Der Cyber-Spezialist Cogitanda Dataprotect AG kürzt den Geschäftspartnern die Vergütung um rund 22 %. Als Grund nennt Cogitanda die zunehmenden Herausforderungen des Marktes wie Anstieg politisch motivierter Cyber-Angriffe. Auf ein höheres Schadenaufkommen reagieren Versicherer üblicherweise mit einer angemessenen Beitragserhöhung und nicht mit der drastischen Kürzung einer marktüblichen Courtage. Zumal alle Cyber-Anbieter den zunehmenden Herausforderungen ausgesetzt sind, wäre auch hier eigentlich eine risikogerechte Prämienanpassung zu erwarten gewesen.
Nicht nur das moniert der Berufsverband Interessengemeinschaft Deutscher Versicherungsmakler e.V. (IGVM) in einem Offenen Brief an Christopher Quast, Direktor Maklervertrieb Deutschland der Cogitanda. Denn neben einer geringeren Vergütung für die Beratungs-, Vermittlungs- und Betreuungsleistungen sollen demnach umfangreichere Obliegenheiten erfüllt werden. „Zusätzlich versendet die Cogitanda Änderungskündigungen mit neuen, umfangreicheren Obliegenheiten und fordert von anderen Kunden während der laufenden Versicherungsperiode einen Jahresmeldebogen mit zahlreichen zusätzlichen Fragen, die potenziell neue Verpflichtungen für den Versicherungsnehmer nach sich ziehen können. Der Umstand, dass dies per E-Mail an den Versicherungsmakler erfolgt und der Versicherungsnehmer den Meldebogen elektronisch ohne Möglichkeit zur Ergänzung oder Änderung abgeben soll, ist ebenfalls problematisch“, führt die IGVM aus.
„Die Cogitanda verursacht so erheblichen Mehraufwand für die Versicherungsmakler, die keinen direkten Zugriff auf die Fragebögen und deren Inhalt haben. Die Unterlagen werden nicht in moderner digitaler Form (BiPro / GDV), sondern als PDF-Anhang an eine E-Mail versandt, was eine händische Bearbeitung jedes Vorgangs erfordert“, kritisiert die IGVM einen erheblichen Mehraufwand. Ein weiterer Vorwurf lautet, dass bereits „in der Vergangenheit tiefgreifende Änderungen in den Bereichen Bedingungen, Obliegenheiten und Annahmerichtlinien häufig schnell und ohne Rücksprache mit den Maklern beschlossen“ wurden.
Dazu haben wir Maklervertriebsdirektor Quast und den Vorstandsvorsitzenden Jens Lison um Stellungnahme gebeten. Wissen wollten wir u. a., auf Basis welcher rechtlichen Regelung Cogitanda eine Kürzung der Vergütung auch für bestehende Verträge vornimmt und warum dem steigenden Schadenaufkommen nicht durch angemessene Prämienerhöhung Rechnung getragen, sondern die Vergütung für die Beratungs-, Vermittlungs- und Betreuungsleistung der Vermittler gekürzt wird.
„Die Cogitanda Dataprotect AG arbeitet mit ihren Geschäftspartnern und Stakeholdern vertrauensvoll zusammen. Daher nehmen wir das Schreiben gebührend ernst und prüfen dessen Inhalte derzeit genau. Zu gegebener Zeit werden wir auf die IGVM zugehen und in einen Dialog eintreten“, gibt sich der Assekuradeur den Anschein einer Gesprächsbereitschaft. Bei einer vertrauensvollen Zusammenarbeit mit den Geschäftspartnern hätte die Interessenvertretung der Versicherungsmakler wohl kaum den Weg eines ‚Offenen Briefes‘ gewählt.
