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Nach ‚vt’-Kritik: Helvetia weicht von BSV-Totalverweigerung ab

Die Helvetia Versicherungen Deutschland sehen bei ihren MultiRisk-Produkten das Coronavirus nicht als Leistungsauslöser an und wollten noch nicht einmal auf Basis der ‚bayerischen Empfehlung‘ ein Entgegenkommen zeigen. „BSV-Totalverweigerung: So kann sich Helvetia aus dem deutschen Markt schießen“, lautete folgerichtig die Überschrift unseres Berichtes zu diesem Verhalten (vgl. ‚vt‘ 16/20).

„Noch nicht einmal der 15-%-Regelung beizutreten, ist für viele Versicherungsmakler und deren Mandanten eine Hiobsbotschaft, die Folgen für die zukünftige Zusammenarbeit haben könnte. Unser Appell geht daher an die Helvetia, sich zumindest der ‚bayerischen Empfehlung‘ anzuschließen“, forderten wir im Fazit.

Es hat einige Wochen gedauert, aber nun lenkt Helvetia zumindest etwas ein und verbreitet an die Vertriebspartner aktuell eine Information zu einem „Vergleichsangebot für Hotels und Gaststätten mit Betriebsschließungsversicherung“. Darin heißt es, Helvetia unterbreite versicherten und von Schließungsverfügungen betroffenen „Hotels und Gaststätten ein Vergleichs- und Vertragsänderungsangebot“. Denen werde „eine Zahlung angeboten, die sich am entgangenen monatlichen Rohertrag orientiert“.

Wir haben umgehend den Helvetia-Hauptbevollmächtigten Volker Steck um Stellungnahme gebeten und wollten u. a. wissen: ++ Auf welcher Basis berechnet Helvetia den Rohertrag? ++ Wie viel Prozent von diesem Rohertrag werden als Zahlung angeboten?  ++ Welche prozentuale Höhe der vereinbarten Versicherungsleistung stellt die angebotene Zahlung dar? 

++ Welche Maßnahmen ergreift Helvetia, wenn der VN das Vergleichs- und Vertragsänderungsangebot nicht (fristgerecht) annimmt?  ++ Was folgt bei Nichtannahme oder Ablehnung des Angebotes hinsichtlich der Vertragsfortführung? 

++ Welche geänderten oder neuen Regelungen beinhaltet das Vertragsänderungsangebot?  ++ Kann das Vergleichsangebot angenommen und das Vertragsänderungsangebot abgelehnt werden? Wenn nein, warum nicht?

Eine Antwort lag uns bis Redaktionsschluss nicht vor. Allerdings landete zwischenzeitlich ein Vergleichs- und Vertragsänderungsangebot auf dem ‚vt‘-Redaktionstisch. Dort beschreibt die Helvetia die Rechtssituation immerhin nicht einseitig, sondern spricht u. a. davon, die Anerkennung bzw. Ablehnung auf Basis Allgemeinverfügung sei „juristisch umstritten“.

Eine Klärung werde „letztlich nur in einigen Jahren durch eine höchstrichterliche Entscheidung des Bundesgerichtshofs herbeigeführt werden können“. Doch man wolle ein „Vergleichs- und Vertragsänderungsangebot“ unterbreiten und man hoffe, damit „einen Beitrag zur Bewältigung dieser Krise und einer erfolgreichen Wiederaufnahme Ihrer Betriebstätigkeit leisten zu können“. Zur Annahme, respektive zur Prüfung des Angebots, verbleibt eine Frist von rund drei Wochen.

Das auf Seite zwei folgende Angebot zur ‚Betriebsrettung‘ verschlägt uns aber die Sprache: Noch nicht einmal 2.000 € werden als Gesamtleistung geboten. Basis sei „der, vom uns zuletzt gemeldeten Umsatz Ihres Unternehmens abgeleitete, entgangene durchschnittliche Rohertrag für 30 Tage“. Was mit dem Vertrag abgesichert wurde, können wir nicht erkennen. Das Angebot, mit dem „alle Ihre Ansprüche in Zusammenhang mit dem ‚Corona-Virus‘ SARS-CoV-2 / Covid-19 abschließend abgegolten“ sind, erscheint uns aber mickrig.

Denn aus Umsatz abzüglich Wareneinsatz würden kaum mehr als 60 € täglich resultieren. Wer soll da Pacht, Heizung, Strom etc. zahlen können und am Ende noch einen kleinen Stundenlohn übrig haben?

Wir haben auch einmal die sogenannte ‚bayerische Empfehlung‘ für eine Berechnung herangezogen. Unter Annahme der 15-%-Regelung wären für den Gesamtbetrieb über die BSV rund 12.000 € abgesichert – aber nicht täglich oder wöchentlich, sondern für 30 Tage!

Es mag Einzelfälle geben, die tatsächlich eine Mini-Versicherungssumme abgeschlossen haben, aber es wäre ein großer Zufall, dass just ein solcher ,Kleinvertrag‘ bei uns auf dem Tisch gelandet ist. Bisher haben Versicherungsmakler zumeist über Policen berichtet, die bei 30 Tagen eher eine sechsstellige Summe absichern.

Mit unseren Fragen an Helvetia-Chef Steck wollten wir ergründen, ob das sich „am entgangenen monatlichen Rohertrag“ orientierende Helvetia-Angebot im Vergleich zur ‚bayerischen Empfehlung‘ großzügig oder unverschämt niedrig einzustufen ist. Helvetia hat noch nicht einmal aufgeklärt, wie viel Prozent vom Rohertrag als Zahlung angeboten werden.

Mit Blick auf die im konkreten Fall errechneten rund 60 € Rohertrag täglich schließen wir, dass Helvetia sich mit Schmalspurangeboten drohende Klagen vom Hals schaffen will.

‚vt‘-Fazit: ++ Die Helvetia nutzt die Gelegenheit zur Aufklärung nicht. Auf Basis der uns verfügbaren Informationen ist das Vergleichsangebot nicht als großzügig, sondern als sehr mickrig zu bewerten  ++ Zwingende Gründe für eine Frist von rund drei Wochen sehen wir nicht.

Wir halten diese aufgrund der brisanten Situation für nicht angemessen und daher für kundenunfreundlich  ++ Wie bei den Angeboten auf Basis der ‚bayerischen Empfehlung‘ gilt, dass individuell zu prüfen und vom VN zu entscheiden ist, ob die Annahme des Angebots sinnvoll ist, ggf. ein versierter Rechtsanwalt eingeschaltet und die Erfolgsaussicht eines Gerichtsverfahrens geprüft werden sollte.

 

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