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Harry Potter? Bei Proxalto verschwinden plötzlich Fondsanteile der Kunden

Aus dem Blickfeld der betroffenen Kunden der Proxalto Lebensversicherung AG müsste man allerdings statt von Harry Potter eher vom bösen Lord Voldemort sprechen. Denn die ‚Zauberkünste‘ des externen Run-Off-Versicherers sind alles andere als erfreulich für die Versicherungsnehmer. So mir nichts dir nichts verschwinden Fondsanteile aus dem Anlagebestand der besparten Fondsgebundenen Rentenversicherung! Und das ist kein Einzelfall.

Die Hintergründe und was Versicherungsmakler und VN jetzt tun sollten, beleuchtet ‚vt‘ für Sie: Versicherungsmakler Steffen Henke/Leipzig traut seinen Augen nicht. Bei der Kontrolle des Vertragsstandes der Fondsgebundenen Rentenversicherung eines Mandanten stellt er fest, dass die Anzahl der ausgewiesenen Fondsanteile rückläufig ist. Das kann aber gar nicht sein. Die Beiträge wurden laufend bezahlt, es waren keine Kosten angefallen, die das Vertragsguthaben bzw. die Anteilsstückzahl hätten schmälern können, und Entnahmen wurden auch nicht getätigt.

Dennoch hat sich die Anzahl der Fondsanteile wie von Zauberhand reduziert: Wurden zum Stichtag 2021 noch 336,47418 Fondsanteile inklusive der Überschüsse mitgeteilt, waren nun in 2022 nur noch 327,9498 ausgewiesen. Versicherungsmakler Henke bittet am 17.10.2022 Proxalto um Prüfung und Fehlerkorrektur. Doch bei dem externen Run-Off-Versicherer mahlen die Mühlen langsam – dass in der Mailadresse das Wort ‚Service‘ auftaucht spottet da jeder Beschreibung. Am 02.11. erinnert Henke an den unbearbeiteten Vorgang und setzt eine Frist.

Doch das ändert am ‚Service‘ bei Proxalto, eine Gesellschaft der Viridium Versicherungsgruppe, nichts. Eine Reaktion erfolgt nicht, schließlich landet der Vorgang auf dem ‚vt‘-Redaktionstisch. Am 23.11. haken wir bei Proxalto-Boss Dr. Tilo Dresig nach und wollen wissen: ++ Warum sind die Fondanteile um rund 8,5 und damit gut 2,5 % gesunken?  ++ Warum sind die Fondsanteile nicht gestiegen, obwohl bei monatlich 100 € Beitrag binnen 16 Monaten dem Vertrag insgesamt weitere 1.600 € zugeführt wurden?

++ Handelt es sich um einen systematischen Fehler, so dass weitere Verträge betroffen sind?  ++ Um wie viele Verträge handelt es sich? ++ Was raten Sie den Kunden bzw. deren mandatierten Versicherungsmaklern?

Jetzt nimmt man bei der Run-Off-Plattform das Problem ernst. „Wir bedauern, dass die Anzahl der Fondsanteile im geschilderten Fall nicht korrekt ausgewiesen wurde. Wir haben die Korrektur sofort veranlasst und dem Kunden den Vertragsstand bereits in aktualisierter Form neu dokumentiert“, erfahren wir am 02.12. von Viridium.

Wie uns Versicherungsmakler Henke bestätigt und informiert, hat Proxalto sich entschuldigt und einen Fehler eingeräumt. Statt der ausgewiesenen 327,9498 Anteile hätten es 351,1394 sein müssen. Der Fehlbetrag von über 23 Anteilen entsprechen zum Stichtag schlappe 2.026 €, die dem VN ‚weggezaubert‘ wurden – von einem Jahr auf das andere.

Bereits das lässt die Dimension erahnen, um die es hier geht. Dass der Vertragsbestand bei Proxalto kein kleiner ist, rufen wir mit einem kurzen Blick in die Historie zurück. 2019 wurde der Bestand der Generali Lebensversicherung AG an die Viridium Gruppe veräußert und später in Proxalto Lebensversicherung AG umbenannt.

