Im September 2023 (die Chronologie wird später noch wichtig werden) schrieben wir in 'k-mi' 38/23 zum Thema Leonidas-Fonds folgendes zum Übergang des Sanierungsmanagements von der HTB/Re:Fonds auf die CAV Capital Partners: "Bereits im Juni 2022 deckte HTB/Re:Fonds auf, dass bei den diversen Leonidas-Fonds der Verbleib bzw. die Mittelverwendung von 17,5 Mio. € ernste Fragen aufwirft. Wir sind gespannt und werden dies akribisch beobachten, ob diese Vorwürfe, dass die Leonidas-Fonds offenbar teilweise ein Selbstbedienungsladen waren, die in Frankreich auf Initiative der Re:Fonds bereits vor Gericht anhängig sind, nun noch unabhängig aufgeklärt werden, wenn die Altgesellschafter wieder mitmischen." Diese Vorhersage hatte eine hohe Treffsicherheit. Denn nun – über eineinhalb Jahre später – steht genau dieses Thema wieder im Zentrum: Wurden und werden die Vorwürfe gegen die seinerzeitige Leonidas-Geschäftsführung um Max-Robert Hug und Antje Grieseler auch unter der CAV ergebnisoffen aufgeklärt? Und werden mögliche Ansprüche der Fonds gegen die Alt-Initiatoren ernsthaft im Sinne der Anleger verfolgt und geltend gemacht?
Rückblende: Worum geht es im Kern bei diesem Komplex der Großbaustelle Leonidas? Hug und Grieseler schlossen über ihre Firmen Vetterli AG und RoMax AG in diversen Leonidas-Fonds sog. "Vermittlungsverträge" mit den unteren Fondsebenen ab, z. B. mit dünnen bzw. fadenscheinigen Leistungsbeschreibungen bzgl. einer angeblichen Grundstücksvermittlung (Exemplare von Verträgen und Rechnungen liegen 'k-mi' vor). Aus diesen Verträgen sollen Kick-backs an die Grieseler- und Hug-Firmen Vetterli AG und RoMax AG geflossen sein, die nicht prospektiert wurden und unzulässig waren. Laut HTB/Re:Fonds, die die Vorgänge im Verlauf des Jahres 2022 aufdeckten, sei von "wirtschaftlichen Unregelmäßigkeiten in einer Höhe von insgesamt rund 17,5 Mio. Euro bei verschiedenen Leonidas-Fonds" auszugehen. Dies würde immerhin eine staatliche Summe von über 10 % des Kommanditkapitals der ab 2010 emittierten Leonidas-Fonds ausmachen. Mit der Kanzlei NOERR wurde seitens HTB/Re:Fonds die Durchsetzbarkeit von Ansprüchen der Fonds gegen deren Alt-Initiatoren geprüft und u. a. zur Hemmung der Verjährung in Frankreich ein Pilotverfahren zur Beweissicherung beim Windenergie-Fonds Leonidas XVI eingeleitet. Die zentralen Vorwürfe und Fragen, die dabei im Raum stehen: Waren die fraglichen Zahlungen an Hug und Grieseler in Millionenhöhe einerseits rechtmäßig – also prospektgemäß und durch werthaltige Gegenleistungen gegenüber den Anlegern berechtigt – und wurden diese andererseits bewusst verschleiert?
An der Rechtmäßigkeit solcher Kick-backs wie hier beim Fonds Leonidas XVI bestehen jedoch massive Zweifel. Um dies festzustellen, genügt schon ein kurzer Blick in dessen Prospekt, der vom 31.03.2015 stammt und angeblich dem IDW-S4-Standard entspricht. Dort heißt es nämlich klipp und klar: "Die Leonidas Associates GmbH oder eines der Mitglieder der Geschäftsführung der Anbieterin / Prospektverantwortlichen sind nicht tätig für Unternehmen oder an Unternehmen in wesentlichem Umfang unmittelbar oder mittelbar beteiligt, die Lieferungen oder Leistungen im Zusammenhang mit der Anschaffung oder Herstellung der Anlageobjekte erbringen. Zum Zeitpunkt der Prospektaufstellung erbringen die Leonidas Associates GmbH oder eines der Mitglieder der Geschäftsführung der Anbieterin / Prospektverantwortlichen keine Lieferungen oder Leistungen im Zusammenhang mit der Anschaffung oder Herstellung der Anlageobjekte."