Und welche Inhalte müssen da zeitaufwändig geprüft werden? Angesichts der vor fast einem Monat mitgeteilten Erhöhung des Arbeitsaufwandes bei gleichzeitiger drastischer Reduzierung der Vergütung, was nicht vom Himmel gefallen ist, sondern auf einer strategischen Entscheidung der Cogitanda-Führung beruhen dürfte, muss man diese Antwort wohl als Hinhaltetaktik und keineswegs als ernst gemeintes offenes Gesprächsangebot an den Versicherungsmakler-Berufsverband werten.
Das bestätigt auch die Weigerung, die Fragen der ‚vt‘-Redaktion zu beantworten: „Bitte haben Sie Verständnis, dass wir die im Schreiben niedergelegten Punkte nicht kommentieren, da diese vertrauliche Unternehmens- sowie weitere Geschäftsinterna berühren.“ Ist die Entscheidung, statt einer angemessenen Prämienerhöhung die Beratungsleistung des Versicherungsmaklers vergütungsmäßig zu massakrieren, ein vertrauliches Unternehmensinternum? Hinter der jüngsten Aktion könnte aber etwas ganz anderes stecken, das gemeinhin als ‚Aufhübschen der Braut‘ bezeichnet wird:
Nachdem Jörg Wälder, Gründer und damaliger CEO des Unternehmens, im November 2023 einen laut Cogitanda „tragischen und plötzlichen Tod“ erlitt, war das Unternehmen wenige Monate später auf Käufer- bzw. Investorensuche. Am 17.06.2024 berichtete Versicherungsmonitor über einen möglichen Verkauf des Unternehmens, woraufhin Cogitanda sich am 18.06. zu einer ‚Klarstellung‘ an die Geschäftspartner veranlasst sah, dass man „den Markt nach geeigneten strategischen Investoren sondiert“.
In diesem Kontext dürften unsere Fragen an CEO Lison, ob ++ die Kürzungen bei der Vergütung und die Einführung neuer Obliegenheiten im Zusammenhang mit dem potentiellen Investor stehen und ++ Cogitanda aktuell eine Bestandssanierung durchführt oder diese plant, nicht willkommen gewesen sein. Diese Fragen, quasi nach dem ,Aufhübschen der Braut‘, können auch die Nichtbeantwortung und den Verweis auf vertrauliche Unternehmensinterna erklären.
Wie man eine drastische Vergütungsreduzierung auch für das Bestandsgeschäft hinbekommt, hat sich Cogitanda so vorgestellt: Ab dem 01.01.2025 gilt die reduzierte Courtage für das Bestands- und das Neugeschäft. Das wird in dem neuen Kooperationsvertrag geregelt. Damit kein Geschäftspartner auf die ‚alte‘ Bestandsvergütung baut, wurde der bisherige Kooperationsvertrag zum 31.12.2024 gekündigt. Statt an geschäftspartnerschaftlichen Umgang erinnert das eher an eine ‚Friss oder stirb‘-Methode.
‚vt‘-Fazit: Cogitanda ist bei Versicherungsmaklern durchaus beliebt und wurde in der letzten VEMA-Qualitätsumfrage zu Cyber mit einem Qualitätsmittelwert von 1,77 von den VEMA-Partnern auf Platz 1 gewählt. Doch seitdem ist viel Wasser den Rhein hinuntergeflossen. Mehraufwand für Vermittler, drastische Kürzung der Vergütung und das alles bei einer ‚Friss oder stirb‘-Politik, kann schnell zu Geschäftspartner- und Bestandsverlusten führen.
Eine Braut wird dadurch nicht hübscher. Was der Name Cogitanda bedeutet, übersetzt der Assekuradeur auf seiner Homepage mit Verweis auf die lateinische Wortherkunft so: „Die Dinge, über die man nachdenken sollte.“ Das ist auch den Verantwortlichen des Cyber-Spezialisten mit Blick auf den Umgang mit Kunden und Geschäftspartnern zu empfehlen. Es sei denn, hier wird bereits die Handschrift des zukünftigen Eigners sichtbar. Versicherungsmakler werden über die Vorkommnisse nachdenken.
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