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Will der vzbv keine Transparenz zu 'Graumarkt'-Gutachten?

Am 07.12.2022 hat der vzbv u. a. per Pressemitteilung ein Gutachten zur "Bewertung aktueller Investments auf dem Grauen Kapitalmarkt" des Fach-Journalisten Stefan Loipfinger vorgestellt. Der vzbv fordert in diesem Zusammenhang "die Bundesregierung auf, den aktiven Vertrieb von Graumarktanlagen endlich zu verbieten". Nicht zuletzt die Begleitumstände der Präsentation und das 'Nachspiel' sind dabei von besonderem Interesse: Die (Online-)Präsentation des Gutachtens wurde vorab auf der vzbv-Homepage nicht unter der Rubrik "Medientermine" angekündigt. Eingeladen waren somit offenbar nur inoffiziell ausgesuchte Wirtschaftsjournalisten. 'k-mi' war bspw. nicht eingeladen. Aus diesem Grund haben wir im Nachgang der vzbv-Pressemitteilung am 09.12.2022 knapp ein Dutzend Fragen an den vzbv gestellt: U. a.  ++ Wie teuer war das Gutachten?  ++ Wann wurde es in Auftrag gegeben?  ++ Wie lautetet der genaue Untersuchungsgegenstand?  ++ Hatten die betroffenen Anbieter eine Gelegenheit zur Stellungnahme? sowie weitere inhaltliche Fragen.

Was dann geschah: Am 12.12.2022 erhielten wir von der Pressestelle des vzbv eine kurze Eingangsbestätigung für unsere Anfrage "(…) vielen Dank für Ihre Anfrage. Wir melden uns in Kürze (…)" Seitdem herrscht allerdings – trotz unserer erneuten Nachfrage – Schweigen im Walde! Der vzbv weigert sich bislang, unsere Fragen entgegen der eigenen Ankündigung "in Kürze" zu beantworten. Wir hatten aufgrund der Aktualität eine Frist bis zum 14.12.2022 gesetzt. Hat der vzbv demnach Angst, sich kritischen Fragen von Journalisten zu stellen? Oder brütet man in Berlin noch über unseren Fragen? Zu all diesen Fragen schweigt der vzbv sich aus: Entweder will man oder kann man unsere Fragen nicht beantworten! Für eine 'Institution', die sich ansonsten Transparenz auf die Fahnen schreibt, ein Armutszeugnis! Man muss es sich nur mal auf der Zunge zergehen lassen: Der vzbv präsentiert die Ausarbeitung eines Fachjournalisten als "Gutachten", diskriminiert aber gleichzeitig andere Fachjournalisten wie uns bei Rückfragen! Wir sind sicher, dass eine solche Ungleichbehandlung und ein solches Vorgehen nach Gutsherren-Art einer presserecht­lichen Überprüfung nicht standhalten dürfte und prüfen daher weitere presserechtliche Schritte, sollte der vzbv sich weiter in Schweigen hüllen!

Hintergrund: Der vzbv mit Sitz in Berlin ist eingetragen in das Vereinsregister beim Amtsgericht Charlottenburg. Laut Berliner Pressegesetz gibt es eine Auskunftspflicht von Behörden gegenüber der Presse. Der Begriff der 'Behörde' ist dabei weit auszulegen – er umfasst nach ständiger Rechtsprechung auch Organisationen und Unternehmen, die im öffentlichen Auftrag tätig und/oder öffentlich finanziert sind. Dies ist hier zweifellos der Fall: Das 'Gutachten' selbst trägt eigens einen Aufdruck, dass es durch das Bundesumweltministerium gefördert wurde. Wir sind also gespannt, wie lange der vzbv sein Versteckspiel hier noch fortsetzen will. Die Ungleichbehandlung von Pressevertretern ist im übrigen ein eklatanter Verstoß gegen Verfassungsrecht und höchstrichterliche Rechtsprechung. Die Fragen von 'k-mi' zielen ja nicht ohne Grund auch auf die Entstehung des Gutachtens, das immerhin über 300 Seiten umfasst. Masse bedeutet aber nicht unbedingt Klasse! Wurde es nur kurzfristig im nahezu fertigen Zustand 'eingekauft', um die Branche pauschal 'hinzurichten'? Oder war das Gutachten Resultat eines ergebnisoffenen mehrjährigen Forschungsauftrags, der wissenschaftlichen Ansprüchen genügt?

Für letzteres spricht wenig, denn das Gutachten leistet sich – schon direkt zu Beginn – einen methodischen Kardinalfehler, der irreparabel ist: Auf Seite 6 des Gutachtens heißt es zur Methodik grundlegend: "Der Graue Kapitalmarkt wird im Rahmen des vorliegenden Gutachtens eng definiert und auf den Markt für prospektpflichtige Vermögensanlagen beschränkt." Diese Definition wird aber nachweislich nicht beachtet, da es in großen Teilen des Gutachtens um unregulierte, nicht prospektpflichtige Angebote geht, z. B. von P&R, Magellan, UDI etc., die in die Bewertung und Schlussfolgerungen einfließen. Aber wer würde seriös auf die Idee kommen, strukturelle Defizite des Rechtsrahmens – also des Vermögensanlagengesetzes – hauptsächlich mit solchen Angeboten nachweisen zu wollen, die nie in dessen Geltungsbereich gefallen sind? Selbstverständlich haben wir den vzbv auch zu diesem Methoden-Widerspruch befragt bzw. 'Warum wird die 'enge' Graumarkt-Definition des Gutachtens in diesem selbst nicht beachtet?'. Antwort bislang: Fehlanzeige!

