Pressemitteilungen 'k-mi'-Verlag

Investitionsgrenzen: Hängepartie oder Durchmarsch im Bundesrat?

In 'k-mi' 37/22 informierten wir Sie über einen ganz frischen Gesetzesantrag des Landes Hamburg für einen Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Vermögensanlagengesetzes (BR-Drs. 428/22). Der Vorstoß sieht eine "generelle Deckelung der Anlagesummen je Investment entsprechend der individuellen Vermögenslage" auf 1.000 € vor! Für höhere Beträge sind entsprechende Nachweise und Selbstauskünfte erforderlich, maximal sollen aber nur 25.000 € pro Investment möglich sein. Bereits in 'k-mi' 37/22 hatten wir darauf hingewiesen, dass dieser Plan, Vermögensanlagen faktisch mit Crowdinvestments gleichzustellen, "der kostenmäßige Todesstoß für Vermögensanlagen" wäre. In einer umfangreichen Studie hatte 'k-mi' zuletzt ermittelt, dass das durchschnittliche Zeichnungsvolumen bei Publikumsangeboten bei über 28.800 € pro Anleger liegt (vgl. 'k-mi' 22/20). Das heißt zweierlei. Erstens: Ein wirkliches Schutzbedürfnis ist nicht zu erkennen, da Vermögensanlagen demnach typischerweise nicht von Kleinan­legern gezeichnet werden. Zweitens: Durch den erheblichen Mehraufwand von Konzeption und Prospektierung bei Vermögensanlagen für die Billigung durch die BaFin – die explizit dem Anlegerschutz dienen – verbietet es sich eigentlich, prospektpflichtige Vermögensanlagen mit Crowdinvestments in einen Topf zu werfen. Crowdinvestments sind darüber hinaus nicht nur von einer Prospektpflicht befreit, sondern genießen gegenüber Vermögensanlagen auch Erleichterungen bei der Erstellung von Jahresabschlüssen etc.

Am 16.09.2022 gab es im Bundesrat eine Plenarsitzung, auf der der Hamburger Antrag direkt auf die Tagesordnung gesetzt wurde. Der Hamburger Vorschlag zur Änderung des Vermögensanlagengesetzes/VermAnlG wurde dort in die zuständigen Ausschüsse verwiesen (Finanzausschuss federführend sowie Wirtschaft und Umwelt). Auch diese Ausschüsse haben dazu bereits letzte Woche getagt und beraten. Beschlüsse dazu liegen zur Zeit noch nicht vor. Es scheint größeren Erörterungsbedarf zu geben: Ursprünglich wurde der Antrag aus Hamburg direkt schon auf die Tagesordnung der nächsten Bundesratssitzung am 07.10.2022 gesetzt. Dort ist er aber nun erst einmal wieder verschwunden.

