vt – Aktuelle Themen

Condor und R+V verwechseln Datenschutzerklärung mit Vollmacht

Die Erstversicherer der R+V Versicherungsgruppe, und damit neben den R+V Versicherungen auch die KRAVAG Versicherungen und die Condor Versicherungen, versuchen, Versicherungsmakler unter Verweis auf den GDV-Code of Conduct (CoC) Datenschutz per „Ergänzung der vertraglichen Vereinbarung“ mit bedenklichen Verpflichtungen zu überziehen (vgl. ‚vt’ 03/15). Dabei übersehen die R+V-Strategen um Vorstand Heinz-Jürgen Kallerhoff den Sinn einer Selbstverpflichtung, indem Dritten ein Verpflichtungs-Korsett übergestülpt werden soll:

„Der Makler ist verpflichtet, zu Beginn der Geschäftsbeziehung zu seinem Kunden eine von diesem unterzeichnete Maklervollmacht einzuholen und diese Condor auf Anforderung zwecks Nachweises zur Verfügung zu stellen.“

Zurückhaltend ausgedrückt kann das als grober Unfug bezeichnet werden. Der könnte allerdings Folgen haben für Versicherungsmakler, die dieser Einmischung in den freien Gewerbebetrieb und den auf Basis der Gesetze zwischen Mandanten und Makler zu vereinbarenden vertraglichen Regelungen nicht widersprechen. Die ‚vt’-Redaktion hat Vorstand Kallerhoff u. a. gefragt, warum der Konzern bspw. über die vom GDV vorgesehene Regelung („Personenbezogene Daten von Versicherten oder Antragstellern dürfen an einen Versicherungsmakler übermittelt werden, wenn diese dem Makler eine Maklervollmacht erteilt haben.“) hinausgeht.

Warum soll ein Kunde grundsätzlich eine Vollmacht erteilen, auch wenn zur Erfüllung der Aufgaben, zu denen der Mandant den Makler beauftragt, keine Vollmacht notwendig ist? Die Antwort von R+V/Condor lässt allenfalls die Wahl, ob dort Unwissenheit oder Ignoranz vorherrschend ist: „Der Code of Conduct präzisiert die Bestimmungen des Bundesdatenschutzgesetzes für die Versicherungswirtschaft. Selbstverständlich erwarten wir, dass jeder Makler die gesetzlichen Vorgaben einhält. Dazu gehört auch, dass der Makler nachweisbar eine Kundenvollmacht hat, also im Auftrag des Kunden handelt und dementsprechend über notwendige sensible Kundendaten verfügen darf.

Dies entspricht auch der seit Jahren geübten Praxis bei der Übertragung von Kundenverträgen in den Bestand eines Maklers. Mit unserem Schreiben wollen wir im größtmöglichen Interesse des Kunden sicherstellen, dass der Makler als Vertreter des Kunden diese Datenschutzbestimmungen einhält. Der Status des Maklers als unabhängiger freier Vermittler ist davon unberührt.“

Eine Beantwortung unserer konkreten Fragen können wir darin nicht erkennen. Natürlich muss erwartet werden dürfen, dass Versicherungsmakler die gesetzlichen Vorgaben einhalten. Aber eine gesetzliche Vorgabe, dass Kunden einem Makler eine Vollmacht erteilen müssen, gibt es nicht. Da, wo eine Vollmacht nötig ist, wird der Makler um entsprechende Bevollmächtigung bitten, oder er kann den Kunden nicht vertreten bzw. erhält vom Versicherer keine personenbezogenen Daten des VN.

Auch verwechseln die Wiesbadener Maklervollmacht und Datenschutzerklärung. Der Versicherer steht für seine Datenverwendung dem VN in der Verantwortung und der Makler steht für seine Datenverwendung dem Mandanten in der Verantwortung. Da bedarf es keiner R+V/Condor/KRAVAG-Gängelung, Makler im angeblich „größtmöglichen Interesse des Kunden“ zu ‚übergesetzlichen’ Regelungen zu verpflichten. Versicherungsmakler Matthias Helberg/Osnabrück (www.helberg.info) bestätigt die ‚vt’-Kritik und beleuchtet die Praxis:

„Die Erstversicherer der R+V Gruppe kennen offenbar kein Neugeschäft mehr. Denn wann hat ein Versicherer eher sensible Kundendaten als der Versicherungsmakler? Das ist bei Abfragen zu bestehenden oder Bestandsübertragungen ‚fremder’ Versicherungsverträge der Fall. Dazu ist dann natürlich eine entsprechende Bevollmächtigung des Maklers durch den Kunden erforderlich. Wie sieht es hingegen im Neugeschäft aus?