Ebenso problematisch erscheint uns, dass offenbar keiner der aktiven Anbieter eine Gelegenheit zur Stellungnahme hatte. Das Gutachten lässt sich teilweise auf über 50 Seiten über einzelne Anbieter aus, ohne Sachverhalte im Dialog abzuklären? Objektivität bzw. ergebnisoffene Methodik sieht u. E. anders aus, von der presserechtlichen Fragwürdigkeit mal ganz zu schweigen! Da wollte wohl jemand seine vorgefertigte Meinung nicht 'kaputtrecherchieren'. Auch zu diesen Merkwürdigkeiten haben wir den vzbv befragt: Antwort bislang: Fehlanzeige! Auch sonst lösen die zentralen Meinungsäußerungen des Gutachten, die als "Erkenntnisse" bezeichnet werden, aufgrund ihrer Willkür und Absurdität oft nur Kopfschütteln aus. Hier nur eine kleine Auswahl:  ++ Angebliches "Konstrukt-Hopping": Belegt werden soll dies u. a. mit einem Anbieter, der "nach BaFin-überwachten Publikums-AIF (…) zurück ins VermAnlG" wechselte. Die Schlussfolgerung ist allerdings unzulässig, da der Anbieter weiterhin parallel AIF und Vermögensanlagen emittiert. Auch solche Fehlinterpretationen werfen grundlegende Fragen zur Glaubwürdigkeit dieses 'Gutachtens' auf  ++ Angeblich "unwirksames Blind-Pool-Verbot und ausgehebelte Mittelverwendungskontrollen": Hier äußert der Gutachter seine Privatmeinung, die offenkundig im Widerspruch zur geltenden Verwaltungspraxis der BaFin steht. Der direkte Bezug zum Untersuchungsgegenstand ist im Prinzip nicht ersichtlich  ++ Angeblich "bedenkliches Verhältnis von Chancen und Risiken": Hier äußert der Gutachter seine Privatmeinung zum Verhältnis von Fonds und festverzinslichen Angeboten. Der direkte Bezug zum Untersuchungsgegenstand ist im Prinzip nicht ersichtlich.

++ Angeblich "fehlende Leistungsbilanzen": Dieser Punkt ist schon insofern obsolet, als es eigentlich in keinem Anlage-Segment eine dezidierte gesetzliche Pflicht zur Erstellung einer Leistungsbilanz gibt. Der direkte Bezug zum Untersuchungsgegenstand ist im Prinzip nicht ersichtlich bzw. ist dies kein Graumarkt-Kriterium  ++ Angeblich "reduzierte Prospektqualität": Ein aktueller Fonds-Prospekt nach dem aktuellen Vermögensanlagengesetz hat nach langer Genehmigungszeit z. B. über 300 Seiten. Schon sehr abenteuerlich, wie das Gutachten und der vzbv angesichts solcher aktuellen Beispiele und Belege hier die prohibitive und anlegerschützende Funktion der aktuellen Vorschriften verkennt. Ein in dem Gutachten genannter Anbieter (Magellan) ist seinerzeit hauptsächlich (neben der kritischen 'k-mi'-Warnungen) wegen der Einführung der Prospektpflicht vom Markt verschwunden. Man fragt sich schon, warum der vzbv sein Augenmerk angesichts dessen nicht stärker auf den Wildwuchs im prospektfreien Graumarkt-Bereich legt, wie z. B. Crowdinvestments, sondern bei prospektpflichtigen Angeboten einen Fetisch entwickelt.

'k-mi'-Fazit: Wir könnten diese Mängel-Liste hier noch auf zig Seiten weiterführen, allerdings haben wir dafür hier weder Platz noch werden wir für Pseudo-Verbraucherschutz mit Steuergeldern gefördert. Wir praktizieren als kritischer Marktbeobachter seit Jahrzehnten echten Verbraucherschutz, u. a. indem wir vor einigen im Gutachten genannten Problem-Anbietern, die im wesentlichen unreguliert bzw. am Vermögensanlagengesetz vorbei emittiertet haben, präventiv gewarnt haben, und das oft als erste: z. B. bei Prokon, P&R, Magellan und UDI. Dies rechtfertigt u. E. aber noch nicht, mittels Forderung nach einem pauschalem Vertriebsverbot, Unterschiede bei Anbietern und Zeitabläufen ohne Rücksicht auf Verluste großflächig einzuplanieren. Denn hierin liegt der grundlegende methodische Fehler dieses Gutachtens, das behauptet, sich in seinem Untersuchungsbereich nur auf prospektpflichtige Angebote zu beziehen, was nachweislich falsch ist. Geradezu hanebüchen ist es zudem, wenn der vzbv uns bislang Auskünfte zu diesem Murks verweigert: Der vzbv beruft sich auf das Gutachten eines Fachjournalisten, weigert sich aber, anderen Fachjournalisten wie uns Fragen zu beantworten. Die 'Verbraucherschützer' mahnen einen Graumarkt an, bewegen sich aber selbst mindestens in einem presserechtlichen Graubereich!

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