Pressemitteilungen 'k-mi'-Verlag

BaFin-Videos mit Anleitung zur einer folgenreichen ‚Do-it-yourself‘-Fehlberatung

Düsseldorf, 13.10.2021. Unter der Kategorie ‚Verbraucherschutz‘ hat die BaFin Erklär- und Beratungsvideos zu einem ‚Versicherungscheck‘ mit den drei Episoden ‚Warum lohnt sich ein Versicherungscheck?‘, ‚Wann lohnt sich ein Versicherungscheck?‘ und ‚Versicherungscheck: So geht's!‘ auf ihrer Homepage veröffentlicht (https://www.bafin.de/SharedDocs/Videos/DE/video_wiw_2021_versicherungscheck_1.html?nn=12958916). Mit Verbraucherschutz haben die von der BaFin erteilten Ratschläge allerdings nichts zu tun, berichtet der Düsseldorfer Brancheninformationsdienst ‚versicherungstip‘. Vielmehr liefere die Aufsichtsbehörde damit Verbrauchern eine Anleitung zu einer folgenreichen Fehlberatung im ‚Do-it-yourself‘-Verfahren! Eine Anfrage der ‚versicherungstip‘-Redaktion an den BaFin-Exekutivdirektor Versicherungs- und Pensionsfondsaufsicht, Dr. Frank Grund, konnte kurzfristig nicht beantwortet werden. Eine Antwort wurde erst für Freitag in Aussicht gestellt. Doch um was geht es in den Erklär- und Beratungsvideos und welche kritischen Fragen resultieren daraus?

In dem Erklär- und Beratungsvideo ‚Versicherungscheck: So geht's!‘ wird dem Verbraucher empfohlen, sich einen Überblick über seine Versicherungen zu verschaffen. Er soll sich die Verträge genau anschauen, welche Schadensfälle abgesichert sind. Ist die BaFin tatsächlich der Auffassung, dass die meisten Verbraucher anhand der Versicherungs-Police und -Bedingungen genau erkennen, welche Schadensfälle abgesichert sind?

Weiterhin wird dem Verbraucher geraten, Preise und Leistungen bei verschiedenen Versicherern zu vergleichen, um den für sich geeignetsten Vertrag zu finden. Ist die BaFin wirklich davon überzeugt, dass die meisten Verbraucher alle wichtigen Faktoren bei einer individuellen Bedarfsermittlung kennen, beachten und die Möglichkeit haben, sich selbst einen Marktüberblick zu den zahlreichen Versicherern und den Bedingungswerken bis hin zu Deckungskonzepten diverser Anbieter zu verschaffen?

Doch es kommt noch schlimmer. Bei einem Wechsel zu einem anderen Versicherer rät die BaFin: „Dann kündige deinen laufenden Vertrag und schließe rechtzeitig zum Zeitpunkt des Vertragsablaufs einen neuen ab.“ Lediglich einschränkend weist die BaFin darauf hin, „für einen Wechsel ungeeignet können lang laufende Verträge sein, z. B. Lebens- oder Rentenversicherung“. Hält die BaFin es für sinnvoll, bspw. eine Berufsunfähigkeitsversicherung oder eine Private Krankenversicherung zu kündigen, bevor ein neuer Vertrag abgeschlossen wurde?

Bei einem Versicherungsmakler ist die Kündigung vor Neueindeckung ein haftungsrelevanter Kardinalfehler. Übernimmt die BaFin die Haftung, wenn ein Verbraucher dem BaFin-Ratschlag folgend eine BU-Versicherung kündigt, bevor eine neue BU abgeschlossen wurde, aufgrund zwischenzeitlicher Erkrankungen keine neue BU mehr erhält und dann der BU-Fall eintritt, für den die gekündigte BU eine BU-Rente gezahlt hätte? Hat die BaFin, wie bei Vermittlern und Beratern gesetzlich vorgeschrieben, dafür eine Vermögensschadenhaftpflichtversicherung?

Statt die meisten Versicherungskunden zu überfordern und ihnen zu suggerieren, sie können sich im Handumdrehen passenden und günstigen Versicherungsschutz selbst besorgen, hätte die Aufsicht auch auf Versicherungsspezialisten hinweisen müssen.

Doch in keinem der drei Erklär- und Beratungsvideos weist die BaFin darauf hin, dass der Verbraucher sich hinsichtlich der zutreffenden Ratschläge – sich einen Überblick über die Verträge zu verschaffen, zu prüfen welche Schadensfälle abgesichert sind, Bedingungsvergleiche vorzunehmen und ggf. ein Neuabschluss für individuell passenden Versicherungsschutz und Kündigung des Altvertrages erfolgt – an einen Versicherungsmakler, der zur Beratung zur individuellen Bedarfsdeckung verpflichtet ist, wenden kann. Da stellt sich die Frage: Warum nicht? Könnte es mit einer Ideologie zusammenhängen, die die Beratung und Vermittlung auf Courtagebasis ablehnt? Das wäre dann allerdings nicht neutral, wozu die BaFin aber verpflichtet sein dürfte.

Ideologisch beseelt scheint auch ein weiterer Aspekt: In den Erklär- und Beratungsvideos ‚Wann lohnt sich ein Versicherungscheck?‘ und ‚Warum lohnt sich ein Versicherungscheck?‘

werden für die Lebenssituation „wenn Paare zusammenziehen“ zwei Frauen als Paar dargestellt. Angesichts der Tatsache, dass unter den rund 21 Mio. zusammenlebenden Paaren weniger als 300.000 gleichgeschlechtliche Paare sind, muss die Frage erlaubt sein, warum die BaFin nicht auf die weitaus häufigere Lebenssituation abstellt oder zumindest auch berücksichtigt.

Auf Beratungs- und Vermittlungsexperten wie Versicherungsmakler wird in den Clips zu keiner Zeit hingewiesen. Doch gerade Versicherungsmakler sind gesetzlich dazu verpflichtet, auf Basis eines großen Marktüberblicks für bedarfsgerechten Versicherungsschutz zu sorgen. Nicht ohne Grund ist ein Versicherungsmakler nach BGH-Rechtsprechung Sachwalter des Kunden. Dass der Aufsicht solche Spezialisten offensichtlich keinen Hinweis wert sind, muss erstaunen. Das wirft auch die Frage nach der Motivation der BaFin auf, solche Videos zu erzeugen und zu veröffentlichen.

„Wir können der BaFin nur empfehlen, diese bedenklichen Clips umgehend zu entfernen und ggf. sachgerecht zu überarbeiten. Denn Erklär- und Beratungsvideos, die Verbrauchern eine Anleitung zur einer folgenreichen Fehlberatung im ‚Do-it-yourself‘-Verfahren liefern, haben auf der Homepage der Aufsicht nichts zu suchen. Selbst dann nicht, wenn der Chef des die Aufsicht innehabenden BMF, Bundesfinanzminister Olaf Scholz und womöglich kommender Bundeskanzler, ‚die Leute, die die Provisionen kassieren‘, nicht schätzt“, lautet das Fazit des ‚vt‘-Chefredakteurs Erwin Hausen unter Verweis auf Scholz‘ Äußerungen in der ARD-Talkshow ‚Anne Will‘ vom 14.03.2021 (https://www.kapital-markt-intern.de/versicherungstip/aktuelle-themen/vt-aktuelle-themen/bmf-scholz-stellt-branchenverbaende-unter-generalverdacht-der-bestechung/).

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