Wer erhält zum Beispiel beim Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung als erstes Kenntnis vom Einkommen, Beruf, Sportarten und Vorerkrankungen der versicherten Person – also der sensibelsten aller Daten? Das sind in der absoluten Mehrzahl der Fälle die Vermittler, also wir als Versicherungsmakler. Erst nach und durch uns erhält der Versicherer diese Daten. Wenn wir Versicherungsmakler Daten verarbeiten und speichern, müssen wir uns selbstverständlich an die entsprechenden Gesetze halten. Wollen wir mehr Daten speichern, als gesetzlich vorgesehen, benötigen wir eine entsprechende Einwilligung der Betroffenen.

Das alles ist gesetzlich geregelt und es bedarf dazu weder eines zusätzlichen Kodex, noch gar einer vertraglichen Vorgabe für Versicherungsmakler durch einen Versicherer. R+V und Condor schreiben in den aktuellen Nachträgen zu den Courtagezusagen nun aber nicht etwa Einwilligungserklärungen der Kunden zur Speicherung ihrer Daten beim Versicherungsmakler vor, sondern nicht näher erläuterte Vollmachten.

Nur wozu soll uns beispielsweise bei der erwähnten Vermittlung einer BU unser Kunde eine Vollmacht erteilen? Vielleicht zur Beantwortung der Gesundheitsfragen ohne Unterschrift der versicherten Person? Nein, R+V und Condor beweisen mit ihrem Nachtrag, dass man den Status des Versicherungsmaklers als Sachwalter seiner Mandanten (und im Gegensatz zum Versicherer auf dessen Seite stehend) nicht respektiert. Und dass dort auch das Wesen eines Kodex, nämlich die Selbstverpflichtung, offenbar nicht bekannt ist.“

‚vt’-Fazit: ++ Anfang 2014 war es der Allianz Konzern, der, den Maklerstatus ignorierend, im Rahmen des GDV-Verhaltenskodex Versicherungsmaklern androhte, man werde „im Fall von Kundenbeschwerden die Beachtung des Kodex in der täglichen Vertriebspraxis überprüfen“. Kaum ein Jahr später verlässt auch die R+V-Gruppe den gesetzlichen Rahmen und den CoC-Kodex-Inhalt. Die Allianz wird es freuen, dass nicht sie erneut im Fokus der Makler- und ‚vt’-Kritik steht. Zufall? Man könnte auch auf die Idee kommen, dass sich die Schwergewichte im GDV absprechen, wer den Vorreiter macht.

++ Wenn die R+V mit den ausgesprochenen Maklerverpflichtungen durchkommt, dann werden bald weitere Versicherer folgen. Hier gilt: Wehret den Anfängen! Nutzen Sie unseren Service ‚Musterwiderspruch’ 

++ Wie ein uns vorliegender Fall belegt, kennt die Arroganz der R+V keine Grenzen: Wer widerspricht, fliegt! Heißt, die Courtagezusage wird bei einem Widerspruch umgehend und ohne jede weitere Kommunikation gekündigt. Wir bezweifeln, dass R+V/Condor und KRAVAG das durchhalten, wenn solidarische Makler dem Konzern stürmischen Widerspruchs-Wind entgegen blasen. Aber es gehört Mut dazu, sich mit einem mächtigen Konzern anzulegen und notfalls auf eine Direktanbindung an dessen Versicherer zu verzichten.

Unsere Anfrage an Kallerhoff, ob Condor/R+V-Widersprüche von Versicherungsmaklern, die sich zugleich zur Einhaltung des BDSG bekennen, akzeptiert oder mit Widerruf der Courtagezusage reagiert, blieb unbeantwortet. Ein erstes Anzeichen, dass im Konzern Verantwortungsträgern dämmert, dass die abverlangten Makler-Verpflichtungen der Rechtsgrundlage entbehren?

Teilen Sie diese Neuigkeit in Ihrem Netzwerk