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AXA macht Druck für neue CV mit Androhung ausbleibender Courtageabrechnung

Im Zuge einer speziellen Verfahrensweise der AXA Deutschland bei der Übertragung von Lebens- und Rentenversicherungsverträgen auf eine externe Run-off Plattform sollen Versicherungsmakler eine neue Courtagevereinbarung mit einem neu gegründeten Lebensversicherer unterschreiben. Abgesehen davon, dass der Versicherungsmakler dort als Handelsmakler nach § 93 HGB definiert wird, wird mit ausbleibenden Courtageabrechnungen gedroht.

Wir haben für Sie beleuchtet, wo die AXA keine Aufklärung liefert: AXA Deutschland will einen bereits seit 2013 geschlossenen Teilbestand von rund 900.000 konventionellen Lebens- und Rentenversicherungsverträgen der ehemaligen DBV-Winterthur Leben (DWL) an die Run-off Plattform Athora Deutschland verkaufen (vgl. ‚vt‘ 30/22). Wie die AXA Versicherungsmakler informiert, sollen für „einen reibungslosen Übergang“ die Verträge noch für fünf Jahre nach Abschluss der Transaktion, „voraussichtlich im Jahr 2028“, von AXA als Dienstleister im Auftrag der Run-off Plattform verwaltet und betreut werden. „Bis zu diesem Zeitpunkt übernimmt AXA weiterhin den Service für die Kundinnen und Kunden mit den Kundenservice-Teams, die auch derzeit schon für die Verträge zuständig sind“, betont AXA.

Doch bis die Verwaltung und Betreuung der Verträge durch Athora erfolgt, wählt AXA einen ungewöhnlichen Weg. So sehe das Übertragungsverfahren vor, dass die entsprechenden DWL-Verträge zunächst auf die neu gegründete AGER Lebensversicherung AG, einer Gesellschaft des AXA Konzerns, übertragen werden. AGER solle dann später auf die Athora übergehen. AXA weist darauf hin, dass die Fortführung der Verträge mit allen Rechten und Pflichten garantiert wird. Das sollte eine Selbstverständlichkeit sein, denn an den rechtskräftig geschlossenen Verträgen ändert sich ja nichts. Erstaunlicherweise soll das aber nicht für die Courtagevereinbarungen (CV) der AXA und DWL mit den Versicherungsmaklern gelten. AXA droht unverhohlen: „Damit die mit Ihnen vereinbarten Courtagen auch weiterhin mit Ihnen abgerechnet und gezahlt werden können, muss die AGER Lebensversicherung AG eine Courtagevereinbarung mit Ihnen schließen.“

Demnach sollen Versicherungsmakler, die die vorgelegte CV mit AGER nicht unterzeichnen, keine verdienten Courtagen mehr erhalten. Wir halten das rechtlich für unzulässig. Denn selbst wenn ein Versicherer eine Courtagezusage zurückzieht oder eine Courtagevereinbarung kündigt, dann werden die Vergütungsregelungen für die vom Versicherungsmakler vermittelten, in dessen Bestand befindlichen und von ihm betreuten Verträge nicht außer Kraft gesetzt.

Ohnehin gehen Verträge üblicherweise auf den Erwerber über. Die AXA scheint das anders zu sehen, ohne zu erläutern, warum. Denn für die Rückgabe der unterschriebenen CV wird abschließend nochmals Druck gemacht: Diese Rückgabe „ist essenziell, denn nur auf Basis dieser vertraglichen Grundlage können wir auch nach diesem Zeitpunkt Courtageguthaben weiter auszahlen“. Was AXA oder AGER daran hindern soll, vertragliche Pflichten zu erfüllen, erklärt der Versicherer aber nicht.

Eine zutreffende rechtliche Begründung, so es die denn überhaupt gibt, hätten die Versicherungsmakler als Geschäftspartner allerdings mehr als verdient. Denn sie sollen eine mit Anlagen 15 Seiten umfassende, überwiegend sehr eng und in Schriftgröße 10 bedruckte CV unterzeichnen. Regelungen, die man unterschreibt, sollten üblicherweise vorher gelesen und verstanden werden.

Wenn es also keinen zwingenden Rechtsgrund gibt, warum die verdienten Courtagen ohne CV mit der AGER nicht mehr abgerechnet werden dürfen, halten wir diesen Aufwand für eine Zumutung der AXA, zumal bereits Regelung 1.1 der CV bedenklich ist und Fragen aufwirft. Denn zur Rechtsstellung des Maklers wird dieser als „selbständiger Makler im Sinne von § 59 Abs. 3 VVG in Verbindung mit § 93 HGB“ definiert. Dieser „betreut/vermittelt gewerbsmäßig Lebensversicherungsverträge für die AGER“.

