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Skandalöse Doppelversicherung: VN leiden unter Schleswiger Makler-VU-Streit

Ihre Versicherungsmandanten beschweren sich plötzlich bei Ihnen, dass für die Absicherung des Wohngebäudes zwei stolze Beiträge abgebucht wurden? Versicherungsmakler, die mit der Schleswiger Versicherungsservice AG (SL AG) zusammenarbeite(te)n, können ein Lied davon singen und stehen momentan ebenso ratlos vor einem Rechtsproblem wie ihre Kunden – und die SL AG womöglich vor einem großen Haftungsproblem.

Ein skandalöser Vorgang, der im Interesse der VN und des Branchenimages schnellstmöglich beendet werden sollte: Die SL AG ist ein als Versicherungsmakler registrierter Assekuradeur mit Sitz in Neumünster. Im Jahre 2001 gegründet, arbeiteten die Neumünsteraner im Bereich Wohngebäudeversicherung einige Jahre mit dem in Emmelsbüll-Horsbüll beheimateten und als Risikoträger fungierenden Schleswiger Versicherungsverein a. G. zusammen. Dass beide ‚Schleswiger‘ in der Firmierung tragen, liegt an der Region und hat keine weitere Bewandtnis. Die SL AG lässt sich regel­mäßig bevollmächtigen, u. a. die gesamte Vertragsverwaltung für die jeweiligen Versicherer durchzuführen, Schadenanzeigen und Beiträge im Empfang zu nehmen sowie ausstehende Beiträge einzufordern, den dazu gehörigen Schriftverkehr zu führen und Willenserklärungen jeglicher Art abzu­geben.

Auch lässt die SL AG sich dazu berechtigen, zur nächsten Hauptfälligkeit des Versicherungsvertrages den Versicherer zu wechseln und/oder weitere Versicherer zu beteiligen. Versicherungsmakler können Service und Produktportfolio der Neumünsteraner nutzen, indem sie Partner der SL AG werden. So viel zu den beiden Protagonisten der uns vorliegenden Fälle. Denn Versicherungsmakler informieren uns über ein skandalöses Vertrags- und Rechnungs-Problem im Zusammenhang mit Wohngebäudeversicherungsverträgen beim Schleswiger VVag, die über den Schleswiger Versicherungsservice eingedeckt wurden.

Kunden erhalten nun zwei Rechnungen bzw. es werden zweifach Beiträge für das gleiche Risiko eingezogen! Ursprung des Desasters für Versicherungsnehmer und deren Versicherungsmakler war ein Zerwürfnis zwischen den beiden ‚Schleswigern‘, über dessen Hintergründe es unterschiedliche Sichtweisen gibt. Diese spielen bei den Problemen aber keine Rolle, so dass wir darauf an dieser Stelle auch nicht näher eingehen wollen. Zwischen beiden Parteien muss es mächtig gekracht haben. Unumstritten ist jedenfalls, dass es Ende 2020 zu einer Beendigung der Geschäftspartnerschaft kam.

Die SL AG deckte die Verträge um zum neuen Risikoträger Rhion Versicherung AG. Rhetorisch geschickt verkauft wurde dies den VN mit der Argumentation, nach einer regelmäßigen Überprüfung sei man zu dem Ergebnis gekommen, „den Versicherer zu wechseln und gleichzeitig ein beitragsneutrales Tarifupdate zu gewähren“. So werde aus „Exklusiv-Schutz“ ein „Premium-Schutz“, erfahren die Kunden in blumigen Worten. Wenn Leistungsumfang, Schadenregulierungsverhalten und Prämie stimmen, dann ist dagegen ja auch nichts einzuwenden. Eins aber schon: Im Jahre 2021 werden Beiträge sowohl für den ‚alten‘ Vertrag vom Schleswiger VVaG als auch für den neuen Vertrag vom Assekuradeur eingezogen. Auf Basis der uns von Versicherungsmaklern auf den ‚vt‘-Redaktionstisch gelegten Unterlagen haben wir sowohl die VVaG-Vorstandsvorsitzende Claudia Schirrmacher als auch den SL AG-Vorstandsvorsitzenden Peter Behnke um Stellungnahme gebeten. Wissen wollten wir u. a.:

++ Auf Basis welcher Rechtsgrundlage die Schleswiger VVaG die Verträge fortsetzt und Rechnungen erstellt ++ Ob die Schleswiger VVaG die VN angeschrieben und darüber informiert hat, dass die Verträge auch ohne die Schleswiger Versicherungsservice AG fortgeführt werden, und ob bei den Schreiben an die VN die jeweils betreuenden Vermittler bzw. mandatierten Versicherungsmakler angegeben werden, die Korrespondenzpflicht beachtet wird und die Vermittler Courtage erhalten ++ Auf Basis welcher Rechtsgrundlage die VVaG die in Rechnung gestellten Beiträge per Lastschrift einzieht ++ Welche Lösungsmöglichkeiten gesehen werden, damit die Doppelversicherung beendet wird und den Kunden die doppelt gezahlten Beiträge zurückerstattet werden ++ Ob die Schleswiger Versicherungsservice AG die bestehenden Verträge bei der Schleswiger VVaG fristgerecht gekündigt hat.

