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BFV-Vermittlerbefragung: „Überregulierung frisst Zeit und untergräbt den Verbraucherschutz“

Diesen Schluss zieht die Bundesarbeitsgemeinschaft zur Förderung der Versicherungsmakler (BFV) aus einer aktuellen Vermittlerbefragung zur wachsenden Regulatorik, die die BFV in Kooperation mit AssCompact durchgeführt hat. Die Antworten von 565 Teilnehmern, darunter rund 500 Versicherungsmakler, der im März durchgeführten Online-Befragung zeigen: Die Regulatorik stellt mittlerweile eine existenzgefährdende Alltagsbelastung für Vermittler dar – insbesondere für kleine und mittelständische Betriebe. Tatsächlich hat jeder dritte Makler schon darüber nachgedacht, sich aufgrund der zunehmenden administrativen Pflichten aus dem Geschäft zurückzuziehen. Ein zentrales und verbraucherschutzpolitisch bedeutsames Ergebnis der Studie „Regulatorische Anforderungen für Versicherungsvermittler“ ist: Die steigenden regulatorischen Anforderungen gehen zu Lasten der persönlichen Kundenberatung! Beleuchten wir einige Kernergebnisse genauer, so zeigt sich, dass die Überregulierung eine immense Bürde im Vermittleralltag ist (siehe nebenstehende Grafik). Die meisten Versicherungsmakler (45,7 %) verbringen durchschnittlich einen Tag pro Woche (zwischen 6 und 10 Stunden) damit, regulatorische Aufgaben zu erfüllen. Über ein Viertel (28 %) benötigt sogar noch länger, in Einzelfällen sogar mehr als 15 Stunden wöchentlich. Nur ein Fünftel (20,5 %) der Befragten gibt an, weniger als 5 Stunden zu brauchen. Der enorme administrative Aufwand geht aus Sicht der BFV klar zu Lasten der Kunden. Denn über die Hälfte der Befragten gibt an, dass pro Kundentermin bis zu 60 Minuten auf regulatorisch bedingte Dokumentations- und Verwaltungsaufgaben entfallen.

Sind die regulatorischen Auflagen nur Zeitfresser oder liefern diese auch hilfreichen Mehrwert im Sinne des Kunden? Hier unterscheiden die Versicherungsmakler sehr genau zwischen sinnvoller Regulierung und schädlicher Überregulierung. Dabei erfordern einige Anforderungen besonders viel Mühe: So schätzen über 90 % den Aufwand für Dokumentationspflichten (z. B. IDD, MiFID II) als sehr hoch oder eher hoch ein. Auch die Haftung und Berichterstattung (87,1 %), die DSGVO (83,4 %) und Kundenaufklärungspflichten (82,5 %) werden von einer ganz überwiegenden Mehrheit als sehr oder eher aufwändig empfunden. Der Mehrwert für den Kunden steht aus Sicht der Versicherungsmakler je nach Anforderung im Verhältnis zum Aufwand oder aber der Aufwand übersteigt bei Weitem den Vorteil für den Kunden (siehe nebenstehende Grafik): So erkennen viele Vermittler den Nutzen einzelner Vorgaben, etwa bei Kundenaufklärung (71,9 %) und Weiterbildung (66,9 %). Aber deutlich weniger halten die Anforderungen durch die DSGVO (22,5 %), die Nachhaltigkeitspräferenzabfrage (12 %) und Anpassungen durch ESG (10,8 %) für einen hilfreichen Mehrwert im Sinne des Kunden.

Kommen wir damit zu einer weiteren zentralen Erkenntnis, der fehlenden Proportionalität der Regulierung (siehe untenstehende Grafik): Die zunehmende Regulatorik geht zu Lasten der kleinen und mittelständischen Maklerhäuser! Davon zeigen sich 90,3 % der Befragten überzeugt. Gerade die kleinen und mittelständischen Betriebe haben oftmals weniger Ressourcen für die Erfüllung der regulatorischen Anforderungen und werden durch die Vielzahl an Vorgaben und Aufwendungen unverhältnismäßig stark belastet. Insgesamt jeder Dritte (35,8 %) der Befragten hat nach eigenen Angaben schon mit dem Gedanken gespielt, aufgrund der Regulierungsflut das Geschäft aufzugeben. „Regulierung ist wichtig – keine Frage. Den Mehrwert und Verbrauchernutzen betonen auch Versicherungsmakler ganz klar bei der Weiterbildung und Kundenaufklärung“, so Erwin Hausen, Koordinator der BFV. „Aber eine Überregulierung führt dazu, dass für qualifizierte Beratungen weniger Zeit bleibt. Doch die ist der eigentliche Kern des Verbraucherschutzes.“ Die Mitgliedsunternehmen der BFV – darunter zahlreiche etablierte Maklerversicherer – setzen sich daher aktiv für praxisnahe Lösungen bei europäischem und deutschem Gesetzgeber und Aufsicht ein. Zudem arbeiten sie gemeinsam daran, Vermittler durch digitale Tools, schlanke Prozesse und zielgerichtete Schulungen zu entlasten. „Die Überregulierung frisst Zeit, die für die persönliche Kundenberatung und -betreuung gebraucht wird. Das betonen wir in unseren Stellungnahmen auf politischer Bühne immer wieder. Mit unserer Vermittlerbefragung konnten wir das nun auch quantifizieren“, so der BFV-Koordinator.

‚vt‘-Fazit: Die zentralen Ergebnisse der Studie sind alarmierend:  ++ Einen Tag pro Woche verbringen Versicherungsmakler durchschnittlich mit regulatorischen Aufgaben  ++ Kleine und mittelständische Betriebe sind in ihrer Existenz gefährdet  ++ Jeder Dritte hat schon über den Rückzug aus dem Beruf nachgedacht  ++ Mehr als 90 % empfinden Dokumentations- und Berichtspflichten als hohe Belastung, erkennen aber zugleich einen wichtigen Mehrwert für die Kunden. Beim Datenschutz und der Nachhaltigkeitspräferenzabfrage liegt dagegen ein krasses Missverhältnis vor: Trotz hohem Aufwand sehen nur knapp über 20 % beim Datenschutz einen hilfreichen Mehrwert für den Kunden, bei der Nachhaltigkeitspräferenzabfrage sind es sogar nur 12 %. Da ist es keine Wunder, dass über zwei Drittel (67,1 %) der teilnehmenden Versicherungsmakler konstatieren, dass die zunehmende Regulatorik dem Verbraucherschutz entgegensteht. Die BFV legt damit eine Studie vor, die jeder Politiker im Bereich Finanzen und Verbraucherschutz lesen sollte.

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