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Pflicht zur Abfrage von Nachhaltigkeitspräferenzen gilt nicht für Finanzanlagenvermittler

Exklusiv: Am 02.08.2022 treten für Banken und Versicherungsvermittler zahlreiche Pflichten in Kraft zur Einbeziehung von Nachhaltigkeitsfaktoren und -präferenzen im Rahmen der Kundenberatung. Diese Explorationspflichten zu den sog. Nachhaltigkeitspräferenzen von Anlegern sind heftig umstritten, da das zugehörige EU-Regelwerk äußert komplex ist und es immer noch keine zuverlässige Definition von ‚Nachhaltigkeit‘ gibt.

Wie die BaFin nun auf Anfrage von ‚kapital-markt intern‘ (k-mi) bestätigt, sind die ca. 39.000 in Deutschland tätigen Finanzanlagenvermittler von den künftigen Pflichten zur Abfrage von Nachhaltigkeitspräferenzen „nicht betroffen“ und müssen die entsprechende EU-Verordnungen daher nicht anwenden. Hintergrund ist der unterschiedliche Rechtsrahmen: Die entsprechende Delegierte EU-Verordnung zur Einführung der Pflicht, die individuellen Nachhaltigkeitspräferenzen eines Kunden zu ermitteln, adressiert „Wertpapierfirmen“. Zu diesen zählen Finanzanlagenvermittler jedoch nicht, wie uns die BaFin nun bestätigt: „Da Finanzanlagevermittler gem. § 34 Abs. 1 GewO unter die Bereichsausnahme des § 2 Abs. 6 S. 1 Nr. 8 KWG fallen, sind sie kein Finanzdienstleistungsinstitut und damit auch kein Wertpapierdienstleistungsunternehmen bzw. keine Wertpapierfirma. Diese Aussage bezieht sich auch auf die entsprechenden Begriffe der MiFID II bzw. des WpHG.“

Die Auswirkungen sind weitreichend, so ‚k-mi‘-Redaktionsleiter Christian Prüßing zur Stellungnahme der BaFin: „Für viele Marktteilnehmer sind die sog. Nachhaltigkeitspräferenzen ein rotes Tuch. Jüngste Konsultationen und Anhörungen der EU-Aufsichtsbehörden ESMA und EIOPA haben ergeben, dass es in der praktischen Umsetzung noch viele offen Frage gibt.“ So hat die ESMA bereits eingeräumt, dass es nach wie vor relativ wenig passende Produkte gibt für die Nachhaltigkeitspräferenzen, nach denen Kunden ‚ausgeforscht‘ werden sollen. Für Finanzanlagenvermittler ist die BaFin-Feststellung aber erstmal eine gute Nachricht, so ‚k-mi‘-Analyst Christian Prüßing: „Nicht wenige Marktteilnehmer fordern eine Verschiebung des Stichtags am 02.08.2022. Viele Unternehmen versuchen ihren Beratungsprozess und teilweise auch digitale Zeichnungsstrecken aktuell trotzdem schon auf die neuen EU-Vorgaben zur Nachhaltigkeit umzustellen, die ab August gelten sollen. Dies ist verständlicherweise mit zahlreichen Unwägbarkeiten verbunden, aus denen auch Rechtsunsicherheiten und Haftungsrisiken resultieren können. Diese Risiken bleiben Finanzanlagenvermittlern nun erspart.“

Dies heißt jedoch nicht, dass für Finanzanlagenvermittler Nachhaltigkeit kein Thema wäre, so Prüßing: „Es ist davon auszugehen, dass die neuen EU-Vorgaben über kurz oder lang auch für Finanzanlagenvermittler umgesetzt werden. Für Finanzanlagenvermittler gelten grundsätzlich dieselben Regeln wie für Banken durch das Wertpapierhandelsgesetz. Der WpHG-Standard wird für Finanzanlagenvermittler nur durch eine separate Verordnung umgesetzt. Der Vorteil hierbei ist: Es kann auf nationaler Ebene politisch konsultiert werden. Hierdurch wird eine viel praxisnähere Umsetzung gewährleistet als durch EU-Verordnungen, die in den Mitgliedstaaten unmittelbar anzuwenden sind“

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