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AXA: Keine Vertragsauskünfte trotz unbefristet erteilter, nicht widerrufener Vollmacht

Die BaFin hat eine nachvollziehbare und klare Auffassung, „die Nichtbeachtung einer unbefristeten, nicht widerrufenen und umfassenden Vollmacht verstößt grundsätzlich gegen § 1a VVG. Wie der nachfolgende Fall zeigt, dürfte Dr. Andreas Vollert als Chef der AXA Konzern AG gut beraten sein, eine wohl vorhandene Arbeitsanweisung, die Sachbearbeitern zum Verstoß gegen § 1a VVG anleitet, einzukassieren:

Versicherungsmakler Matthias Frahn, Frahn Versicherungs- & Finanzkonzepte/Potsdam, bat am 01.07.2021 die AXA Versicherung AG – unter Vorlage einer am 19.07.2017 vom Mandanten unbefristet erteilten und nicht widerrufenen Vollmacht – zum Hausratvertrag des Kunden um vertragsrelevante Informationen. Vertragsspiegel, Police, Bedingungen und die Schadenrenta der letzten fünf Jahre.

Eilig hatte es AXA mit einer Antwort nicht. Es dauerte sechs Wochen, bis am 10.08.2021 – jegliche Kompetenz vermissend – vom AXA Serviceteam SUHK die Übermittlung der Unterlagen abgelehnt wurde mit dem Hinweis: „Da der Vertrag nach dem 19.07.2017 zustande gekommen ist, bitten wir uns eine aktuelle Maklervollmacht einzureichen, damit wir hier für Sie tätig werden können.“ Eine telefonische Beschwerde des Versicherungsmaklers mit Hinweis auf die unbefristet erteilte und nicht widerrufene Vollmacht brachte keine Abhilfe. Im Gegenteil, er erfuhr, dass weitere Beschwerden auch bei anderen Sachbearbeitern zwecklos seien, denn man handele nach einer Arbeitsanweisung. Der Fall landet auf dem ‚vt‘-Redaktionstisch.

Für die Gültigkeit der Vollmacht spielt es keine Rolle, wenn später, ggf. bei einem anderen Vermittler, ein Vertrag abgeschlossen wurde, weil die Vollmacht dadurch nicht widerrufen wurde. Und in der Praxis gibt es immer wieder nachvollziehbare und begründete Fälle, bei denen ein Makler erst Jahre nach Vollmachtserteilung dem Versicherer zu einem von ihm nicht vermittelten Vertrag die Vollmacht vorlegt, oder bei denen der Kunde trotz Maklermandat einen Vertrag bei einem anderen Vermittler abschließt, ohne dem Makler den Auftrag zu entziehen und auch nicht entziehen zu wollen.

So ist es auch in diesem Fall. Der Mandant hatte, warum auch immer, einer von einem AXA-Vertreter angebotenen Hausratpolice zugestimmt. Offenbar war er aber nicht zufrieden. Der Kunde bat seinen Versicherungsmakler um Unterstützung.

Aber AXA bremste ihn aus. Doch wenn Arbeitsanweisungen rechtsfehlerhaft unbefristeten Vollmachten ein Verfallsdatum andichten oder regeln, dass Vollmachten, die älter als ein Vertrag sind, nicht akzeptiert werden, spielt bei solchen Versicherern die Maklerpraxis womöglich bewusst keine Rolle.

Wir haben AXA-Boss Dr. Vollert und Vertriebsvorstand Kai Kuklinski um Stellungnahme gebeten: ++ Auf Basis welcher rechtlichen Regelung wertet AXA die unbefristete und nicht widerrufene Vollmacht des Versicherungsmaklers als nicht mehr gültig? ++ Welche rechtliche Regelung besagt, dass eine unbefristete und nicht widerrufene Vollmacht, die älter ist als der Vertragsbeginn, keine Gültigkeit hat? ++ Ist die Bearbeitungszeit für die Makleranfrage von rund sechs Wochen eine bei AXA übliche Bearbeitungszeit? Worauf beruht diese lange Bearbeitungszeit? ++ Ist es zutreffend, dass es eine AXA-Arbeitsanweisung gibt, nach der Vollmachten, die älter als ein Vertrag sind, nicht akzeptiert werden?

Drängende Fragen, doch AXA will keine beantworten, sondern teilt mit, „dass wir uns zu einzelnen Fällen bzw. Vertragsverhältnissen grundsätzlich nicht äußern. Insofern müssen wir von einer Beantwortung Ihrer Fragen an dieser Stelle absehen.“ Wenn AXA grundsätzlich keinen Beitrag zu Transparenz und Aufklärung leisten will, dann ist das eine schlechte Unternehmensentscheidung. Das hält uns aber nicht von einer guten Recherche ab, um Licht ins Dunkel zu bringen oder krasses Fehlverhalten anzuprangern: Wir hatten Konzernboss Dr. Vollert auf die Auffassung der BaFin, dass die Nichtbeachtung einer unbefristeten, nicht widerrufenen und umfassenden Vollmacht grundsätzlich gegen § 1a VVG verstößt und unseren diesbezüglichen Bericht (vgl. ‚vt‘ 32/21) hingewiesen.

