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GDV-Präsidiumswahl endet mit schallender Ohrfeige für Maklerversicherer

Am 29.09.2020 fand im Rahmen einer virtuellen Mitgliederversammlung des GDV die Präsidiumswahl statt. Wie wir Sie im Vorfeld informierten (vgl. ‚vt‘ 36/20), wollten die Maklerversicherer nach jahrelangen Bemühungen endlich im Präsidium repräsentiert sein. Dietmar Bläsing, Sprecher der Vorstände der Volkswohl Bund Versicherungen, hatte sich zur Verfügung gestellt. Zwar geht es um das höchste Gremium des Versichererverbandes, aber auch für Versicherungsmakler wäre es von Vorteil, wenn ein renommierter Vertreter der kleinen und mittleren Maklerversicherer im Präsidiumskreis Themen der Maklerversicherer, Besonderheiten beim Vertriebsweg der unabhängigen Vermittler und stärkere Beachtung der Versicherungsmakler-Stellung bei der Lobbyarbeit adressieren könnte.

Doch das Vorhaben ist krachend gescheitert: Herbert Fromme wusste kurz nach der Wahl mit Bezug auf Angaben von Teilnehmern im Versicherungsmonitor (VM) vom 29.09. zu berichten, dass 320 Unternehmen, jeder hatte 13 Stimmen, an der Wahl teilgenommen haben und Bläsing 165 Stimmen erhalten hat. „Das kommt in etwa hin“, bestätigt uns ein Versicherungsmanager, Bläsing „hatte sogar ein paar Stimmen mehr“ – es reichte dennoch nicht. „Das ist ein deutlicher Achtungserfolg für Bläsing“, meint Fromme mit Blick auf die Stimmenanzahl.

Doch das ändert nichts am Ergebnis: 13 von 14 Kandidaten wurden gewählt – der aus dem Lager der Maklerversicherer nicht. Für die ist das angesichts der Quasi-Zusage vor zwei Jahren (vgl. ‚vt‘ 31/18) eine schallende Ohrfeige. Das GDV-Präsidium war über Jahrzehnte geschickt genug, im Vorfeld einer Wahl exakt so viele Kandidaten zu ‚nominieren‘, wie Plätze zu vergeben waren. Ausgerechnet bei der Wahl, bei der einem Vertreter aus dem Lager der Maklerversicherer ein Sitz im Präsidium quasi zugesichert wurde, ist dem GDV-Präsidium dieses Geschick abhanden gekommen! Da will nicht jeder an Zufall glauben.

Auch ein Detail der Wahlunterlagen wirft Fragen auf. Die Kandidaten werden mit Name, Versicherungsgesellschaft und Sitz des VU vorgestellt. Nur bei Monika Köstlin, Vorstandsvorsitzende der Kieler Rück VVaG/Kiel, ebenso wie Bläsing erstmals auf der Kandidatenliste, ist das anders. Bei ihr wird zusätzlich Verband der Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit aufgeführt, vertraut uns ein Versicherungsmanager hinter vorgehaltener Hand an. Nicht nur uns waren Frau Köstlin und Kieler Rück eine Unbekannte.

Hat die Spur zum Verband so manchen dazu bewogen, einer Vertreterin der kleinen und mittleren Versicherungsunternehmen, für die doch auch Bläsing antrat, die Stimme zu geben? Die Tatsache, dass bei den Kandidaten Dr. Wolfgang Breuer, Gerhard Müller und Dr. Frank Walthes, allesamt Präsidiumsmitglieder des Verbandes öffentlicher Versicherer, kein Verbands-Hinweis erfolgt, macht die Verbands-Angabe bei Frau Köstlin umso fragwürdiger. 

Von den demnächst 17 Versicherungsmitgliedern im Präsidium (die Zugehörigkeit ‚kraft Amtes‘ von Stefan Lehmann/Generali als noch zu wählender Vorsitzender eines Präsidialausschusses steht noch aus) firmieren nicht weniger als 13 als KG oder SE. Allianz, Generali, R+V sowie Münchner Rück zusammen mit Ergo sind gleich zweimal vertreten. Im Lager der Maklerversicherer ist man frustriert und schockiert. „Ich bin super enttäuscht!“, sagt uns ein Vertriebsvorstand. Man müsse auch selbstkritisch sein und feststellen, dass „wir vielleicht nicht genug ‚Wahlkampf‘ getrieben haben“, trauert ein Versicherungsmanager der verpassten Chance nach.

„Unsere ausgetreckte Hand wurde ausgeschlagen“, konstatiert ein anderer. Der Zorn ist gewaltig – die Idee von der Gründung eines eigenen Verbandes der Maklerversicherer macht die Runde. Die Zeichen stehen auf Sturm. Jörg Asmussen hat zum 01.10.2020 die Nachfolge von Dr. Jörg Freiherr Frank von Fürstenwerth als Vorsitzender der Geschäftsführung und geschäftsführendes GDV-Präsidiumsmitglied angetreten, er ist aber schon zum 01.04.2020 in die Geschäftsführung des GDV eingestiegen (vgl. ‚vt‘ 06/20).

Ob nun er oder sein Vorgänger das Desaster hätten verhindern können – mit der Herbeiführung der üblichen ‚en bloc‘-Wahl oder einer Satzungsänderung, wie Erweiterung der Wahlmitglieder auf 14 oder deutlicher Reduzierung der Anzahl Stimmen je Mitglied – es wäre weniger Arbeit gewesen als nun auf Asmussen zukommen dürfte. Regelungsbedarf dürfte auch die Satzung im Zuge der erstmaligen Wahl mit Kandidatenüberschuss haben. Denn nun gibt es erstmals einen möglichen Nachrücker.

Eine Nachrückerregelung, wenn ein Wahlmitglied zurücktritt, finden wir in der Satzung aber nicht. Wie diese auszulegen ist, haben wir den Hauptgeschäftsführer gefragt – wir berichten, sobald die Antwort vorliegt.

‚vt‘-Fazit: ++ Wer mit dem Abschneiden bei einer demokratischen Wahl nicht zufrieden ist und meckert, gilt als schlechter Verlierer. Doch hier liegt kein Nachkarten der Maklerversicherer vor. Wenn ausgerechnet dann, wenn ein Vertreter der Maklerversicherer auf der Kandidatenliste steht, das jahrzehntelang praktizierte Wahlverfahren geändert wird, erregt das Aufsehen. Dass bei einer Kandidatin in der Wahlunterlage völlig abweichend von anderen ein Verbandsengagement betont wird, hat auch einen Beigeschmack.

++ Wenn die Stimmen aus dem Maklerlager auf rund 80 taxiert werden können, lässt sich angesichts von 320 teilnehmenden Unternehmen leicht ausrechnen, dass der Kandidat der Maklerversicherer locker ins Ziel gekommen wäre, wenn jedem Wahlberechtigten eine oder maximal drei, aber nicht 13 Stimmen zugestanden hätten.

++ Mit der Nichtwahl des Vertreters der Maklerversicherer hat der GDV die Chance verpasst, die gewachsene Bedeutung der unabhängigen Versicherungsmakler zu unterstreichen. Das sorgt zugleich für Unfriede im eigenen Haus – seit Jahren den Maklerversicheren die Karotte vor die Nase zu halten, ist nicht die feine Art. Kluges und geschicktes Agieren sieht anders aus. Was die brüskierten Maklerversicherer nun machen, verspricht Spannung.

 

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