Ein Grund kann darin liegen, dass die von 'k-mi' koordinierte BMI/Bundesarbeitsgemeinschaft mittelstän­discher Investmentpartner zeitnah interveniert hatte, um einen Durchmarsch dieses gerade für den An­legerschutz fatalen Gesetzesantrags zu Vermögensanlagen zu verhindern. Dem Finanzausschuss des Bundesrates legte die BMI noch vor dessen Sitzung eine Stellungnahme vor, in der die zahlreichen Denkfehler des Hamburger Vorstoßes, Vermögensanlagen mit Crowdinvestments in einen Topf zu werfen, aufgedeckt wurden:  ++ Die durchschnittlichen Zeichnungssummen je Anleger würden durch die 'Hamburger Deckelung' dramatisch fallen. Die Folge: Unnötige Platzierungsrisiken für Anleger entstehen, und Projekte mit höheren Gesamtvolumina werden deutlich schwieriger zu finanzieren sein  ++ Durch die niedrigeren Zeichnungssummen und die in Folge geringeren Investitionsvolumina werden Möglichkeiten zur Risikostreuung/Diversifikation bei der jeweiligen Beteiligung dadurch eingeschränkt, dass in weniger verschiedene Assets investiert werden kann (bspw. statt drei Windrädern kann nur noch eines erworben werden)  ++ Damit läuft der Antrag des Landes HH auf einen prohibitiven Worst-Case hinaus: Faktisch werden prospektpflichtige Vermögensanlagen vertrieblich gleichgestellt mit nicht-prospektpflichtigen Schwarmfinanzierungen bzw. Crowdinvestments. Die Emission und Konzeption von prospektpflichtigen Vermögensanlagen ist aber aufwendiger als bei Schwarmfinanzierungen, nicht zuletzt durch die aufwendige Prospekterstellung, die aber durch ihre Schaffung von Transparenz eine herausragende anlegerschützende Funktion hat! Durch die willkürliche Begrenzung des Vertriebspotenzials dürften prospektpflichtige Emissionen von Vermögensanlagen künftig wirtschaftlich nicht mehr darstellbar sein. Auch dies führt zu einer deutlichen Beeinträchtigung des Anlegerschutzes, da Ausweichbewegungen in prospektfreie und schwächer regulierte Segmente zu erwarten sind.

Zudem enthält der Gesetzesantrag aus Hamburg in seiner ohnehin dünnen Begründung gravierende Fehlannahmen. So heißt es z. B. dort, "das im VermAnlG regulierte Kapitalmarktsegment werde staatlich nicht beaufsichtigt". Das ist nicht zutreffend, so die BMI in ihrer Stellungnahme: "Es findet eine Prüfung des Verkaufsprospekts und des Vermögensanlagen-Informationsblattes durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht/BaFin statt, die sich auf die Vollständigkeit, Kohärenz und Verständlichkeit bezieht. Darüber hinaus prüft die BaFin regelmäßig im Rahmen der ihr bei der sogenannten 'Produktintervention' (§ 18 Abs. 2 VermAnlG i.V.m. § 15 WpHG und Art. 42 MiFIR u. a. für das für Verbraucherschutz zuständige Referat VBS 7 der BaFin) eingeräumten Befugnisse alle Gesichtspunkte des Anlegerschutzes von Vermögensanlagen. Konkret bedeutet dies, dass die BaFin explizit ermächtigt ist, die EU-weit gültigen Vorschriften und Maßnahmen für die Produktintervention für Finanzprodukte auch bei Vermögensanlagen anzuwenden.“

'k-mi'-Fazit: Gelingt dem Land Hamburg – bzw. der verantwortlichen Senatorin der Grünen – ein Durchmarsch im Bundesrat und damit die weitere Verstümmelung der Emissionsmöglichkeiten von Vermögensanlagen? Dies wäre auch aus folgendem Grund fatal: Waren und sind doch Vermögensanlagen ein entscheidender Faktor (gewesen), um z. B. privates Kapital für die (angeblich so dringend gebrauchte) Energie­wende in Form von Solar- und Windenergieinvestitionen zu mobilisieren. Schon merkwürdig, dass sich die Grüne Senatorin Anna Gallina hier nun an die Spitze der Bewegung gegen die Energiewende setzt! Auch regulatorisch geht der Hamburger Entwurf ins Leere: Das Vermögensanlagengesetz wurde erst kürzlich durch das Anlegerschutzstärkungsgesetz erheblich verschärft und dem KAGB-Niveau weiter angeglichen. Bereits im Gesetzgebungsverfahren und bei der Konsultation des sog. BaFin-Merkblatts zu diesem Gesetz hat die BMI hier Schlimmeres verhindert, indem für Vermögensanlagen u. a. der nötige Spielraum für Erneuerbare Energie-Emissionen erhalten wurde (vgl. 'k-mi' 32/21). Allerdings sind auch wir auf ein Minimum an Einsichtsfähigkeit der Politik angewiesen! Wir werden zeitnah berichten, wie es hiermit aussieht!

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