Wie vereinbart sich die grundsätzliche Ablehnung von älteren, unbefristet erteilten und nicht widerrufenen Vollmachten mit der Auffassung der Aufsicht? Insbesondere: Wird AXA umgehend dafür sorgen, dass diese Arbeitsanweisung als ungültig erklärt wird und die Sachbearbeiter entsprechend weiterbilden? Ob der Konzernlenker aktiv wurde oder wird, wissen wir nicht, denn auch diese Fragen an den AXA-Boss blieben unbeantwortet.

Dabei wäre ein baldiges Einschreiten notwendig. Der Verdacht, dass mit einer Arbeitsanweisung rechtswidriges Handeln zementiert wird, wiegt schwer und ist alles andere als unbegründet. Denn bei dem Vorgehen handelt es sich nicht um einen Einzelfall, was die Information zur Arbeitsanweisung bestätigen dürfte: „AXA: Nach Vertragsabschluss ist eine neue Maklervollmacht notwendig“, berichteten wir im Mai (vgl. ‚vt‘ 18/21). Versicherungsmakler Christopher Schätzl, Vorstand Hans Schätzl Versicherungs- und Finanzmakler AG/Passau, bat unter Vorlage einer unbefristeten Vollmacht um Bestandsübertragung zu einer Pflegezusatzversicherung. Dem kam AXA nicht nach.

Auf Rückfrage wurde ihm die unglaubliche Begründung serviert: „Ihr Maklermandat datiert auf den 07.08.2007, Vertragsbeginn des nachstehenden Vertrages ist der 01.09.2007. Von daher benötigen wir von Ihnen ein aktuelleres Maklermandat, da Ihr eingereichtes Mandat keine Gültigkeit hat, da dies älter ist als der Vertragsbeginn.“ Soll man da lachen oder weinen? Der deutsche Statthalter des französischen Versicherers vertritt damit eine Rechtsauffassung, die an Absurdität nicht zu überbieten ist: Obwohl Sie mit einer unbefristeten Vollmacht für einen Mandanten einen Vertrag abgeschlossen haben, wird mit Abschluss des Versicherungsvertrages die Vollmacht automatisch ungültig und Sie müssen beim Kunden eine neue Vollmacht einholen, die dann ein jüngeres Datum hat als der Vertragsabschluss. „Die AXA brilliert mit einem Vorgang aus der Rubrik ‚Kann man sich nicht ausdenken‘…“, fasste IGVM-Mitglied Schätzl zusammen.

Das ‚kann man sich nicht ausdenken‘ gilt auch im aktuellen Fall. Denn Versicherungsmakler Frahn ist als vom betroffenen Kunden mandatierter Versicherungsmakler bei AXA hinterlegt und anerkannt. Seit Jahren betreut er die Private Haftpflichtversicherung des Kunden, der AXA-Vertrag ist Frahns Bestand courtagepflichtig zugeordnet. Selbiges wollte der Potsdamer für die Hausrat noch nicht mal erreichen. Bei seiner Bitte um Vertragsinfos hatte er extra notiert: „Es handelt sich nicht um Antrag auf Bestandsübertragung!“ Es ging ihm nicht um eine Bestandsvergütung, sondern um eine Betreuung im Interesse des Kunden. Doch das Kundeninteresse scheint für AXA keine Bedeutung zu haben, Police und Schadenrenta werden dem Makler verweigert.

‚vt‘-Fazit: ++ Nutzt ein Versicherungsmakler nach Widerruf durch den Vollmachtgeber die dann nicht mehr gültige Vollmacht dennoch weiter, unterliegt sein Handeln den Sanktionen des StGB und lässt berechtigte Zweifel an seiner Zuverlässigkeit zu. Allein das spricht dafür, dass Versicherer sich bei älteren unbefristeten Vollmachten keine Sorgen wegen einer rechtswidrigen Vollmachtsverwendung machen müssen.

Wenn der Makler diesen Kunden obendrein mit einem anderen Vertrag bereits im Bestand hat, dann entlarvt sich das AXA-Vorgehen als Schikane gegen Versicherungsmakler, wohl um den Ausschließlichkeitsvertreter zu schützen. Doch dabei werden Verbraucherrechte mit Füßen getreten und der Kundenwille ignoriert. Da darf die Aufsicht gerne aktiv werde.

++ Nutzen Sie die konsequente ‚vt‘-Recherche, wenn ein Versicherer Ihre gültige Vollmacht nicht akzeptieren will! Legen Sie uns Ihre Fälle weiterhin auf den Tisch, damit wir der BaFin die Dimension vor Augen führen können! Gerne erinnern wir auch an unsere Muster-Beschwerde, damit Sie genervte Kunden bei einer BaFin-Beschwerde unterstützen können (vgl. ‚vt‘ 32/21).

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