Daher haben wir AXA-Vertriebsvorstand Kai Kuklinski, der sowohl das (Droh-)Schreiben an die Versicherungsmakler als auch die CV der AGER unterzeichnet hat, zu einer Stellungnahme aufgefordert: ++ Gültige Verträge bleiben üblicherweise durch einen Verkauf mit allen Rechten und Pflichten der Vertragsparteien erhalten. Warum gilt das im Falle des Übertrages von AXA Leben auf die Konzern-Tochtergesellschaft AGER nicht für die Courtagevereinbarungen mit den Versicherungsmaklern?

++ Laut Vorschlag der AGER für eine Courtagevereinbarung wird die Rechtsstellung des Versicherungsmaklers u. a. mit § 93 HGB definiert. Warum hat nach Auffassung von AXA/AGER ein Versicherungsmakler die Rechtsstellung eines Handelsmaklers? 

++ Der unterzeichnende Versicherungsmakler „betreut/vermittelt gewerbsmäßig Lebensversicherungsverträge für die AGER“, sieht Punkt 1.1 der CV vor. Welche Verträge können an eine Abwicklungsplattform vermittelt werden? Wird der geschlossene Bestand wieder geöffnet?

++ „Damit die mit Ihnen vereinbarten Courtagen auch weiterhin mit Ihnen abgerechnet und gezahlt werden können, muss die AGER Lebensversicherung AG eine Courtagevereinbarung mit Ihnen schließen“, informiert AXA die betroffenen Versicherungsmakler. Warum können die Courtagen nicht auf Basis der bestehenden CV mit der AXA abgerechnet und ausgezahlt werden? 

++ Wird AGER trotz Übernahme aller Verträge verdiente Courtagen an Versicherungsmakler nicht auszahlen, wenn diese die Courtagevereinbarung mit AGER nicht unterzeichnet zurückgegeben haben? Wenn ja, auf Basis welcher Rechtsgrundlage sieht sich der AXA Konzern berechtigt, verdiente Courtagen nicht auszuzahlen?

„Zu vertraglichen Vereinbarungen informieren wir grundsätzlich nur die mit uns zusammenarbeitenden Makler. Sollten bei ihnen Fragen offenbleiben, stehen wir immer über die bekannten Wege zur Verfügung“, will AXA die angebotene Möglichkeit zur Aufklärung nicht nutzen. Womöglich, weil man einem sich beschwerenden Makler immer gut erklären kann, er sei der einzige, der sich beklagt, um diesem den Wind aus den Segeln zu nehmen?

BU-Experte Matthias Helberg, Inhaber der Matthias Helberg Versicherungsmakler e. K./Osnabrück, will sich auf ein solches Spielchen gar nicht erst einlassen: „Es ist Aufgabe der AXA, die Zahlung der Courtage weiterhin zu gewährleisten – und nicht meine Aufgabe, eine neue Courtagevereinbarung zu prüfen. Ich bin dort auch nur bis zu Punkt 1.1 gekommen: § 93 HGB trifft nicht zu und da es sich bei AGER um eine Abwicklungsplattform handelt, wird man kaum für die vermitteln können.“

Daher hat Helberg Kuklinski auf die bestehenden Regelungen hingewiesen: „Daran halten wir Sie auch zukünftig gebunden. Nach hiesiger Rechtsauffassung obliegt es der AXA, zukünftige Courtagezahlungen für den übertragenen Bestand an uns sicherzustellen.“ Wie die AXA darauf reagieren wird, ob die Drohung, keine Courtageabrechnung mehr zu erstellen, umgesetzt wird, bleibt abzuwarten.

‚vt‘-Fazit: Will die AXA die Beweggründe für eine Courtagevereinbarung mit AGER nicht darlegen, weil die neue CV nachteilig für Versicherungsmakler ist? Aufklären auf Basis unserer Anfrage wollen die Statthalter des französischen Konzerns jedenfalls nicht. Eine Drohung auszusprechen, die jeglicher Rechtsgrundlage entbehrt, ist eine Frechheit.

So benimmt man sich nicht, wenn man als Geschäftspartner von Versicherungsmaklern ernst genommen werden will. Wenn es zwingende Rechtsgründe für die Übertragung auf AGER und für die CV mit AGER gibt, dann sollte AXA diese darlegen. Wenn es aber interne Gründe sind, dann sollte AXA den Zeitaufwand der Versicherungsmakler für die Prüfung der CV angemessen vergüten.

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