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HanseMerkur torpediert Versicherungsmaklertätigkeit und Kundenwillen (Teil 2)

Das haben wir bisher berichtet: Versicherungsmakler Steffen Henke, Geschäftsführer VIBEA Makler GmbH/Leipzig, bat die HanseMerkur Allgemeine Versicherung AG unter Vorlage der Vollmacht um die Leistungsabrechnungen des Unfall-Krankenhaustagegeldes (UKHT) eines Mandanten. Das lehnte HanseMerkur – nach über einem Monat Bearbeitungszeit – ab. Obwohl der Versicherungsmakler die HM über den Schadenfall informierte, also seit Beginn eingebunden war, obwohl die Vollmacht auch eine Schweigepflichtentbindungserklärung des Mandanten enthält, sei eine schadenfallbezogene Vollmacht notwendig.

Diese Vollmacht müsse u. a. enthalten, für welchen Schadenfall konkret er bevollmächtigt werde und welche konkreten Befugnisse mit dieser Vollmacht verbunden seien. Im Rahmen der privaten Unfallversicherung befasse man sich „mit hochsensiblen Gesundheitsdaten“, daher dürfe man „nur in Ausnahmefällen schadenfallbezogene Auskünfte an den Außendienst erteilen“. Auf die ‚vt‘-Fragen an Eric Bussert, Vorstand Vertrieb und Marketing der HanseMerkur, zur schleppenden Bearbeitung, den zusätzlichen Aufwand des Versicherungsmaklers und der Einstufung von Versicherungsmaklern als „Außendienst“ beziehen die Hamburger keine Stellung.

Zur Auskunftsverweigerung führt die HM an, dass „die Weitergabe von Gesundheitsdaten an Dritte den Regelungen des § 203 StGB, des Datenschutzgesetzes und der Artikel der DSGVO unterliegt und man sich dem Code of Conduct (CoC) des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) verpflichtet hat (vgl. ‚vt‘ 12/24). Ja, es gibt eine Fülle an Vorgaben, die auch Versicherer zu beachten haben. Aber es gibt auch eine Vollmacht mit Regelungen zu Gesundheitsdaten und einer Schweigepflichtentbindung, die die HanseMerkur zu respektieren hat. Doch die HanseMerkur hat weitere Auskunfts-Hinderungsgründe parat:

„Abrechnungen über das Unfall-Krankentagegeld beinhalten Gesundheitsdaten“, behauptet die HanseMerkur, führt aber nicht an, welche Angaben dies sein sollen. „In einer solchen Abrechnung stehen erfahrungsgemäß keine Gesundheitsangaben des Kunden, außer der Betrag, für wie viele Tage eben das KHTG gezahlt wurde“, hält Versicherungsmakler Steffen Henke dagegen und bekommt Unterstützung vom Kollegen Wilfried E. Simon/Nistertal, der Dozent für Versicherungsrecht ist:

„Die HanseMerkur sieht sich zu Unrecht gegenüber dem Versicherungsmakler zur Verschwiegenheit verpflichtet. Zumal bei KHT-Abrechnungen grundsätzlich auch keine Gesundheitsdaten genannt werden.“ Doch die HM hat sich am CoC festgebissen, „für die Weitergabe dieser Daten sind u. a. die Art. 5, 6 und 20 Abs. 5 des Code of Conduct zu berücksichtigen (…) Im Leistungsfall gehört es daher u. a. dazu, dass sich die Einwilligung ausdrücklich auf den konkreten Schadenfall und die dazu erhobenen Gesundheitsdaten bezieht und wir als Versicherer eindeutig von dem Kunden von der Schweigepflicht entbunden und ermächtigt werden, diese Daten an den betreffenden Dritten weiterzugeben.“