Der Schleswiger VVaG bestätigt, dass die SL AG ihm „in der Vergangenheit Versicherungsverträge vermittelt“ habe und „als Bevollmächtigte im Hinblick auf Beitragseinziehung und die (einfache) Schadenregulierung“ unterstützt habe. Diese Zusammenarbeit „wurde Ende 2020 beendet“. Die SL AG habe „weitere Versicherungsverträge für dasselbe versicherte Interesse abgeschlossen“ – dies allerdings ohne die beim VVaG „bestehenden Versicherungsverträge wirksam zu kündigen“. An dieser Stelle lenken wir Ihr Augenmerk auf ‚wirksam‘, denn wie sich bei unserer weiteren Recherche herausstellte, scheint dies der Knackpunkt für den auf dem Rücken der VN ausgetragenen Streit zu sein. Der Schleswiger VVaG sieht jedenfalls „wirksame Versicherungsverträge“ mit den VN. Die „betreuenden Vermittler bzw. mandatierten Versicherungsmakler“ würden auf den Schreiben angegeben, soweit sie dem VVaG bekannt seien. Aber „trotz Aufforderung vom 06.10.2020“ habe die SL AG „bis dato keine Auflistung der mandatierten Versicherungsmakler zur Verfügung gestellt“.

Während der Versicherer ausführlich antwortet, verzeichnen wir von Behnke trotz Erinnerung keine Reaktion. Doch der Fall hat auch den Versicherungsombudsmann erreicht. Er habe mit beiden Seiten viele Gespräche geführt und Schreiben gewechselt, er müsse aber „erkennen, dass zwischen den Beteiligten keine Einigung erzielt werden kann“. Ein Desaster für die VN, die unter der Doppelversicherung und der doppelten Beitragszahlung leiden. Der Ombudsmann hat sich die Sache aber genauer angeschaut und gibt weitere Erläuterungen ab. Im Zuge einer Umdeckung müsse der Altvertrag wirksam gekündigt werden, und derjenige, der die Kündigung erklärt, sei „dafür beweispflichtig“. Während der VVaG erklärt habe, „per Einschreiben und Rückschein zugegangene Postsendungen hätten (…) keine Kündigungserklärung enthalten“, habe die SL AG von Bestandskündigungen berichtet, die sie „im August/September 2020 gegenüber dem Versicherer ausgesprochen habe“. Auch das hat sich der Versicherungsombudsmann angeschaut und kommt zu dem Ergebnis: „Ich habe Zweifel, ob diese Sammelkündigung den rechtlichen Anforderungen entspricht, die an eine hinreichende Bestimmtheit einer Willenserklärung zu stellen sind.“ Es hilft zwar nicht bei den bereits längst abgebuchten Doppel-Prämien, aber für die Mehrfachversicherung weist der Ombudsmann auf § 79 VVG hin, wonach der VN (je nach Umständen) verlangen kann, „dass der später geschlossene Vertrag aufgehoben“ wird. Zugleich gibt der Ombudsmann zu bedenken, dass die SL AG eine andere Sichtweise haben könnte, da man dort „von wirksam gewordenen Kündigungen der Altverträge ausgeht“.

‚vt‘-Fazit: ## Die Wertung des Ombudsmann zur Wirksamkeit der Kündigungen lässt erhebliche Zweifel aufkommen am Agieren der Schleswiger Versicherungsservice AG. Auch die Möglichkeit der Aufklärung auf ‚vt‘-Anfrage nutzen die Neumünsteraner nicht. Sollte die SL AG keine wirksamen Kündigungen ausgesprochen haben oder diese nicht beweisen können, dürfte Vorstandsboss Behnke gut beraten sein, die Vermögensschadenhaftpflicht zu informieren. Denn dass VN die nicht unbeträchtlichen Doppel-Prämien in den Wind schreiben, erscheint nicht wahrscheinlich.

 

 

## Der Fall gehört im Interesse der VN, der betreuenden Vermittler und des Branchenimages dringend geklärt. Kein Wunder, dass der Schleswiger Versicherungsverein Quoten-Spitzenreiter bei den BaFin-Beschwerden über Wohngebäudeversicherer ist: Bei nur 19.914 Verträgen sind 26 Beschwerden eine Menge Holz.

 

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