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GDV verwendet zwei Vereinsnamen und steht mit dem Firmierungsrecht auf Kriegsfuß

Der am 11.06.1948 gegründete GDV – damals als Gesamtverband der Versicherungswirtschaft e.V., erst 1976 kam der Zusatz ‚Deutsch‘ hinzu – hat scheinbar seinen Namen geändert. Das sorgt einerseits hinsichtlich der Lobby-Zielgruppe für Klarheit und andererseits für Verwirrung. Da bringen wir mit unserer Recherche Licht ins Dunkel:

Ein Blick auf die Homepage des GDV zeigt, dass der Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft e.V. neben seinem Logo offenbar einen neuen Namen hat: Gesamtverband der Versicherer! Auf den ersten Blick könnte das reines Marketing sein. Quasi so, wie andere Unternehmen einen Claim verwenden, der meist eine Botschaft oder ein Versprechen transportiert. Doch bei genauerer Durchsicht fällt auf: Der geänderte Name ist nicht nur Marketing. Ausweislich weiterer Angaben auf der Homepage heißt der GDV nun Gesamtverband der Versicherer e.V.!

Eine Rechtsform ist aber kein Slogan, sondern bedarf üblicherweise einer satzungskonformen Mitgliederabstimmung zu einer Namensänderung. Um das Durcheinander zu vervollständigen, verwendet der GDV aber nicht nur seinen offensichtlich neuen Namen ‚Gesamtverband der Versicherer e.V.‘, sondern zugleich auch den bisherigen Namen ‚Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft e.V.‘ Unterschiedliche Firmierungen sind allerdings intransparent und unzulässig.

Da der GDV mit Präsident Dr. Norbert Rollinger und GDV- Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen ja wissen sollte, wie man nun satzungsgemäß heißt, haben wir die Berliner um Aufklärung zum Namen und den Hintergründen des neuen Namens mit folgenden Fragen gebeten:

++ Welcher Name ist zutreffend? 

++ Wann und von wem wurde diese Namensänderung beschlossen? 

++ Warum wurde der Namensbestandteil ‚deutschen Versicherungswirtschaft‘ zu ‚Versicherer‘ geändert? „Der GDV hat seinen Namen nicht geändert. Für unterschiedliche Kommunikationsformate nutzen wir allerdings auch Kurzversionen und/oder Synonyme. Es gilt der im Vereinsregister eingetragene Name“, teilt der Versichererverband mit und verweist auf den Registereintrag: „Der Name des Vereins lautet: ‚Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V.‘“

Damit ist zwar klar, dass es keine Namensänderung gab. Doch die Angelegenheit wird damit juristisch umso heikler: Nahmen wir bisher eine noch nicht vollständige Überarbeitung der Homepage zu einer kürzlich vorgenommen Namensänderung an, konstatiert der GDV nun, dass der Versichererverband auf seiner Homepage eine falsche Firmierung hinzugefügt hat. Auf dieses rechtliche Problem geht der GDV aber überhaupt nicht ein, obwohl wir in der Anfrage genau dies angesprochen hatten: Nämlich, dass der GDV „auf der Homepage mit zwei Namen“ auftritt: „Wie bisher ‚Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft e.V.‘ und neu ‚Gesamtverband der Versicherer e.V.‘“

Mit ‚e.V.‘ aber ist der Versichererverband bei der Firmierung angelangt und nicht mehr bei einem marketingbe­dingten Synonym als Kommunikationsformat. Und anders als bei einer Homepage-Überarbeitung zum Austausch eines alten gegen einen neuen Namen, bei der aufgrund der Vielzahl an Nennungen mal was übersehen werden könnte, muss aktiv die wahrheitswidrige Firmierung eingepflegt worden sein.