Eine Selbstverpflichtung sollte durchaus über die gesetzlichen Vorgaben hinausgehen, wenn diese etwas Besonderes darstellen soll. Diese höheren Anforderungen beziehen sich dann aber auf den sich Verpflichtenden und nicht auf Dritte. Insbesondere werden andere Rechtsvorgaben und rechtliche Regelungen nicht ausgehebelt, wie es die HanseMerkur aber hier in den CoC hineininterpretiert: „Pauschale Bevollmächtigungen können diese Anforderungen nicht erfüllen. Eine Bevollmächtigung, die den Makler dazu berechtigt, Leistungen aus den Verträgen des Kunden mit Produktgebern geltend zu machen und bei der Erfüllung mitzuwirken, berechtigt uns nicht, Gesundheitsdaten weiterzugeben“, scheint bei der HM kein Rechtsexperte am Werk zu sein.

Oder sie ignoriert schlichtweg Ziffer 2 der Vollmacht, mit der der Vollmachtgeber den Versicherungsmakler bevollmächtigt, „die für die Beratung und Vermittlung notwendigen Informationen, insbesondere – unter Entbindung von der Schweigepflicht – auch Gesundheitsdaten, bei Produktgebern und Sozialversicherungsträgern einzuholen oder diesen zu erteilen“. Ohnehin sollte ein Versicherungsmakler den Kunden im Schadenfall unterstützen, Ziffer 4 bevollmächtigt zudem den Makler „Leistungen aus den Verträgen des Kunden mit Produktgebern geltend zu machen und bei der Erfüllung mitzuwirken“.

Die HanseMerkur legt das zur Begründung der Auskunftsverweigerung so aus: „Auch eine Vollmacht dahingehend, dass der Makler ‚die für die Beratung und Vermittlung notwendigen Informationen‘, auch Gesundheitsdaten bei Produktgebern und Sozialversicherungsträgern einholen darf, bezieht sich ersichtlich auf die Situation der Vertragsanbahnung und nicht auf die Regulierung eines konkreten Schadenfalles.“ Doch die Tätigkeit des Versicherungsmaklers endet, soweit nicht extra vertraglich so geregelt, nicht mit dem Abschluss eines Vertrages.

Ebenso ist die Beratung über die reine Vermittlungstätigkeit hinausgehend. Wenn die HanseMerkur ein anderes Bild von der Tätigkeit qualifizierter Versicherungsmakler hat, lässt dies tief blicken. Versicherungsmakler Simon, der Mitglied im Rechtsausschuss des Versicherungsmakler-Berufsverbandes Interessengemeinschaft Deutscher Versicherungsmakler e.V. (IGVM) ist, widerspricht der HanseMerkur unmissverständlich: „Der Versicherungsmakler ist nach Ziffer 2 in seiner Vollmacht berechtigt, vom Versicherer Gesundheitsdaten anzufordern und auch zu empfangen.“

Aber welche unglaublichen Erwartungen die HanseMerkur an eine „schadenfallbezogene Vollmacht“ hat, wurde dem Versicherungsmakler auch mitgeteilt: „Diese Vollmacht muss u. a. enthalten, für welchen Schadenfall konkret Sie bevollmächtigt werden und welche konkreten Befugnisse mit dieser Vollmacht verbunden sind (z. B. diagnosebezogene Korrespondenzführung etc.).“

‚vt‘-Fazit: Wenn die HanseMerkur „eine schadenfallbezogene Vollmacht“ erwartet, dann sollte sie dem Versicherungsmakler den Zeitaufwand angemessen vergüten und das Geld vom Gehalt der dies fordernden Sachbearbeiter, Juristen und Vorstände der HanseMerkur abziehen. Besser wäre es aber, wenn die HanseMerkur, so sie denn mit qualifizierten Versicherungsmaklern zusammenarbeiten möchte, sich mit dem Tätigkeitsbild des Versicherungsmaklers vertraut macht und entsprechend handelt. Anzuraten ist auch die Beschäftigung von Juristen, die das Mögliche aufzeigen und nicht die Arbeit des Versicherungsmaklers behindern.

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