Pressemitteilungen 'k-mi'-Verlag

Abgrenzung von offenen und geschlossenen Fonds: EU untergräbt Anlegerschutz bei Alternativen Investmentfonds

Mit schlechten Neuigkeiten beginnt das Jahr für Anleger und Anbieter von Alternativen Investmentfonds. Wenige Tage vor Weihnachten hat die EU-Kommission eine Verordnung erlassen, mit der die Abgrenzung von offenen und geschlossenen Fonds neu gefasst wird. Anstatt Klarheit bringt die genannte Verordnung vom 17.12.2013 nach Auffassung von 'kapital-markt intern' und nach Befürchtungen von Marktteilnehmern jedoch weitere Rechtsunsicherheit für Anleger von geschlossenen Fonds: Die neugefasste Abgrenzung bzw. jetzt vorgelegte Definition von offenen und geschlossenen Fonds kann aufsichtsrechtlich dazu führen, dass zahlreiche geschlossene Altfonds bzw. Bestandsfonds nachträglich als offene Fonds einzustufen wären. Dies hätte weitreichende negative Konsequenzen für diese Fonds und das Kapital der Anleger – von massiven, ursprünglich nicht kalkulierten Kostenbelastungen bis hin zur Gefährdung des gesamten Anlegervermögens.

 

 

Um solche Konsequenzen zu vermeiden, dürften viele der durch die Neuregelung betroffenen geschlossenen Fonds dazu gezwungen sein, anlegerfreundliche Rücknahmerechte und vorzeitige Ausstiegsmöglichkeiten (z. B. bei Härtefällen wie Arbeitslosigkeit oder Scheidung) zurückzunehmen. Dies führt zu einer geringeren Fungibilität der Beteiligung und konterkariert die Bemühungen der EU, den Anlegerschutz in diesen Bereichen zu erhöhen.

Hintergrund der nun ergangenen Verordnung der EU-Kommission ist die sog. AIFM-Richtlinie. Durch diese Richtlinie, die in den Mitgliedstaaten bis zum 22.07.2013 umzusetzen war, werden u. a. die Manager von offenen und geschlossenen Alternativen Investmentfonds umfassend reguliert. In Deutschland wurde die AIFM-Richtlinie u. a. durch das Kapitalanlagegesetzbuch umgesetzt. Die Unterscheidung von offenen und geschlossenen Fonds ist dabei für die Anwendung der Richtlinie zentral, da offene und geschlossene Fonds ganz unterschiedliche Vorgaben erfüllen müssen. Trotz der Bedeutung dieser Unterscheidung von offenen und geschlossenen Fondsvehikeln ist es nunmehr erst jetzt – nach Abschluss aller Gesetzgebungsmaßnahmen – gelungen, auf EU-Ebene eine Einigung zu erzielen, was ein geschlossener und was ein offener Fonds ist. Vorausgegangen war eine mehrmonatige Auseinandersetzung zwischen der EU-Kommission und der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde ESMA über die genaue Definition.

Dieses Hin und Her führt nunmehr zu der skurrilen Situation, dass das deutsche Kapitalanlagegesetzbuch, das bereits im Juli 2013 in Kraft getreten ist, eine andere gesetzliche Abgrenzung von offenen und geschlossenen Fonds enthält als diejenige, die jetzt von der EU-Kommission am 17.12.2013 für verbindlich erklärt wurde. Nach der neuesten Definition durch die EU-Kommission handelt es sich um einen offenen Fonds, wenn “dessen Anteile vor Beginn der Liquidations- oder Auslaufphase auf Ersuchen eines Anteilseigners (...) zurückgekauft oder zurückgenommen werden“. Alle anderen Fonds gelten als geschlossene Fonds. Somit führt neuerdings grundsätzlich jedes Rückgaberecht dazu, dass es sich um einen offenen Fonds handelt. Die bisherige Definition eines offenen Fonds, die auch Grundlage des deutschen Kapitalanlagegesetzbuches ist, orientierte sich dagegen noch an einem jährlichen Rücknahmeintervall und sah vor, dass ein Fondsvehikel dann als offen gilt, wenn dessen „Anleger oder Aktionäre mindestens einmal pro Jahr das Recht zur Rückgabe gegen Auszahlung ihrer Anteile oder Aktien aus dem AIF haben“

Diese Verschärfung bzw. Erweiterung der Definition von offenen Fonds führt nunmehr nicht nur dazu, dass das Kapitalanlagegesetzbuch nach nur wenigen Monaten in einem zentralen Punkt geändert werden muss, sondern ebenfalls dazu, dass der Bestandsschutz für Altfonds stark aufgeweicht wird: Bislang wurde ein vollständiger Bestandsschutz für Altfonds diskutiert bzw. sollte es den einzelnen Mitgliedstaaten überlassen bleiben, eine Anpassung an den bestehenden nationalen Rechtsrahmen vorzunehmen. Nach den neuen Vorstellungen der EU-Kommission sollen jetzt EU-weit bereits emittierte geschlossene ‚Altfonds’ nur dann weiterhin als ‚geschlossene Fonds’ gelten, wenn deren „Anteile vor Beginn der Liquidations- oder Auslaufphase erst nach einer Wartezeit von mindestens fünf Jahren, während der Rücknahmerechte nicht ausgeübt werden können, auf Ersuchen eines Anteilseigners (...) zurückgenommen oder zurückgekauft werden“.

„Damit sind derzeit praktisch alle Altfonds als offen zu qualifizieren“, so die Einschätzung eines Marktteilnehmers gegenüber 'kapital-markt intern'. Eine Konsequenz könnte nun darin bestehen, dass in vielen Fonds eine Änderung des Gesellschaftsvertrages herbeigeführt wird, und anlegerfreundliche Notfallausstiegsregelungen abgeschafft werden.

„Nicht nur an diesem Beispiel zeigt sich, dass bei Erarbeitung und Umsetzung der AIFM-Richtlinie nach dem Motto verfahren wird: ‚Erst den Dachstuhl zimmern, dann das Fundament gießen’. Letztendlich kommt dies einem Vabanquespiel mit dem Geld der betroffenen Anleger gleich. Für den Anlegerschutz resultieren daraus in vielen Bereichen Rückschritte statt Verbesserungen“, so 'kapital-markt intern'-Redaktionsleiter Christian Prüßing.

 

 

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