Jahres-Betrachtung möglich war." Auf unsere Rückfrage, welche "geeignete Benchmark" dies denn konkret sei, hält sich der Anbieter allerdings bedeckt: "Der Fonds investiert bis auf weiteres nur in Solar und Wind. Hier hat die CommerzReal eine lange Fondshistorie, sowohl für Privatanleger als auch für institutionelle Investoren, so dass wir für die Benchmarks geeignete Produkte aus unserem eigenen Portfolio gewählt haben. Damit decken wir auch gut den erforderlichen 10-Jahres-Zeitraum ab. Sollte das Anlagespektrum des Fonds auf weitere Assetklassen ausgedehnt werden, würden wir auch die Benchmarks um entsprechende Produkte erweitern."
'k-mi'-Fazit: Das Thema 'ELTIF' hat das Potenzial, dem Sachwertemarkt im Retail-Segment kräftigen Rückenwind zu geben. Es sollte allerdings nicht auf ein semi-offenes Vehikel reduziert werden, um die Risikoklasse eines AIF mit Sachwerten auf den bestmöglichen Wert zu 'tunen', zumindest nicht, solange klassische geschlossene Fonds in die Risikoklasse 6 verbannt bleiben. Nach wie vor ist das Hauptproblem: Sowohl ELTIF und OIF haben i. d. R. keine monatliche Bewertung der Vermögenswerte. Ebenso wie der Fonds selbst muss aber auch die Benchmark über mindestens monatliche Preise verfügen, um der fatalen PRIIPs-Kategorie 1 mit Risikoklasse 6 zu entgehen. Sollten die früheren Investments der CommerzReal auch nur quartalsweise bewertet worden sein, fehlt es u. E. an dieser Voraussetzung.