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Rekrutiert VZ NRW 'graue' §-34-Armee zu Dumping-Konditionen?

Es ist erstaunlich, mit welcher ideologischen Verbissenheit sich der vzbv als politische Dachorganisation der Verbraucherzentralen für die sog. BaFin-Aufsicht für Finanzanlagenvermittler und Honoraranlagenberater ins Zeug wirft. Da verwundert es doch sehr, dass die Verbraucherzentrale NRW aktuell eine 'Berater-Armee' für 8 bis 9 Standorte in NRW eben genau aus dem Bereich des gewerberechtlich beaufsichtigten Segments des § 34 GewO rekrutiert. So schlecht kann die permanent ohne Argumente vom vzbv diskreditierte Aufsicht also offenbar gar nicht sein, wenn die Verbraucherzentrale sich aus diesem Pool bedienen will: Per "Öffentlicher Ausschreibung" sucht die VZ NRW "Beraterinnen / Berater für die Verbraucherberatung" zu den Themen Geldanlage/Altersvorsorge sowie Immobilienfinanzierung und Versicherungen auf Honorarbasis. "Diese übernehmen im Auftrag der Verbraucherzentrale NRW e.V. eigenverantwortlich und selbständig Beratungen im Rahmen der persönlichen Verbraucherberatung." In der "Leistungsbeschreibung" wird als Voraussetzung für das Beschäftigungsverhältnis die "erforderliche Sachkunde gemäß der Finanzanlagenvermittlerverordnung" genannt.

Dies Sache hat aber einen großen Haken: Eine Haftung für die Beratungstätigkeit der angeworbenen Berater will die VZ NRW nicht übernehmen, so die Vergabeunterlagen: "Im Falle einer Schlechterfüllung seiner sich aus diesem Vertrag gegenüber den ratsuchenden Verbrauchern ergebenden Pflichten oder einer fehlerhaften Beratung haftet der Honorarberater. Sollten die ratsuchenden Verbraucher die VZ NRW für die Schlechterfüllung oder die fehlerhafte Beratung des Honorarberaters in Anspruch nehmen, so verpflichtet sich der Honorarberater mit Unterzeichnung dieses Vertrages, die VZ NRW von solchen Ansprüchen freizustellen. Des Weiteren haftet der Honorarberater der VZ NRW gegenüber im Falle einer Schlechterfüllung seiner sich aus diesem Vertrag gegenüber der VZ NRW ergebenden Pflichten." Eine "Berufshaftpflichtversicherung" sei nur auf Anforderung vorzulegen.

Dies wirft ernste Fragen auf hinsichtlich der Gesetzeskonformität dieser Aktion: 

++Zwingende Voraussetzung für Bewerber ist demnach die Sachkunde, jedoch nicht eine eigene Erlaubnis mitsamt Vermögensschadenhaftpflichtversicherung. Trotzdem sollen die selbständigen Berater für mögliche Beratungsfehler selbst haften bzw. ist "die VZ NRW von solchen Ansprüchen freizustellen". Die offenbar mögliche und vorgesehene Beschäftigung von selbständigen Beratern ohne VSH durch die VZ NRW ist demnach ein hohes Risiko für Verbraucher: Ein Beratungsfehler bei einem 50-€-Sparplan ist i. d. R. nicht direkt existenzgefährdend, bei Versicherungsangelegenheiten oder Immobilienfinanzierungen ist das aber sowohl für Berater als auch Verbraucher anders

++ Nach unserem Verständnis der Rechtslage ist es ein Gesetzesverstoß, selbständige Berater (auch über "Unterauftragnehmer") ohne Zulassung zu beschäftigen, wenn die VZ NRW selbst nicht über eine Erlaubnis nach § 34 GewO oder KWG verfügt

++ Hieran hängen schließlich auch alle sonstigen Pflichten hinsichtlich Zuverlässigkeit, Dokumentation und Taping, da auch "telefonische oder digitale Beratungen" geplant sind, deren Erfüllung und Kontrolle damit unklar ist

++  Selbst wenn Bewerber für die Tätigkeit in Beratungsstellen der Verbraucherzentrale im Bereich 'Geldanlage/Altersvorsoge' eine Erlaubnis nach § 34f oder § 34h GewO vorweisen können, dürfte dies nicht ausreichen, da die Beratungsinhalte ja in der Regel über den Tatbestand der KWG-Bereichsausnahme hinausgehen dürften. Ob diese allein dadurch geheilt wird, dass man 'unter dem Dach' einer Verbraucherzentrale berät? Denn Verbraucherzentralen haben ja normalerweise weder eine KWG- noch § 34f-Lizenz. Und können sich Verbraucher dann auch darauf verlassen, dass die Vermögensschadenhaftpflichtversicherung – sofern vorhanden – der selbständigen Berater im Dienst der VZ NRW bei Streitfällen auch anstandslos eintritt angesichts solcher aufsichtsrechtlicher Fragwürdigkeiten?

++ Bei Beratungen in Verbraucherzentralen dürfte es auch öfter um Fragen der Rechtsberatung gehen, z. B. zu Widerrufsfristen. Auch hier ist für uns völlig unklar, wie die Beratung durch 'freie Mitarbeiter' hinsichtlich Erlaubnisumfang und Haftung aussehen soll.

Lohnt es sich denn wenigstens, für die Verbraucherzentrale NRW als Söldner auf eigene Haftungsgefahr in einer rechtlichen Grauzone Verbraucher zu beraten? Nun ja, das Stundenhonorar beträgt 41,18 €, ggf. zuzüglich Fahrt- und Parkkosten. Mit diesem Honorar sind dann "sämtliche Tätigkeiten und Aufwendungen des Honorarberaters für die Bearbeitung der ihm übergebenen Angelegenheiten abgegolten". Zu wenig zum Leben, zu viel zum Sterben, so unserer Eindruck, zumal an den größeren Beratungsstellen der VZ NRW wie Bielefeld, Bonn, Düsseldorf und Köln jeweils ca. 500 Beratungsstunden über einen Zeitraum von 3 Jahren angesetzt werden. Nach jedem Beratungsgespräch ist zudem eine Dokumentation über Beratungsinhalte anzufertigen, die "den Ratsuchenden" zuzusenden ist. Bei der Rekrutierungskampagne wird zudem der Zuschlag in Aussicht gestellt für Bewerber mit dem "wirtschaftlichsten Angebot". Daraus dürfte dann wohl folgen, dass § 34 GewO-Erlaubnisträger gegenüber sonstigen Bewerbern mit ggf. gesetzlich nicht vorgeschriebenen Pflichten und Auflagen nicht konkurrenzfähig sein dürften.

'k-mi'-Fazit: Die VZ NRW operiert hier u. E. in einer rechtlichen Grauzone, die Verbraucherschützer immer gerne anderen unterstellen. Nach unserem Verständnis bedarf es einer Erlaubnis, um Verbraucher in Finanz-angelegenheiten zu beraten. Selbstverständlich haben wir eine Stellungnahme der VZ NZW sowie des vzbv zu diesen und weiteren Punkt angefragt, aber keine Antwort erhalten. Ein seltsames Gebaren, wo doch der vzbv jüngst seinerseits den Handelskammern "mangelhafte Transparenz" vorgeworfen hat, da diese angeblich gegenüber dem vzbv "Auskunft zur Aufsicht bei Finanzanlagenvermittlern verweigern" (vgl. 'k-mi' 41/20).

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