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Mecklenburgische: Missachtet Maklervollmachten früherer Vertreter (Teil 2)

Die Mecklenburgische Versicherungsgruppe weigert sich, Handlungen auf Basis von Maklervollmachten durchzuführen, wenn der die Vollmacht einreichende Versicherungsmakler früher deren Ausschließlichkeitsvertreter war. Das bedenkliche Verhalten des VR, eine mit Vollmacht ausgesprochene Kündigung eines Versicherungsvertrages zu ignorieren, beleuchten wir am Fall des Versicherungsmaklers Thomas Lütkenhues/Osnabrück (vgl. ‚vt‘ 25/19). Die Vorgehensweise sieht der VR „im Einklang mit dem Urteil des OLG Bamberg vom 04.11.1992 und dem BGH-Urteil vom 29.05.2013“. Denn diese Urteile würden besagen, dass ein Versicherer „nicht verpflichtet“ ist, „Bevollmächtigungen zu akzeptieren, wenn damit“ dessen „Vertriebsstruktur umgangen wird“.

Wie VM Lütkenhues mittels Vollmacht die Vertriebsstruktur der Mecklenburgischen umgeht, wurde auf ‚vt‘-Anfrage beim Vorstandsvorsitzenden Thomas Flemming nicht erläutert. Ebenso nicht, auf Basis welcher Ausführungen in den o. g. Urteilen es die Mecklenburgische für zulässig hält, die Lütkenhues erteilten Maklervollmachten grundsätzlich nicht zu akzeptieren und als gegenstandslos zu bezeichnen.

Der VR unterstreicht lediglich seine Rechtsauffassung, ohne sie mit konkreten Urteilsbegründungen zu untermauern: „Unser Vorgehen ist rechtlich nicht zu beanstanden und bedarf aufgrund der aus unserer Sicht klaren Rechtslage keiner weiteren Ausführung.“ Da haben wir eine ganz andere Auffassung und können diese auch anhand der Urteile begründen.

Zunächst zum OLG Bamberg, hier zitieren wir aus den Entscheidungsgründen des Urteils aus dem Jahre 1992 folgende Sätze (Fettungen durch die Redaktion): ++ Die Versicherer „lehnen es in Anbetracht solcher Kunden ab, mit ihm zu korrespondieren  ++ Die Versicherer „sollen es unterlassen, die Korrespondenz auch dann nur unmittelbar mit den Kunden zu führen, wenn er eine schriftliche Maklervollmacht vorlegt“  ++ Selbst wenn der Versicherungsmakler „von den Kunden entsprechend bevollmächtigt ist“, sind die Versicherer „ihm gegenüber nicht verpflichtet, den Schriftverkehr mit ihm zu führen“  

++ „Dies folgt schon daraus, dass sie die Korrespondenz mit ihm aus triftigen Gründen ablehnt“  ++ Denn den Versicherern „ist nicht zuzumuten, durch Zusammenarbeit mit ehemals beschäftigten Ausschließlichkeitsvertretern deren Geschäftstätigkeit zu ihrem Nachteil zu fördern (…) Wenn sich die Beklagten unter diesen Umständen weigern, mit dem Kläger im Kundenauftrag zu korrespondieren, ist dies nicht zu beanstanden.“

++ „Weshalb sie hingegen verpflichtet sein könnten, mit ihm die strittige Korrespondenz zu führen, ist nicht ersichtlich (…) Die diesbezügliche Weigerung der Beklagten war und ist dem Kläger gegenüber also nicht rechtswidrig“ 

++ „Die Verweigerung der Zusammenarbeit (Korrespondenz) selbst war ebenfalls berechtigt.“ Der Versicherungsmakler hatte die Versicherungsgruppe, für die er zuvor als Vertreter tätig war, auf Unterlassung nach UWG verklagt und verloren. Das OLG urteilte aber nicht über die Zulässigkeit einer Missachtung einer mit Vollmacht ausgesprochenen Willenserklärung, sondern über die Zusammenarbeit mit dem Versicherungsmakler im Zusammenhang mit der Korrespondenz.

Zudem darf bezweifelt werden, dass 27 Jahre nach dem Urteil unter dem Gesichtspunkt des Verbraucherschutzes ein Gericht die Tätigkeit eines vom Kunden bevollmächtigten Versicherungsmaklers als „Tätigkeit zum Nachteil“ des VR beurteilen und sich schützend vor den VR und dessen Vertrieb stellen würde. Kommen wir damit zu der als ‚Korrespondenzpflicht‘-Urteil bekannten Entscheidung des BGH:

„Den Versicherer trifft eine vertragliche Nebenpflicht, auf Verlangen seines Versicherungsnehmers mit einem von diesem umfassend bevollmächtigten Vertreter Schriftwechsel im Rahmen eines Versicherungsverhältnisses zu führen, es sei denn, dass dies dem Versicherer aus besonderen Umständen im Einzelfall unzumutbar ist“, so der amtliche Leitsatz des BGH.

Wenden wir uns gleich den ‚besonderen Umständen‘ zu. „Ein Anspruch des Versicherungsnehmers auf Korrespondenz mit und Auskunftserteilung gegenüber einem von ihm eingeschalteten Vertreter besteht lediglich dann nicht, wenn sich dies für den Versicherer im Einzelfall als unzumutbar darstellt“, argumentiert der BGH in den Entscheidungsgründen. Denn es könnten „wichtige Gründe in der Person des konkreten Maklers die Korrespondenz mit ihm für den Versicherer unzumutbar machen.

Das kann etwa in Betracht kommen, wenn es sich bei dem eingeschalteten Makler um einen ehemals bei diesem Versicherer beschäftigten Ausschließlichkeitsvertreter handelt (so der Fall OLG Bamberg VersR 1993, 1146, 1147). Dem Versicherer ist es nicht zuzumuten, durch Zusammenarbeit mit ehemals eigenen Vertretern deren Geschäftstätigkeit zu seinem Nachteil zu fördern.“ Auch hier steht die ‚Zusammenarbeit‘ in einem direkten Zusammenhang mit der ‚Korrespondenz‘.

Die Fragestellung, ob alle mit Vollmacht ausgesprochenen Willenserklärungen als „gegenstandslos“ betrachtet werden dürfen, lag auch hier nicht vor! Wir sehen daher keinerlei Interpretationsspielraum, auf jegliche Zusammenarbeit abzustellen, insbesondere Kündigungen zu ignorieren. Denn eine Kündigungsbestätigung kann der Versicherer dem VN zustellen, auch wenn ihm die Korrespondenz mit dem Makler analog BGH unzumutbar ist.

‚vt‘-Zwischenfazit: Aus welchen konkreten Passagen der Urteilsbegründungen die Mecklenburgische ihre Rechtsauffassung ableitet oder warum Ausführungen zur Postempfangsvollmacht auf alle Willensäußerungen erweiterbar sein sollen, liefert sie nicht. In der weiteren Korrespondenz mit VV Flemming führt der Versicherer aber Details aus einem Urteil des OLG Koblenz aus dem Jahre 2018 auf. Das Urteil haben wir uns besorgt und geprüft, ob es tatsächlich die Auffassung der Mecklenburgischen bestätigt. Dazu mehr in der ‚vt‘-Ausgabe der kommenden Woche.

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