Hierbei handelt es sich um Angaben, die u. a. nach § 9 Abs. 2 Nr. 8 VermVerkProspV sowie § 12 Abs. 6 i. V. m. Abs. 2, 3 und 4 VermVerkProspV vorgegeben sind. Derartige Ausschlüsse beziehen sich keineswegs durchweg nur auf eine logische Sekunde, nämlich den 'Zeitpunkt der Prospekterstellung'. Entsprechende Kick-back-Zahlungen sind also u. E. klar prospektwidrig. Denn wie ging es hier weiter? Laut Recherche-Ergebnissen der HTB für den Fonds 16 unterzeichneten Hug und Grieseler im Mai 2016 besagte "Vermittlungsverträge" für Grundstücke. Die Rechnungsstellung und Überweisung durch die dem Fonds 16 zuzuordnende SNC erfolgte laut der Klageschrift der Fondsgesellschaft vor dem Handelsgericht Reims im Laufe des Jahres 2017. Die Höhe der fraglichen Zahlungen bzw. der nicht-prospektierten Kick-backs betrug laut Klage insgesamt 1,2 Mio. € – und das bei einem Fonds, der nur über ein Kommanditkapital von 5,64 Mio. € verfügt! Von 'Marktüblichkeit' kann hier also keine Rede mehr sein! Ganz abgesehen davon, dass die Rechtmäßigkeit der Zahlungen in Frage steht, die zudem im Prospekt nicht offengelegt wurden. Waren die Leonidas-Fonds also (auch) ein Selbstbedienungsladen für die Alt-Initiatoren? Es dürfte somit im ureigensten Sinne der Leonidas-Anleger und der Fonds gewesen sein, der Sache u. a. per Beweissicherungsverfahren zur Verjährungshemmung und gegebenenfalls per Klage auf den Grund zu gehen und für vollständige Transparenz zu sorgen.
Ganz anders sieht das aber erstaunlicherweise die CAV, die ab Mitte 2023 bei Leonidas am Ruder ist: Diese bezeichnete die entsprechenden Klagen als "Unsinn" und "Show-Klagen", verwickelt sich hierbei aber zunehmend in Widersprüche. Gegenüber 'k-mi' bekräftigte die CAV auf unsere Anfrage noch am 11.09.2024, dass bzgl. der 'französischen Verfahren' weiterhin eine ergebnisoffene Prüfung laufe. U. a. hatte CAV uns dazu geschrieben: "Wir bitten um Verständnis, dass Entscheidungen zu laufenden Verfahren zunächst den Anlegern bekannt gegeben werden (…) Das Thema ist für uns derzeit nicht erledigt (…) Diese Aufarbeitung läuft (…)"
Diese Darstellung halten wir inzwischen für äußerst fragwürdig, nicht nur im Licht der Vorwürfe, die die IG LEO aktuell gegen die CAV erhoben hat (vgl. 'k-mi' 21/25), sondern auch durch Äußerungen der CAV selbst, mit der sie sich immer weiter in Widersprüche verwickelt: In einer 'k-mi' vorliegenden Stellungnahme der CAV zum Leonidas-Frankreich-Komplex an die Leonidas-Beiräte vom 26.5.2025 äußert sich die CAV zu ihrer Kooperation mit RA Richard Notz und Max-Robert Hug wie folgt: Schätzungsweise Januar 2023 sei CAV "im Interesse der Fonds auf Herrn Notz zugegangen", damit dieser eine den Sachverhalt aufarbeitende Stellungnahme zu den Umständen und Erfolgsaussichten der französischen Verfahren erstellt, da dies der CAV bislang nicht bekannt sei und keine Zugangsmöglichkeit gegeben war, wie diese sich im Einzelnen darstellten: "Zu diesem Zweck haben wir Herrn Notz auf eine juristische Analyse angesprochen." Zu einer möglicherweise auch rehabilitierenden Wirkung einer solchen Analyse zugunsten des Betroffenen Max-Robert Hug erklärt die CAV dort gegenüber den Beiräten: "Es ist daher verständlich, dass Herr Hug ebenso wie wir das gleiche Interesse an der möglichst deutlichen Feststellung hatte, dass die Verfahren Unsinn waren, und er hat sich ebenso bemüht, genau das mit Herrn Notz zu bearbeiten, und genau das wollten wir – und sicherlich auch Herr Hug."