Mit dem Erwerb der Generali Leben wuchs der Bestand der Viridium Gruppe „um rund 3,8 Mio. Verträge“, auf „knapp 4,8 Millionen Versicherungsverträge“, so damals die offizielle Verlautbarung. Während die weiteren Viridium-Portfoliogesellschaften Heidelberger Leben, Skandia Leben und Entis Leben nur rund 1 Mio. Verträge auf die Waage brachten, waren es durch Generali allein 3,8 Mio. Auch wenn der Bestand bei fehlendem Neugeschäft zwangsläufig kleiner wird, weist die große Vertragszahl auf die riesige Dimension hin, wenn ein systematischer Fehler zu Kundennachteilen führt.

Umso berechtigter waren und sind unsere Fragen, ob es sich um einen System-Fehler handelt, mit der Folge, dass weitere Verträge betroffen sind, um wie viele Verträge es sich handelt und was Kunden bzw. Versicherungsmakler nun tun sollten. Wenn wir bisher zwar über die Proxalto-Antwort berichteten, aber Sie nicht über das Ergebnis dieser zentralen Fragen aufklärten, dann hat das einen einfachen Grund: Proxalto schweigt sich dazu aus.

Doch weil Versicherungsmakler für ihre Mandanten sowie betroffene Kunden, die womöglich die Jahresmeldung ohne weitere Kontrolle abgeheftet und den Anteilsverlust nicht bemerkt haben, wissen müssen, was Sache ist, haken wir erneut bei Viridium nach und ergänzen unsere Fragen: ++ Wie ist der Fehler entstanden?  ++ Auf welche Jahre/Monate lässt sich dieser Fehler eingrenzen?  ++ Prüft Proxalto unaufgefordert alle Verträge und korrigiert Fehler?

Doch nun stellt Viridium sich ‚dumm‘ und will unsere auf das Proxalto-Gesamtportfolio sowie Hilfestellung für Kunden und Vermittler bezogenen Fragen nicht verstehen: „Haben Sie vielen Dank für Ihre Nachfrage. Aber mehr gibt es zu dem geschilderten Fall nicht zu berichten.“ Während Viridium einerseits zu dem von uns genannten Fall nicht anders konnte, als den entlarvten gravierenden Fehler einzuräumen und sich zu entschuldigen, würde die externe Run-Off-Plattform andererseits das Problem wohl gerne als Einzelfall dargestellt sehen.

Ist Viridium und Proxalto eine ganz andere verbraucherschädigende Dimension bekannt, die vertuscht werden soll? Wenn dem so ist, müssen wir diesen Ambitionen einen gewaltigen Dämpfer verpassen. Denn auch wenn wir Proxalto nur einen konkreten Fall u. a. mit der konkreten Versicherungsschein-Nummer nannten, liegt hier kein Einzelfall-Problem vor.

Wir entlarven das Viridium-Proxalto-Schweigen am Beispiel eines Falles, der weit über die bisher geschilderte Tragweite hinausgeht und einen systemischen Verbraucherskandal nahelegt. Bei dem Fall, den wir Proxalto vorlegten, war nur ein Fonds (Generali Komfort Dynamik Global) hinterlegt, dem plötzlich Anteile fehlten. In einem anderen Fall waren bei gleich vier hinterlegten Fonds die Anteile plötzlich geschrumpft!

‚vt‘-Fazit: ++ Ob Lord Voldemort bei Viridium-Proxalto als menschliches oder technisches Versagen aufgetreten ist, sollte schleunigst von der externen Run-Off-Plattform ermittelt und bekannt gegeben werden. Da das bisherige Verhalten keine transparente Aufklärung signalisiert, sondern Vertuschung befürchten lässt, halten wir ein Einschreiten der BaFin für dringend geboten. Wenn Proxalto jetzt nicht jeden Vertrag unaufgefordert einer Prüfung und Korrektur unterzieht, ist das u. E. ein Verstoß gegen § 1a VVG.

++ Dass Fondsanteile weggezaubert werden, hat u. E. Seltenheitscharakter und ist insofern unerwartet. Da schaut womöglich nicht jeder genau hin. Versicherungsmakler mit Proxalto-Verträgen im Bestand sollten daher im Interesse Ihrer Mandanten die diesjährigen und auch im kommenden Jahr die Standmitteilungen genau prüfen und ggf. bei Proxalto fehlende Fondsanteile reklamieren.

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