vt – Aktuelle Themen

BaFin-Bewertungen zum externen Run-Off zum Teil nur Meinungsäußerungen

Im BaFin-Journal (Februar 2018) wurde das Thema Run-Off unter Berücksichtigung von in- und externem Run-Off beleuchtet. Dabei wurde die Auffassung vertreten, dass „die in der Öffentlichkeit vorherrschende Meinung“ Abwicklungsplattformen seien „schlecht“ für Kunden, ein „Pauschalurteil“ sei, das „einer näheren Prüfung aber nicht stand“ hält. Unsere Kritik lautete, dass zu dieser Bewertung offenbar viele Annahmen getroffen werden (vgl. ‚vt’ 08/18). Dazu haben wir die Aufsicht um Stellungnahme gebeten. Zu unseren Fragen, den BaFin-Antworten und unserer Wertung: „Auch bei den Verkäufern spielen die Kundeninteressen eine entscheidende Rolle: Keine Versicherungsgruppe, die einen Verkauf plant, wird sich der Illusion hingeben, dass ihre Reputation unberührt bliebe, wenn die Kundeninteressen erst nach dem Verkauf unter die Räder gerieten. Denn alle Gruppen, die für einen externen Run-Off in Frage kommen, sind weiterhin in Deutschland tätig“, so die BaFin  ++ Welche Untersuchungen, Studien und Zahlen liegen der Aufsicht vor, die diese Aussagen belegen? Die Antwort der BaFin: „Bei den Aussagen handelt es sich um eine Meinungsäußerung der BaFin, die auf aufsichtlichen Informationen basiert.“ Eine belastbare Untersuchung liegt demnach nicht vor  ++ Wenn ein Lebensversicherer einen Bestand oder eine Versicherungsgruppe ihren Lebensversicherer an eine Run-Off-Plattform verkauft hat, findet sich nach unserer Recherche in der Firmierung nicht mehr der ursprüngliche Name des Versicherers bzw. der Gruppe. Ausnahmen sind nur in solchen Fällen zu finden, wo die verkaufende Versicherungsgruppe nicht mehr auf dem deutschen Markt tätig ist. Sind der BaFin gegenteilige Fälle bekannt? Die Antwort der BaFin: „Fälle, in denen nach Bestandsübertragung bzw. Verkauf des Lebensversicherers der Markenname des Veräußerers beibehalten wurde oder Bestandteil eines in Deutschland im Neugeschäft tätigen Versicherers ist, sind mir nicht bekannt.“ Da spielen natürlich auch rechtliche Gründe eine Rolle. Festhalten wollen wir aber, dass namentlich kein Rückschluss auf operative Versicherer mit Neugeschäftsambitionen mehr vorliegt.

++ Die BaFin vertritt die Auffassung, dass eine verkaufende Versicherungsgruppe sich nicht „der Illusion hingeben“ wird, „dass ihre Reputation unberührt bliebe, wenn die Kundeninteressen erst nach dem Verkauf unter die Räder gerieten“. Worauf begründet die BaFin ihre Auffassung, dass verkaufende Versicherer in zig Jahren für ein Fehlverhalten des Käufers einen Reputationsschaden erleiden könnten? Die Antwort der BaFin: „Hierbei handelt es sich um eine Meinungsäußerung der BaFin. Es ist nahe liegend, dass betroffene Versicherungsnehmer auch den Verkäufer für ein mögliches Fehlverhalten des Käufers verantwortlich machen würden.“ Wenn in 10 oder 20 Jahren eine Run Off-Plattform schlechten Service, eine drastisch sinkende Überschussbeteiligung oder ein auffälliges Verhalten bei der Leistungsprüfung an den Tag legt, können Medien allein schon aus rechtlichen Gründen ein mögliches Fehlverhalten nicht dem früheren Verkäufer zuschreiben. Der Reputationsschaden des (namentlich nicht mehr erkennbaren) Verkäufers würde entsprechend gering ausfallen.

++ Die positive Sichtweise zum externen Run-Off ergänzte die Aufsicht im BaFin-Journal mit folgender Auffassung zum internen Run-Off: „Zudem ist zu bedenken, dass auch bei einem internen Run-Off die Anreize aus dem Neugeschäft fehlen.“ Wie kommt die Aufsicht zu dieser Bewertung? Die Antwort der BaFin: „Zu den Anreizen aus dem Neugeschäft zählt insbesondere eine höhere (werbewirksame) Überschussbeteiligung.“ Das ist richtig, aber zu eindimensional. Denn in einer Versicherungsgruppe sind meist verschiedene operative Töchter tätig. Wenn die ‚Pfefferminzia Leben’ in den internen Run-Off geht und die Kunden über Nachteile klagen, die von den Medien aufgegriffen werden, würden unter diesem Reputationsschaden auch die auf Neugeschäft angewiesenen ‚Pfefferminzia’-Schwestern leiden, egal ob ‚Sach’, ‚Kranken’ oder ein (neuer) Lebensversicherer.

‚vt’-Fazit: Die BaFin arbeitet bei einer Veröffentlichung zu einem wichtigen Thema an zentralen Stellen mit Meinungsäußerungen und unbewiesenen Thesen. Das halten wir für höchst bedenklich. Denn die BaFin ist keine private Institution, sondern eine deutsche Bundesanstalt, die der Rechts- und Fachaufsicht des Bundesministeriums der Finanzen untersteht und deren Aufgabe u. a. der kollektive Verbraucherschutz ist. Eine sachliche Aufstellung, zu der die BaFin in der Lage ist, von möglichen Vorteilen, nicht auszuschließenden Nachteilen und Grenzen der Aufsicht über die Investoren der Run-Off Plattformen, wäre hilfreicher.

Teilen Sie diese Neuigkeit in Ihrem Netzwerk