Einen Claim zu verwenden, der auf den Vereinsnamen schließen lässt, halten wir der Transparenz nicht dienlich, dürfte aber zulässig sein. „Aber wenn man sogar den Rechtsformzusatz angibt, gibt es nur eine Firmierung, die dazu passt, nämlich die, die eingetragen ist. Alles andere ist eine falsche Firmierung. Was daraus juristisch folgt, hängt von den Umständen ab. Da ist alles drin von folgenlos bis haftungsträchtig“, erläutert ‚markt-intern‘-Justiziar Dr. Gregor Kuntze-Kaufhold und weist auf möglich Folgen hin.

„Der GDV soll in allen Facetten sichtbarer werden. Wir wollen gemeinsam mit unseren 460 Mitgliedsunternehmen unterstreichen, welche enorme Transformationskraft in unserer Branche steckt“, sagte Asmussen bei der Vorstellung des neuen Logos (vgl. ‚vt‘ 28/22). Beginnen könnte der Hauptgeschäftsführer damit, dass der öffentliche Auftritt rechtskonform erfolgt. Kommen wir damit zu einem anderen Punkt und einer weiteren Frage an den GDV. Wer extra einen Markennamen kreiert und sich damit schmückt, der verbindet damit üblicherweise eine wichtige Botschaft.

Während ‚Versicherungswirtschaft‘ eine Vertretung der gesamten Branche inklusive Vermittler signalisiert, ist ‚Versicherer‘ enger und eindeutig zugeschnitten. Hat dies Folgen für die lobbyistische Vertretung von Versicherungsvermittlern? Im Detail wollten wir wissen, ob der GDV zukünftig die Interessen von  ++ Gebundenen Versicherungsvertretern  ++ Versicherungsvertretern mit Erlaubnis  ++ Versicherungsmaklern vertritt.

Dazu der Versichererverband: „Versicherungsunternehmen arbeiten eng mit ihren Vertriebspartnerinnen und Vertriebspartnern zusammen. Dabei ist immer zu beachten, dass Versicherungsvermittler selbständige Unternehmer sind, die ihre eigene Interessenvertretung haben. In deren Händen liegt auch die Öffentlichkeitsarbeit für Vermittler. Der GDV ist bezüglich der Vertriebsthemen natürlich im Austausch mit den Vermittlerverbänden. Dabei stimmen wir uns dazu ab, wo wir gemeinsame Interessen vertreten und auch, wo die Verbände unterschiedliche Interessen haben.“

Dass der GDV auf der politischen Bühne nicht für die Interessen der Versicherungsmakler eintritt, ist keine Überraschung. Wer bisher glaubte, der GDV habe die Vertriebskraft der gebundenen Vertreter im Auge, sollte die Antwort zur Kenntnis nehmen.

‚vt‘-Fazit: ++ Wer zwei Firmierungen für das gleiche Unternehmen oder den gleichen Verein verwendet, agiert intransparent. Hier können wir dem GDV mit Präsident Dr. Norbert Rollinger und Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen nur den Tipp geben, weniger auf flottes Marketing, sondern auf rechtskonformes Auftreten Wert zu legen und zumindest nach diesem Bericht, da man es leider nicht schon nach unserer Anfrage gemacht hat, die Homepage von der rechtlich unzulässigen Firmierungsangabe zu bereinigen. 

++ Wenn GDV-Verantwortungsträger der Auffassung sind, dass ‚Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft‘ zu altbacken oder zu sperrig ist und ‚Gesamtverband der Versicherer‘ im Zuge des neuen Marketing-Auftretens ein schmissiger Claim ist, dann kann man auch Nägel mit Köpfen machen und bei der nächsten Mitgliederversammlung satzungskonform den neuen Namen beschließen. Den Anspruch, die gesamte ‚Deutsche Versicherungswirtschaft‘ zu vertreten, hat der GDV, wie sich der Antwort auf unsere Frage entnehmen lässt, ja ohnehin nicht (mehr), das passt ja auch zum marketingfokussierten Auftreten.

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