Dies ist so unglaublich, das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen: Die CAV betont dort selbst, dass Interessenidentität besteht zwischen ihr als Vertreter der Fonds und demjenigen, gegen den sich u. a. die eingeklagten Ansprüche der Fonds richteten! Diese Formulierung ist kein Ausrutscher. An anderer Stelle der uns vorliegenden CAV-Stellungnahme an die Beiräte heißt es dazu: "Herr Hug diente als Auskunftsperson und es entsprach unserem Wunsch, dass Herr Hug und Herr Notz gemeinsam herausarbeiten, welcher Sachverhalt den Gerichtsverfahren zugrunde liegt, damit sichtbar wird, wovon alle überzeugt waren, dass es sich nämlich um 'Show-Klagen' handelte". Wir halten es dagegen für einen ungeheuren Vorwurf, dass es nur Show sei, die eingangs geschilderten Anspruchsgrundlagen der Fonds gegen Max-Robert Hug und Antje Grieseler wegen mutmaßlicher Scheinrechnungen geltend zu machen. Im September 2024, als wir die CAV genau zu diesem Komplex befragten, war von "Unsinn" und "Show-Klagen" nämlich keine Rede: "Das Thema ist für uns derzeit nicht erledigt. Es kommt darauf an, ob eine hinreichende Grundlage besteht für eine erfolgversprechende Prognose, unter deutschem Recht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu obsiegen. Diese Aufarbeitung läuft", schrieb uns die CAV dazu am 11.09.2024, während sie nun gegenüber dem Beirat behauptet, dass man ab Anfang 2023 den Anwalt Richard Notz engagiert habe, um 'das Thema' als Unsinn zu entlarven.
Bemerkenswerterweise trägt das PDF-Dokument, das uns die CAV am 11.09.2024 mit ihren Antworten übermittelte, den Autorenvermerk "Notz, Richard"! Die CAV ließ also offenbar unsere Anfragen zu den Klagen als sinngemäß ergebnisoffen beantworten ("Aufarbeitung läuft") durch eben den Anwalt, der im Auftrag der CAV und/oder der Fonds (dies ist bislang nicht klar) seit Anfang 2023 das "Interesse" der CAV "an der möglichst deutlichen Feststellung" verfolgt, "dass die Verfahren Unsinn waren". Laut Auskunft der CAV gegenüber den Beiräten beliefen sich Kosten für die Leonidas Fonds- bzw. Projektgesellschaften hierfür allein auf 72.000 €! Kurz vor dem 11.09.2024 wurde das erste Pilotverfahren in Frankreich in erster Instanz in Reims wegen Verjährung abgewiesen. Nach unseren Informationen wurden die Chancen auf eine Berufung von den zuständigen Kanzleien als hoch angesehen. Allerdings sprach sich der Beirat Leo 16 gegen eine Fortsetzung der Klage aus Kostengründen aus (der Leo 16 steht von allen Fonds wirtschaftlich am besten da). Hier bestand offenbar die Sorge, dass man 'allein' agieren müsse und es wirtschaftlich schwieriger zu tragen wäre.
'k-mi'-Fazit: Ob Fonds Ansprüche gegen das Alt-Management gerichtlich durchsetzen, darauf sollten sich die aktuelle Fondsgeschäftsführung, Anleger und Beirat im Idealfall einvernehmlich einigen. Natürlich sind hierbei auch die Prozesskostenrisiken abzuwägen. Was allerdings u. E. ein No-go ist: Der Öffentlichkeit eine neutrale und ergebnisoffene Prüfung der Erfolgsaussichten der französischen Klage suggerieren und parallel hinter dem Rücken der Investoren faktisch an der Prozessstrategie der Gegenseite mitarbeiten! Und dies auch noch den Fonds in Rechnung zu stellen. Natürlich haben wir der CAV erneut die Möglichkeit gegeben, zu den Vorgängen Stellung zu beziehen und die aufgeworfenen Fragen zu beantworten. Bis Redaktionsschluss ist dies nicht erfolgt: Die CAV hat uns eine allgemeine Stellungnahme und Belehrungen zu diversen Punkten geschickt und angekündigt, unsere konkreten Fragen in den nächsten Tagen zu beantworten. Bzgl. Prozesskostenrisiken für die Fonds tun sich derzeit unter der Regie der CAV zudem neue Baustellen auf, über die wir in Kürze ebenfalls berichten!